© Paulina101  pixabay.com
© Paulina101 pixabay.com

GLOBAL 2000 deckt Missstände bei Beimengung von "Diesel-Zusatzstoffen" auf

Auswertung von zwölf "Geheim-Gutachten" und Nachforschungen zeigen, dass gesetzliche Anforderungen des Energieeffizienzgesetzes nicht erfüllt werden.

Etwa vor einem Jahr wurde die Beimengung von zusätzlichen Diesel-Additiven als Energieeffizienz-Maßnahme anerkannt und damit zur Erfüllung der Verpflichtungen im Energieeffizienzgesetz zugelassen. Heute präsentiert die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 in einem umfassenden Hintergrundpapier das Ergebnis einer Auswertung von zwölf "Geheim-Gutachten" sowie das Ergebnis umfangreicher Nachforschungen und deckt dabei Missstände auf.

Die für den Nachweis der Wirksamkeit geforderten Gutachten wurden lange geheim gehalten und GLOBAL 2000 erst nach einem schriftlichen Antrag nach dem Umweltinformationsgesetz zuge-stellt. Eine Analyse dieser Gutachten zusammen mit weiteren Nachforschungen ergibt jetzt, dass die in den Tests verwendeten Kraftstoffe nicht den real an der Tankstelle abgegeben entsprechen. Es ist damit völlig unklar, ob die gezeigte Wirkung nur im Labor oder auch in der Realität stattfindet. Weitere Nachforschungen von GLOBAL 2000 ergaben zudem, dass die Testkraftstoffe keine soge-nannten Reinigungsadditive enthielten, welche in real abgegebenen Treibstoffen in Österreich aber bereits seit Jahren enthalten sind. Der jetzt gemeldete Einspareffekt wird also vermutlich bereits seit Jahren realisiert. Statt einer echten Energieeinsparung würde dann lediglich eine "Luftbuchung" generiert.

Konfrontiert mit dieser neuen Faktenlage sieht GLOBAL 2000 jetzt die "Monitoringstelle Energie-effizienz" gefordert: "Die Monitoringstelle Energieeffizienz ist jetzt am Zug, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen und diese zweifelhaften Eingaben abzuerkennen. Sie muss sicherstellen, dass die Umsetzung des Energieeffizienzgesetzes durch echte Einsparmaßnahmen erfolgt und nicht durch dubiose Luftbuchungen", fordert Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

Zum Hintergrund:

Im Energieeffizienzgesetz werden Energiehändler dazu verpflichtet, jährlich 0,6 Prozent an Energie einzusparen. Von Anfang an umstritten war dabei die Beimengung von soge-nannten Diesel-Zusatzstoffen zu Treibstoffen. Diese Zusatzstoffe (Additive) sollten zusätzlich zu bereits verwendeten Additiven beigemengt werden und damit den gewünschten Einspareffekt brin-gen. Die Wirkung einer weiteren Beimengung war jedoch hoch umstritten, da abgegebene Kraft-stoffe in Österreich bereits seit vielen Jahren solche Reinigungsadditive enthalten. Deshalb wurde vorgeschrieben, dass die Wirkung durch Gutachten einwandfrei zu belegen ist. Diese Gutachten sollten mit repräsentativen Treibstoffen, Fahrverhalten und Fahrzeugmotoren durchgeführt werden.

Gesetzliche Anforderungen nicht erfüllt

Dabei ist eine gesetzliche Bedingung zentral: Nur wenn Additive den Dieseltreibstoffen zusätzlich zu bereits bestehenden Additiven beigemengt werden, kann sich daraus ein gesetzlich relevanter Einspareffekt ergeben. Die Gutachten geben aber keinerlei Auskunft darüber, ob diese wesentliche Bedingung erfüllt ist. Nachforschungen von GLOBAL 2000 brachten nun zwei Anfragebeantwor-tungen des Prüflabors SGS zutage, das acht der zwölf verwendeten Gutachten erstellt hat. In diesen Anfragebeantwortungen wird klar angegeben, dass die in den Gutachten verwendeten Testkraftstoffe nicht den real an der Tankstelle abgegebenen Kraftstoffen entsprechen. Sie unterscheiden sich in einem entscheidenden Punkt: Die Testkraftstoffe enthalten keine Reinigungsadditive, die real an den Tankstellen abgegeben Treibstoffe hingegen schon. Der Einspareffekt, der jetzt gegenüber der Monitoringstelle Energieeffizienz als zusätzlicher Effekt dargestellt wird, existiert also vermutlich schon seit vielen Jahren.

Der Aufbau der zwölf Gutachten

Die zwölf eingereichten Gutachten sind dabei alle nach einem einheitlichen Muster aufgebaut: Erst wird ein Motor eine zeitlang mit einem Testkraftstoff betrieben. Danach wird Zink beigemengt, der die Einspritzdüsen verschmutzt. Es folgt die Beimengung von Additiven, die den Motor wieder reinigen und zu einem geringeren Verbrauch führen. Diese Wirkung ist seit langem bekannt und wird auch in den Gutachten gezeigt. Eine Einsparwirkung in der realen Welt ergibt sich aber nur dann, wenn ein Vorteil gegenüber real an der Tankstelle abgegebenen Kraftstoffen erfolgt. Diese Treibstoffe enthalten diese Additive aber bereits seit vielen Jahren. Es handelt sich also eher um "Messprotokolle" als um Gutachten, die den Vorgaben des Energieeffizienzgesetzes entsprechen.

Reform des Energieeffizienzgesetzes gefordert

Angesichts dieser neuen Erkenntnisse sieht GLOBAL 2000 zusätzlich eine Reform des Energieeffi-zienzgesetzes als dringend notwendig an. Energiehändler, wie auch Tankstellenbetreiber, sollen Rechtssicherheit bei der Umsetzung von echten Einsparmaßnahmen im Rahmen des Energieeffi-zienzgesetzes bekommen. Dafür ist es notwendig, auf verlässliche Energieeinsparmaßnahmen zu setzen und hoch umstrittene, dubiose Scheinmaßnahmen, wie die Beimengung von Diesel-Additiven, aus dem Maßnahmenkatalog zu entfernen. Im Mobilitätsbereich ist beispielsweise der Effizienzvorteil der E-Mobilität und des öffentlichen Verkehrs klar belegbar. "Es sollte ein neuer Markt für Energieeinsparmaßnahmen entstehen und nicht einer für Scheinbuchungen. Wirtschafts-minister Reinhold Mitterlehner muss die Beimengung von Diesel-Additiven aus dem Maßnahmen-katalog streichen, um eine völlige Verwässerung des Gesetzes zu verhindern. Stattdessen soll das Energieeffizienzgesetz zu einem innovativen Instrument ausgebaut werden, das den Weg in eine nachhaltige Energiezukunft tatsächlich anstößt", erklärt Wahlmüller abschließend.

Hintergrundpapier


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /