© Peter Korrak
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Bundesrat betont regionale Lösungsansätze für erfolgreichen Klimaschutz

Aktuelle Stunde in der Länderkammer mit Umweltminister Andrä Rupprechter

Wien - Dass die Energiewende notwendig ist und so rasch wie möglich realisiert werden muss, darüber herrschte gestern in der Aktuellen Stunde des Bundesrats vollkommene Eintracht. Die Schwerpunkte erneuerbare Energien, E-Mobilität und Wohnbau waren dabei ebenfalls unumstritten. Die Bundesrätinnen und Bundesräte betonten in der Diskussion aber auch die Notwendigkeit, auf Regionalität zu setzen, da dies wesentlich zu Verkehrsreduktion und Abbau der Emissionen beitrage. Unterschiedliche Einschätzungen gab es jedoch hinsichtlich der Ambitionen der Bundesregierung, wobei vor allem die Grünen Kritik an der heimischen Umweltpolitik übten, sowie in Bezug auf die Erwartungen, indem die FPÖ Maß und Ziel einforderte.

Rupprechter setzt auf Zusammenarbeit mit dem Bundesrat bei "Masterplan für den ländlichen Raum"

Die Aktuelle Stunde stand unter dem Titel "Umsetzung Klimavertrag: auf dem Weg in eine fossilfreie Zukunft". Umweltminister Andrä Rupprechter betonte, Österreich sei eines der drei ersten Mitgliedsländer der EU gewesen, das ratifiziert habe, und durch die rasche Ratifizierung durch die EU sei es auch möglich gewesen, dass der Vertrag mit 4. November dieses Jahres in Kraft treten konnte. Mittlerweile hätten schon 115 Staaten ratifiziert, berichtete der Minister, und damit seien rund 80% aller Treibhausgasemissionen erfasst. Dies sei deshalb wichtig, weil man damit dem Argument, Klimaschutz forciere Produktionsverlagerungen, mit Fakten entgegentreten könne.

Bei der Konferenz in Marrakesch haben laut Rupprechter die Staaten einen Plan für die nächsten Schritte bis 2018 beschlossen, um die Ziele 2030 und 2050 auch erreichen zu können. In erster Linie gehe es dabei um die Energiewende mit Schwerpunkt erneuerbare Energieträger. Österreich sei in dieser Hinsicht gut aufgestellt, denn der Anteil an erneuerbaren Energieträgern betrage derzeit 34%. Ziel sei es, bis zum Jahr 2030 Strom zu 100% aus erneuerbaren Energieträgern zu erzeugen.

Bei der Mobilität sei man derzeit noch zu 93% von fossilen Energieträgern abhängig, räumte der Minister ein und unterstrich aus diesem Grund besonders auch die Forcierung der E-Mobilität. Diesbezügliche Projekte würden in den kommenden zwei Jahren mit 75 Mio. € gefördert, darunter fielen auch Heimladestationen und Stationen entlang der großen Autorouten. Gemeinsam mit den Bundesländern komme man bei diesem Paket auf rund 100 Mio. €.

Der Minister stimmte auch mit vielen RednerInnen überein, die auf die positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt durch Klimaschutzmaßnahmen hinwiesen, und betonte zudem die Verantwortung jedes einzelnen.

Eine besondere Bedeutung im Klimaschutz misst Rupprechter der regionalen Zusammenarbeit bei. Der Minister setzt dabei insbesondere auch auf eine enge Kooperation mit dem Bundesrat und regte eine Enquete für einen "Masterplan für den ländlichen Raum" an.

Auch die Bundesräte Andreas Pum (V/N), Michael Lindner (S/O) und Gerhard Dörfler (F/K) setzten explizit auf die Regionalität, insbesondere bei der Lebensmittelproduktion, um Verkehrswege zu verkürzen und Emissionen dauerhaft zu senken. Lindner warb insbesondere für die Förderung lokaler und regionale Initiativen, denn diese seien für die Menschen vor Ort sichtbar.

ÖVP: Österreich verfügt für Energiewende über genügend Ressourcen

Bundesrat Andreas Pum (V/N) fasste als Erstredner in der Debatte die Schwerpunkte einer nachhaltigen Energiepolitik zusammen und unterstützte den Ausstieg aus der Energieerzeugung aus Erdöl und Erdgas im Wohnbau. Als Vorbild nannte er Niederösterreich, wo der Landtag bereits Ölheizungen verboten hat. Eine große Herausforderung stelle auch der Verkehr dar, um die notwendige Mobilitätswende umzusetzen. Hier müssten neue Technologien stärker gefördert werden, sagte er und unterstrich, dass man in Österreich über genügend Ressourcen verfüge, um eine nachhaltige Energiepolitik umzusetzen: Wind, Wasser, Sonne und Biomasse seien ausreichend vorhanden.

Dazu sei aber auch Bewusstseinsbildung erforderlich, ergänzte sein Fraktionskollege Eduard Köck (V/N), der zudem den derzeitigen Stillstand bei den Energietarifen beklagte. Köck forderte daher auch mehr Förderungen für die Speichertechnik. Beide waren sich einig, dass Emissionshandel kein Zukunftsthema ist.

SPÖ: Klimaschutz muss für die Menschen auch leistbar sein

Gefordert beim Klimaschutz ist ein Gesamtansatz statt Einzelstrategien, unterstrich Bundesrat Michael Lindner (S/O) und forderte gemeinsam mit Stefan Schennach (S/W) von der Regierung die angekündigte Roadmap ein. Es brauche klare und überprüfbare Ausstiegsszenarien, sagte Schennach und mutmaßte, dass hier der Umweltminister mit seinem zweiten Verantwortungsbereich Landwirtschaft Schwierigkeiten habe und auch die Wirtschaft einen Bremsklotz darstellen könnte. Die Roadmap sei auf gutem Weg, erwiderte daraufhin Minister Rupprechter. Die integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie werde noch vor dem Sommer 2017 vorliegen. Die Landwirtschaft sei nicht das Problem des Klimaschutzes, sondern vielmehr ein Teil der Lösung, reagierte Rupprechter weiter auf den Wiener SPÖ-Bundesrat und betonte, dass für die Energiewende vor allem viel mehr feste Biomasse notwendig sei.

Lindner zeigte sich überzeugt davon, dass erneuerbare Energien wettbewerbsfähig sind und Klimaschutz keinen Betrieb vertreibe. Produktionsverlagerungen seien vielmehr auf andere Faktoren zurückzuführen, sagte er. Auch er umriss die notwendigen klimaschutzpolitischen Schritte mit der Forderung nach Sanierung von Altbauten, einer neuen Raumordnungspolitik zur Eindämmung des Verkehrs und die Forcierung der E-Mobilität in Verbindung mit dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Er räumte aber ein, dass die Energiewende unbedingt mit sozialen Aspekten verknüpft werden müsse. Nur ein Klimaschutz, der für die Menschen auch leistbar ist, sei nachhaltig, zeigte er sich überzeugt.

Stefan Schennach und Bundesminister Andrä Rupprechter waren sich auch in ihrer Kritik an den energiepolitischen Plänen der Europäischen Union einig. Hier hätten die Kommissare zu sehr auf Lobbyisten aus dem fossilen und nuklearen Wirtschaftsbereich gehört, denn auf Atomenergie zu setzen, sei der falsche Weg.

FPÖ: Realistische Ziele setzen

Auch der ehemalige Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (F/K) setzt auf mehr Regionalität und europäische Wirtschaft, um die Verkehrswege entsprechend zu verkürzen. Besonders begrüßte er die Investitionen der ÖBB in den Tunnelbau und damit in die Südachse, weil dadurch nicht nur der Standort Österreich aufgewertet werde, sondern die Vernetzung zwischen Arbeit und Leben wesentlich attraktiver und umweltfreundlicher gestaltet werden könne. Große Chancen sieht Dörfler auch bei der E-Mobilität und regte an, vor allem die grenzüberschreitende E-Mobilität auszubauen. Er forderte in diesem Zusammenhang ein Gesamtkonzept ein, damit Elektroautos zuhause aufgeladen werden können.

Trotz aller Zustimmung zur Energiewende mahnte Bundesrat Gerd Krusche (F/St) bei der Umsetzung mehr Maß und Ziel ein. Man müsse die Abgasnorm realistisch setzen und dürfe die Wettbewerbsfähigkeit nicht ernsthaft gefährden, sagte er und plädierte dafür, vernünftig zu agieren. Die vom Klimavertrag gesetzten Grenzwerte seien eine politische und keine wissenschaftliche Marke, stellte er fest und kritisierte, dass man zwar vom CO2-Ausstoß rede, nicht aber von Methan und vor allem von Wasserdampf, der als Verstärker der globalen Erwärmung wesentlich schädlicher sei.

Grüne: Heimische Klimapolitik ist zu wenig ambitioniert

Kritische Töne zur heimischen Klimaschutzpolitik schlugen die Grünen an. In Österreich sei man derzeit nur auf die Beibehaltung des Status Quo aus, sämtliche Klimaschutzmaßnahmen müssten mit weniger Finanzmittel auskommen. Diese budgetären Kürzungen würden sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen, bemängelte Nicole Schreyer (G/T), sodass mit einem Minus von über 200 Mio. € gegenüber 2015 zu rechnen sei. Schreyer forderte auch deutlich ambitioniertere Ziele der Bundesregierung sowie die Streichung klimaschädlicher Subventionen und die Einführung einer ökologischen Steuerreform ein und drängte ebenfalls den Minister, endlich die integrierte Energie- und Klimaschutzstrategie vorzulegen.

Als sie Deutschland als Vorbild im Hinblick auf die dortigen Sektorziele bis 2050 hervorhob, stieß sie auf lautstarken Protest des Umweltministers. Deutschland sei Musterbeispiel falscher Umweltpolitik, sagte Rupprechter, zumal sich das Land bis 2045 der Kohle verschrieben habe. Auch Schweden könne nicht als Vorbild dienen, dort würden fünf neue Atomkraftwerke gebaut. Unrichtig sei ferner die Behauptung, für den Klimaschutz gebe es weniger Geld. Vielmehr stelle man durch Auflösung von Rücklagen zusätzliche 100 Mio. € zur Verfügung, was auch im Bundesfinanzrahmen seinen Niederschlag finden werde.

Auf eine dringende Novellierung des Ökostromgesetzes drängte Heidelinde Reiter (G/S), mit dem Ziel neue Strukturen aufzubauen und verlässliche Investitionsbedingungen zu schaffen. Sie rechnete zudem vor, dass Österreich jährlich vier Mrd. € für klimaschädliche Subventionen ausgibt und durch die Stromimporte weiterer 13 Mrd. € für fossile Brennstoffe.

Gerald Zelina (T/N) sprach sich ebenfalls vehement für die Energiewende aus und verlangte die Beendigung der steuerlichen Begünstigungen für Öl und Kohle sowie der Neuinvestitionen in fossile Energieträger. Vielmehr müsse man massiv in erneuerbare Energieträger und in die E-Mobilität investieren. Nach seinen Vorstellungen sollte der Verkauf für Benzin- und Dieselautos ab 2025 nicht mehr möglich sein.

Quelle: Parlamentskorrespondenz


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /