© oekonews-Nina Holler / Laden von Elektroautos
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Klares "JA" für ökologische Kfz-Steuern

Ausbau der steuerlichen Begünstigung von E-Fahrzeugen auf Privatpersonen wäre sinnvoll

Wien-Am 20. Oktober diskutierten beim GSV-Forum im Haus der Industrie Verkehrs- und Steuerexperten sowie Vertreter der Industrie über die KFZ-Besteuerung der Zukunft und damit auch über die Zukunft der Elektromobilität. Die Experten auf dem Podium waren sich bald einig: Eine ökologisch und verkehrspolitisch sinnvolle Reform der Kfz-Besteuerung erfordert ein Gesamtkonzept, nicht bloß Einzelmaßnahmen wie eine Erhöhung der Mineralölsteuer auf Diesel. Sinnvoll wäre, von der in Österreich hohen Besteuerung des Besitzes eines Kraftfahrzeuges abzugehen und die Steuerlast in Richtung Fahrzeugnutzung umschichten.

Angela Köppl vom Institut für Wirtschaftsforschung meint: ‘Beim Pkw bringt die fahrleistungsunabhängige motorbezogene Versicherungssteuer dem Finanzminister mit 2,2 Mrd. Euro pro Jahr mittlerweile mehr als die Mineralölsteuer!’ Die Ökologisierung des Kfz-Verkehrs darf sich aber nicht nur auf die Besteuerung beschränken, sondern soll auch andere Aspekte, wie z.B. die Raumordnung mit einbeziehen.

Deutliche Skepsis zeigten die Experten bei der Frage, ob eine aufkommensneutrale Umschichtung von Kauf- und Besitzsteuern hin zu Nutzungssteuern realistisch ist. Der Verbandsdirektor des ÖAMTC, Oliver Schmerold, würde eine Ökologisierung in diese Richtung zwar begrüßen, glaubt aber nicht, dass sich ein Finanzminister die gesicherten (weil fahrleistungsunabhängigen) Einnahmen aus der Kaufsteuer NoVA und der motorbezogenen Versicherungssteuer (zusammen 2,6 Mrd. Euro 2015!) wird antasten lassen.

Günther Kerle, Sprecher der Automobilimporteure, meint dazu: ‘Es wird ja nicht über die Umschichtung, sondern nur über eine Erhöhung diskutiert. Meine Erfahrung zeigt mir, dass beim Umschichten meistens der Finanzminister gewinnt!’ Laut einer aktuellen Studie des ÖAMTC ist Österreich bei Automobilbesitz und -nutzung bereits heute das zweitteuerste Land in Europa.

Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt betont, dass mit den Beschlüssen des Pariser Klimapakts der Ausstieg aus fossiler Energie definitiv und unumkehrbar begonnen habe. Schneider: ‘Wir müssen diesen Ausstieg aber möglichst sozial und wirtschaftlich verträglich gestalten. Mobilität ist schließlich ein Grundbedürfnis.’

Zur Frage der Besteuerung von alternativen Antrieben, z.B. Elektrofahrzeugen, meint Schmerold, dass die anfänglichen Anreize und Vergünstigungen mit Sicherheit zurückgefahren werden, sobald diese Fahrzeuge eine gewisse Anzahl erreicht haben. Schneider schlägt hierzu vor, über eine kilometerabhängige Bepreisung nachzudenken. Die Stromerzeugung müsse jedenfalls komplett auf erneuerbare Energie umgestellt werden, um den gewünschten Ausstieg aus fossiler Energie zu erzielen.

Franz Wirl, Universität Wien, erläutert dazu: ‘Die für die Stromerzeugung eingesetzte erneuerbare Energie ist bereits für existierende Anwendungen verbraucht. Daher benötigt jede zusätzliche Anwendung, wie z.B. ein Elektro-Fahrzeug, Strom aus kalorischen Kraftwerken.’ Kerle betont, die Autoindustrie bekenne sich zu alternativen Antrieben und benötige diese auch, um die 2020 Ziele (95g CO2 pro km) zu erreichen. Dass ab 2030 kein Verbrennungsmotor mehr verkauft werde, sei aus seiner Sicht nicht realistisch.

Finanzielle Anreize für eine Verkehrswende notwendig

Für Michael Viktor Fischer, Geschäftsführer von SMATRICS, dem ersten Anbieter einer österreichweiten Ladeinfrastruktur für Elektroautos, ist die Gangrichtung und Forderung an die Politik klar: "Wir brauchen finanzielle Anreize zum Umstieg auf E-Mobilität - das ist die schadstoff- und lärmfreie Mobilität der Zukunft und darauf müssen wir setzen. Fischer sieht vor allem in der Steuergesetzgebung ideale Möglichkeiten, um bei Elektroautos den "Popcorn-Effekt" auszulösen.

Konkret gehören dazu sowohl die Förderung der Elektromobiltät durch steuerliche Anreize für den Umstieg auch für Private als auch die Unterstützung eines weiteren Ausbaus der Ladeinfrastruktur.

"Die österreichische Bundesregierung hat mit der Steuerreform 2016 einen wichtigen ersten Meilenstein gelegt - volle Absetzbarkeit der E-Autos von der Vorsteuer, der Wegfall der NoVa sowie der motorbezogenen Versicherungssteuer. Die neue Sachbezugsregelung seit 1. Jänner 2016: Null CO2-Emmission bedeutet null Euro Sachbezug. Bis zu 480 Euro netto spart sich ein Angestellter im Monat, das sind rund 6.000 Euro netto im Jahr. Ein wichtiger nächster Schritt wäre es daher nun, auch Privatpersonen solche steuerlichen Vorteile zu bieten und damit dem Elektroauto endgültig zum breiten Durchbruch zu verhelfen", so Michael Viktor Fischer.

Rund 11.800 E-Autos waren Ende des 3. Quartals 2016 in Österreich zugelassen, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Laut einer Studie von Generali würden 55% der befragten Österreicher beim Kauf des nächsten Autos auf ein Fahrzeug mit Alternativ-Antrieb umsteigen. "Diesen Trend müssen wir jetzt nutzen und Österreich wegbringen von der Verbrennung fossiler Energieträger. Und mit einem Missverständnis räumt Fischer ebenfalls auf: "In Österreich haben wir die großartige Situation, dass wir genügend Strom aus Wasserkraft produzieren können. Jeder, der heute an einer unserer Ladestationen sein Auto lädt, bekommt 100 Prozent Strom aus Wasserkraft. Die Legenden, wonach zum Betrieb von Elektroautos erst recht fossile Energieträger zum Einsatz kommen, können wir zu 100 Prozent entkräften", so Fischer.

Doris Holler-Bruckner und Roland Dimai aus dem Präsidium des Bundesverbands nachhaltige Mobilität, Dachverband für E-Mobilität meinen: "Wenn wir Klimaschutz ernst nehmen, muss eine Verkehrswende an oberster Stelle stehen. Dazu gehört nicht nur ein Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, sondern auch eine klare Forcierung der E-Mobilität, da sonst im Verkehrsbereich der Umstieg auf CO2-freie Technologien nur schwer erreicht werden kann. So wäre nach ihrer Meinung eine steuerliche Abzugsfähigkeit der Mehrwertsteuer auch für Private ein gangbarer Weg. "Mit einem Umstieg auf fossilfreie Mobilität würden sich klare volkswirtschaftliche Vorteile ergeben, weil die Handelsbilanz auf Dauer mit weniger Energieimporten belastet wird."



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /