©  FH Münster/Pressestelle / Israh hält stolz ihre "Stärkenmappe" in der Hand
© FH Münster/Pressestelle / Israh hält stolz ihre "Stärkenmappe" in der Hand

„Heute ist mein Glückstag“

Ein etwas anderes Schulprojekt mit Praxiserfahrung, mit dem sich Stärken erkennen lassen

© FH Münster  - Die Internationale Klasse feierte den Projektabschluss mit den Pädagogen und Studentinnen.
© FH Münster - Die Internationale Klasse feierte den Projektabschluss mit den Pädagogen und Studentinnen.

Münster - Alberta ist 15 Jahre alt und geht in die Internationale Klasse der Sekundarschule Roxel. ‘Heute ist mein Glückstag’, sagt die Schülerin. Denn Mohammad ist wieder da. Ihr Mitschüler kam genau im richtigen Moment zurück: zum Abschlussfrühstück eines Projekts. Er war zwischenzeitlich abgeschoben worden. So wie Alberta freuen sich heute auch ihre 17 Klassenkameraden über das Wiedersehen mit dem Jungen aus Afghanistan. Überhaupt sei es ein so schöner Tag, für manche ‘der schönste bisher’, heißt es nicht nur einmal in der Feedbackrunde.

Auch Israh strahlt vor Glück. Sie denkt, dass es das Projekt gab, damit sie alle Spaß haben. Den hatten und haben sie sichtlich auch. Genauso wie die sechs Studentinnen vom Fachbereich Sozialwesen der FH Münster, die hier den praktischen Teil ihres Theorie- und Praxisprojekts ‘Ressourcenorientierte Biografiearbeit mit kreativen Medien’ durchgeführt haben. Auch sie finden, dass das Abschlusstreffen der schönste Tag im Projekt ist. Das Ziel aber war vor allem, dass die Kinder ein Gefühl für die eigene Identität erlangen, sich selbst besser kennenlernen, ein Gruppengefühl entwickeln – und vielleicht auch über sich selbst hinauswachsen.

Ist den Kindern dies gelungen? ‘Ja’, sagt Jördis Greve vom studentischen Team, das von Lehrern der Schule unterstützt wurde. ‘Das Ganze fing etwas holprig an, aber es wurde von Sitzung zu Sitzung besser, so dass wir konzentriert mit den Kindern arbeiten konnten.’ Während es zu Beginn noch darum ging, dass die 11- bis 15-Jährigen erzählen, wer sie sind und woher sie kommen, sollten sie in den weiteren Treffen herausfinden, was sie stärkt und wo sie sich zukünftig sehen. Unter der Anleitung der Studentinnen setzten sie dafür kreative Mittel ein – Malen, Basteln, Spielen. Am Ende hält jeder voller Stolz seine ‘Stärkenmappe’ in der Hand.

‘Dass das Projekt bei allen Schülern so gut ankam, lag nicht zuletzt daran, dass die Studentinnen mit großem Einfühlungsvermögen schnell das Vertrauen der Kinder gewonnen haben’, berichtet Martina Becker vom Klassenlehrerteam. Vor allem die stilleren und sprachlich schwächeren Schüler hätten von der intensiven Kleingruppenarbeit profitiert und gezeigt, welches Potenzial in ihnen schlummert.

Das Malen war deshalb so wichtig, um die Sprachbarriere besser überwinden zu können. Die Kinder kommen aus zwölf verschiedenen Nationen und sind zum Teil erst seit kurzer Zeit in Deutschland. In Zeichnungen konnten sie kleine Geschichten erzählen. ‘Es gab so viele schöne Momente für uns, wenn sich etwa die Schüchternen langsam öffneten und Vertrauen zu uns aufbauten’, so Greve. ‘Mit kreativen Methoden kann man Kinder anders erreichen, neue Beziehungen entstehen lassen’, formuliert sie ihre größte Erkenntnis aus dem Projekt. ‘Und wir haben gelernt’, ergänzt Julia Schütte, ‘dass auch die teilweise traumatisierten Kinder einfach Kinder sind, die lachen, spielen, toben und einfach nur glücklich sein wollen.’

So wie Israh. Die fröhliche Elfjährige kam vor neun Monaten aus Mazedonien, seit fast einem halben Jahr lernt sie an dieser Schule. Im September möchte das Mädchen in eine reguläre Klasse wechseln. Dass Deutsch ihr Lieblingsfach ist, hört man sofort, aber auch Mathematik gefällt ihr. Richterin steht als Berufswunsch in ihrer ‘Stärkenmappe’. Sie kann es schaffen – auch dank der Unterstützung wie beispielsweise durch solche Projekte.

Zum Thema:

Insgesamt beteiligten sich 35 Studierende am zweisemestrigen Projektstudium zur ‘Ressourcenorientierten Biografiearbeit mit kreativen Medien’ unter der Leitung von Prof. Dr. Christina Hölzle und Prof. Dr. Irmgard Jansen. Einige der sechs Projekte widmeten sich Flüchtlingen, sowohl Minderjährigen als auch Erwachsenen. Eines davon fand in der Sekundarschule Roxel statt – mit den Studentinnen Anna Gehlmann, Jördis Greve, Julia Schütte, Miriam Eckert, Mojgan Servati und Simone Horn-Grgic sowie vier Lehrern und einer Sozialpädagogin der .Schule. Die 18 Kinder kommen aus zwölf verschiedenen Ländern, darunter Nigeria, Syrien, Pakistan und dem Iran.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /