© Gerd Altmann / pixabay.com
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Yellowcake Blues – Der Urankuchen, den keiner mehr essen will

Leben Sie in einem Land, das Uran produziert? Dann werden Sie ständig darüber belehrt, wie groß das Potential für Uranexporte doch sei, um die Wirtschaft drastisch anzukurbeln.

Hier in Australien geht unser Mantra in etwa so: ‘Wir haben das Potential, das Saudi-Arabien des Südens zu werden, weil wir beträchtliche Vorräte an Uran besitzen’. Dieser Unsinn wird nicht nur von Schlauköpfen aus der Industrie verzapft, sondern auch von Politikern, Gewerkschaftsvertretern und sogar Akademikern.

Die Einnahmen aus dem Export von saudi-arabischem Öl lagen im Jahr 2014 bei 285 Milliarden US $; Australiens Einkünfte aus dem Export von Uran dagegen nur bei 0.48 Milliarden US $. Also müssten sich Australiens Gewinne 600-mal steigern, um die saudi-arabischen zu erreichen.

Es ist aber Tatsache, dass der weltweite Handel mit Uran wie ein Hungerlohngeschäft im Vergleich zu den saudi-arabischen Ölexporten aussieht.

In den vergangenen Jahren lag der jährliche Bedarf an Uran bei einer Menge im Wert von zirka 10 Milliarden $ weltweit. Seit der Katastrophe von Fukushima steckt der Uranmarkt in einer Flaute. Aber für die Stimmungsmacher aus der Industrie ist das Glas ja immer halbvoll. Entweder sind die Preise hoch, oder sie sind niedrig, was dann einen idealen Zeitpunkt zum Kaufen bedeutet. Ein Wirtschaftsexperte von EFT-Trends bemerkte dazu, dass ‘Global X Uran ETF’, ein Fond, der Geschäftskontakte zu Unternehmen anbietet, welche im Bereich der Uranförderung tätig sind – seit dem Jahr 2010 über 86% seines Wertes verloren hat’. Und ETF dazu? ‘Aber letztendlich, vielleicht, hoffentlich könnten die Uranaktien im Wert auch wieder steigen’.

Camecos Aktienwerte sind seit 2011 um 70% gefallen. Also kauft, kauft, kauft, Leute! Ein Uran-Schönredner sagte dazu: ‘Der derzeitige Tumult auf dem Aktienmarkt hat innerhalb einer Generation eine einmalige Gelegenheit für kluge Energie-Investoren geschaffen’. Und natürlich kann man diese Zahlen auf verschiedene Weise deuten. ‘Uran war das erfolgreichste Material, das 2015 in einer Mine abgebaut wurde’, behauptet die Bank Macquarie. Der durchschnittliche Tagespreis in jenem Jahr war 18% höher als im Jahr zuvor.

Das alles ist richtig, aber es besagt nicht viel. FN Arena drückt es so aus: ‘Während das neue Jahr (2016) auf uns zukommt, stellen wir fest, dass 2015 ein Jahr war, in dem der jeweilige Spotpreis stark schwächelte. Dieser Preis hat sich in den letzten Monaten kaum bewegt, also hat Uran andere Materialien – Öl, Eisenerz und Kupfer – hinter sich gelassen’. Außerdem war der bescheidene Pendelschlag zurück nicht gerade überwältigend, denn der Uranpreis stieg, von einem langfristigen Rekordtief ausgehend eben wieder an. Dieser Preis lag nach der ersten Jahreshälfte 2014 unter 30 US$ und liegt jetzt bei etwa 35 US $. (Bei einem Langzeit-Vertrag sind es auch magere 44 $). Der geringe Preiszuwachs hatte teilweise damit zu tun, dass es Störungen in zwei der weltweit größten Uranminen gab: in Rossing, Namibia und in Olympic Dam, Australien. Der aktuelle Preis ist so niedrig, dass die Uranabbauwerke Probleme haben, ökonomischen ihren break-even point zu erreichen. Greeg Peel von FNArena meint, dass ‘für viele Minen’ diese Preise unter den Produktionskosten liegen.

Der Preis ist viel zu niedrig, als dass sich Investitionen in neue Minen lohnen würden. Rob Chang, ein Analytiker bei Cantor Fitzgerald, geht davon aus, dass die break-even Kosten bei neuen Minen bei ungefähr 70-80 $ liegen würden.

Der momentane Tagespreis liegt in etwa bei der Hälfte des Preises vor Fukushima – und beträgt nur noch ein Viertel des Höchstwertes der 2005-07-Aktienblase. Die Industrie und ihre Anhänger hofften, dass das Ende des US/russischen ‚Megatonnen-zugunsten-Megawatt’ Programmes im Dezember 2013 zu erhöhten Preisen führen würde. Dieses Programm konvertiert stark angereichertes Uran (HEU) aus Waffen in Brennstoff für Atomreaktoren. Aber das geschah nicht. Das Unternehmen Ux Consulting bemerkte dazu: ‘Seit den Nachwirkungen der Fukushima-Katastrophe haben sich weltweit viele Reaktor-Projekte verzögert, und in einigen Fällen wurde der Bau neuer Reaktoren sogar beendet. Die immer geringere Nachfrage seit der Fukushima-Katastrophe kommt darüberhinaus eindeutig dem nachlassenden Angebot seit dem Ende des US-russischen Geschäftsabkommens entgegen’.

Die Industrie hoffte, dass ein Neustart der japanischen Atomreaktoren zu höheren Preisen führen würde. Aber bisher sind nur drei Reaktoren wieder hochgefahren worden, und der Uranpreis hat sich seither nicht erholt.

Die Industrie hoffte, dass ein Boom im Nuklearbereich zu steigenden Preisen führen würde. Aber die Atomkraft stagnierte eher.

Die Industrie hoffte auch, dass der zunehmende Abbau von Uranreserven zu höheren Preisen führen würde. Aber die Uranbestände sind massiv und wachsen. So sagt auch das Unternehmen Ux Consulting: ‘Seit letztem September erhöhen sich weltweit die Bestände an Uran bis auf 1.1 Milliarden Pfund U3O8 entsprechend (423,100tUeq). Das reicht aus, um den derzeit weltweiten Bedarf für die nächsten 6,3 Jahre zu decken’.

Der Uranmarkt wird noch für viele Jahre von den aktuellen Lagerbeständen geprägt sein, so Jonathan Hinze von UxC letzten September. In anderen Worten: die bestehenden Uranreserven werden die Preise für viele Jahre niedrig halten.

Japan schwimmt darin – manche würden sagen ‘geht unter’, so Jim Ostroff, ein leitender Mitarbeiter bei Platts Nuclear Publications.1 Laut Atomlobbyist James Conca, werden Japans Uranreserven für das ganze nächste Jahrzehnt ausreichen, um die Atomreaktoren des Landes zu ‘befeuern’. Vielleicht sogar noch länger, wenn man sich die Langsamkeit vor Augen hält, mit welcher Reaktorneustarts vorgenommen werden müssen.

Chinesische Uranbestände werden auf 280 Millionen Pfund U3O8e (107,700tUeq) geschätzt – ebenso scheint das Land über eine bedeutende Menge von angereichertem Uran zu verfügen. Wie die Bank Macquarie dazu meint, besitze China einen ‚atemberaubenden‘ Vorrat an Uran und wird heuer einen Gegenwert von 9 Jahren als Lagerbestand haben – wobei vom geschätzten Verbrauch des Jahr 2020 ausgegangen wird.

Zukunftsaussichten

Die Industrie verzweifelt zusehends. Sie hofft auf eine Beruhigung politischer Konflikte, welche die bestehenden Herstellungs- und Lieferungsnetzwerke erschüttern (z.B. der Russland/Ukraine-Konflikt). Ebenso hofft sie darauf, dass weitere Uranminen weder versagen noch schließen werden. Ein Artikel von Mineweb.com äußert sich dazu: ‘Das, was einen bedeutenden Aufschwung bringen könnte, bleibt dennoch an einer bedeutenden Anzahl von Störungen im Lieferungssystem hängen – aus geopolitischen Gründen, oder wegen der ständigen technischen Probleme von Seiten der Haupthersteller – Probleme, die das ganze System behindern’.
Hinter der Lobhudelei gibt es dennoch einige ehrliche Beurteilungen bezüglich des miserablen Zustandes der Uranindustrie. Überraschenderweise ist die Zeitschrift Nuclear Engineering International (NEI) eine der besseren Quellen einer gründlichen Analyse. Letzten Oktober stellten Thomas Meade und Julian Steyn in NEI fest, dass …

‘Der messbare Abstand zwischen in die Zukunft projizierter Herstellung und voraussichtlicher Nachfrage in den ersten Jahren nach 2020 lässt darauf schließen, dass es in den nächsten 10 Jahren nicht viel Druck nach oben geben wird, was die Marktpreise anbelangt. … Für Urananbieter ist es von Nachteil, dass das Überangebot voraussichtlich weiterhin bestehen bleiben wird. In dem Bemühen, ihre Unternehmen kurzfristig überlebensfähig zu halten, haben Urananbieter den Fertigbau neuer Uranminen zurückgesteckt oder völlig abgebrochen … Der Uranmarkt hört nicht auf, mit seinem Überangebot zu kämpfen, was voraussichtlich auch noch nach 10 Jahren so sein wird. Es gibt verschiedene Gründe dafür, aber der abnehmende Bedarf an Uran nach der Katastrophe von Fukushima ist der Hauptgrund’.

In derselben Zeitschrift schrieb der ehemalige Manager Steve Kidd im Mai 2014: ‘Das ganze Vorhaben der ‘Uranbüffel’ ist in Wahrheit ein Fass ohne Boden’. Er sah ‘eine lange Zeitspanne mit ziemlich niedrigen Preisen’ voraus, ‘in der Urananbieter nur mit Mühe überleben werden’.

Und es sieht ganz so aus, als ob man sich auf Kidd’s Voraussagen verlassen könnte.


von Jim Green, Editor des Nuclear Monitor, erschienen in Ausgabe Nr.819
Übersetzung aus dem Englischen und Bearbeitung:
Ina Conneally, Bernhard Riepl, www.sonneundfreiheit.eu


Quellen:
https://www.acfonline.org.au/sites/default/files/resources/ACF_Yellowcake_Fever.pdf
http://www.opec.org/opec_web/static_files_project/media/downloads/publications/ASB2015.pdf
http://www.world-nuclear.org/information-library/country-profiles/countries-a-f/australia.aspx
http://www.neimagazine.com/features/featuretreading-water-in-the-uranium-market-4684314/
https://www.cameco.com/invest/markets/uranium-price
http://www.etftrends.com/2015/09/maybe-some-hope-for-the-uranium-etf/
http://seekingalpha.com/article/3543176-whatever-happened-uraniums-recovery
http://seekingalpha.com/article/3543176-whatever-happened-uraniums-recovery
http://oilprice.com/Alternative-Energy/Nuclear-Power/Nuclear-Renaissance-Has-Analysts-Bullish-On-Uranium.html
http://www.fnarena.com/index2.cfm?type=dsp_newsitem&n=04E94862-A0A3-8285-8DB1A43BD163A09F
http://www.mineweb.com/news/energy/uranium-outlook-positive-but-perhaps-not-outstanding-unless/
http://www.uxc.com/products/rpt_usa.aspx
http://www.world-nuclear-news.org/UF-Uranium-inventories-driving-markets-1509157.html
http://www.world-nuclear.org/information-library/facts-and-figures/world-nuclear-power-reactors-and-uranium-requireme.aspx
http://www.forbes.com/sites/jamesconca/2016/01/04/the-2016-uranium-market-reflecting-the-worldview-on-nuclear-power/#c6dd6b53c6e5
http://www.theage.com.au/business/energy/australian-uranium-in-demand-as-china-goes-full-steam-for-nuclear-20151217-glqldr
http://www.neimagazine.com/features/featuretreading-water-in-the-uranium-market-4684314/
http://www.neimagazine.com/opinion/opinionthe-future-of-uranium-higher-prices-to-come-4259437/


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /