© Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport  / Heinz Fischer
© Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport / Heinz Fischer

Korrekte tschechisch-österreichische Beziehungen und eine inkorrekte Übersetzung

Der Ökologe Milan Smrž schildert Limits im tschechisch-österreichischen Dialog. Beide Länder haben auch eine lange gemeinsame Geschichte und eine gute Handelsbilanz. In der Frage des Energiewesens knirscht es aber immer noch- Ein Kommentar von Milan Smrz

Der feierliche Abendempfang am 19. Oktober 2016 fand anlässlich des bevorstehenden österreichischen Staatsfeiertages statt und war sehr gut besucht. Anwesend waren der bevollmächtigte Vertreter der Botschaft der Republik Österreich, Alexander Grubmayr, der ehemalige österreichische Bundespräsident Heinz Fischer, der sein Amt bis zum Sommer dieses Jahres ausübte und auch der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentes der Tschechischen Republik, Jan Bartošek. Auch Vertreter des Verbandes der in der Tschechischen Republik lebenden Österreicherinnen und Österreicher fehlten nicht, und hunderte weitere österreichische und tschechische Gäste.

Alle Ansprachen waren von einem feierlichen Geist durchdrungen und betonten die gemeinsame Geschichte und die im Kalender zeitliche Nähe der beiden Staatsfeiertage – der österreichische am 26.10. zum Andenken an den Abzug der fremden Armeen (10 Jahre nach dem 2. Weltkrieg, Anm.d.Ü.) und in Bezug auf die Ausrufung der österreichischen Neutralität im Jahre 1955, der tschechische Staatsfeiertag am 28.10., anlässlich der Gründung der Tschechoslowakischen Republik 1918 (Anm.d.Ü.). Erwähnt wurden auch die beiderseits zufriedenstellende Handelsbilanz und weitreichende andere wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen. Von allen Rednern wurde ihr Vertrauen in den weiteren positiven Dialog zum Ausdruck gebracht.


Der ehemalige österreichischen Bundespräsident Heinz Fischer vergaß in seiner Ansprache aber nicht, bestehende Meinungsunterschiede in der Frage der Atomenergie anzusprechen. Leider wurde diese Passage vom Dolmetscher, aus welchen Gründen auch immer, nicht übersetzt. Das ist schade, denn ein derartiges Verschweigen trägt gewiss nicht zu offenen Beziehungen bei.

Es ist sehr bekannt, dass Österreich in Bezug auf die Atomenergie eine von der Tschechischen Republik gänzlich abweichende Haltung einnimmt. Das hat die österreichische Öffentlichkeit bereits im Jahre 1978 in einer Volksabstimmung zum Ausdruck gebracht. Die Mehrheit der Stimmen – auch wenn es sich damals nur um eine Differenz von etwa 30 000 Stimmen handelte – entschied, dass das neu errichtete Atomkraftwerk Zwentendorf nicht in Betrieb gehen wird. Dieses Kraftwerk wurde somit zum ersten fertiggebauten und nicht in Berieb genommenen Atomtorso in der Welt. Heute dient das Kraftwerk als Besucher- und Ausbildungszentrum und im Kraftwerksareal befindet sich sogar ein Photovoltaikkraftwerk mit einer Anschussleistung von 400 kWp.

Dieses Referendum wurde so zu einem entscheidenden Augenblick. Damals begann Österreich, sich schrittweise mehr den sauberen erneuerbaren Energiequellen zu widmen, wovon die zuletzt geschafften Erfolge durchaus als Belege dienen können. Das Burgenland bereits seit 2013 und Niederösterreich seit diesem Jahr, versorgen sich, den Bereich Strom betreffend, aus regional verfügbaren erneuerbaren Energiequellen selbst.

Dieser Text erschien im tschechischen Original am 24.10.2016 im Onlinemagazin www.denikreferendum.cz.

Autor: Milan Smrz

Der Autor ist Vorsitzender der tschechischen Sektion von Eurosolar und Übersetzer von zwei Büchern von Hermann Scheer ins Tschechische.

Übersetzung ins Deutsche: Bernhard Riepl www.sonneundfreiheit.eu


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /