© Alliance For Nature / Semmeringbahn
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Semmering-Basistunnel: Verstoß gegen EU-Wasserrahmenrichtlinie?

„Ergänzende Vorbringen“ an das BMVIT bzw. BVwG

Gemäß ‘Technischem Bericht’ zum Projekt ‘Semmering-Basistunnel neu’ (SBTn) werden beim Portal Gloggnitz 450 l/s Gesamtabfluss angesetzt. Dies sind 38,880.000 Liter pro Tag, die auf Dauer dem natürlichen Wasserhaushalt entzogen werden, sollte das SBTn-Projekt tatsächlich realisiert werden. Da ein Großteil dieser Wassermenge derzeit Richtung Steiermark in die Mürz und in weiterer Folge in die Mur fließt, nach Realisierung des Tunnelprojektes aber Richtung Niederösterreich in die Schwarza abgeleitet wird, kommt es zu einer Veränderung des Gewässerregimes und zu einer Verschlechterung des Wasserökosystems in der vom SBTn-Projekt betroffenen Region. Zum einen besteht die Gefahr, dass aufgrund der Grund- bzw. Bergwasserabsenkung Oberliegerquellen (Quellen oberhalb des geplanten Tunnelniveaus) trocken fallen oder zumindest eine geringere Schüttung aufweisen werden, in weiterer Folge Feuchtgebiete trocken fallen und sich die Vegetation auf unnatürliche Weise ändert. Zum anderen würde der Mürz jene Wassermenge abhandenkommen, die auf unnatürliche Art und Weise (infolge der SBTn-Realisierung) in die Schwarza übergeleitet wird. Das Projekt ‘Semmering-Basistunnel neu’ könnte somit gegen die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verstoßen.

Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sind der Schutz der Gewässer, die Vermeidung einer Verschlechterung sowie der Schutz und die Verbesserung des Zustands der direkt von den Gewässern abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt. Bis 2015 müssen alle genannten Oberflächengewässer einen guten ökologischen und chemischen Zustand erreicht haben. Bei Grundwasserkörper darf es zu keiner Verschlechterung kommen – im Gegenteil: Die Mitgliedsstaaten haben alle Grundwasserkörper zu schützen und zu verbessern, damit das Grundwasser einen guten Zustand erreicht. Alle Maßnahmen stehen unter dem hauptsächlichen Ziel der WRRL, nämlich dem Verschlechterungsverbot. Demnach muss eine Verschlechterung der Wasserökosysteme verhindert und eine nachhaltige Verbesserung erreicht werden.

Die Umweltorganisation ‘Alliance For Nature’ (AFN) hat deshalb beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Antrag zur Prüfung eingebracht, ob und inwieweit das Projekt ‘Semmering-Basistunnel neu’ gegen die WRRL verstößt und verwies in diesem Zusammenhang auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH).


Unabhängig davon hat ‘Alliance For Nature’ auch ein ‘Ergänzendes Vorbringen’ an das Verkehrsministerium (BMVIT) betreffend den Teilraum Grautschenhof (Steiermark) gesandt.
Die wesentlichsten Aussagen des ‘Ergänzenden Vorbringens’ sind:

· Zur Erstellung des Umweltverträglichkeitsgutachtens (UVGA) wurden ungeeignete Sachverständige ohne Berufsberechtigung herangezogen. Am §31a-Gutachten hat ein Sachverständiger mitgewirkt, der nach § 31a Abs 1 EisbG ausgeschlossen ist. Weitere §31a-Gutachter sind befangen und hätten nicht bestellt werden dürfen.
· Die Berechnung der abzuleitenden Bergwassermengen entspricht nicht dem Stand der Technik und ist unrichtig. Es ist möglich, dass größere Bergwassermengen zutreten, als berechnet. Im Zuge von ‘Sondermaßnahmen’ sind sogar Ausleitungen bis zu 500 l/s vorgesehen (Technischer Bericht Tunnelplanung, Einlagezahl EB 03-01.01, S 78). Diese Werte beziehen sich auf die dauernden Bergwasserausleitungen, also auf die gesamte Bestandzeit des Bauwerks. Umgerechnet wären dies 43,200.000 Liter pro Tag, die auf Dauer ausgeleitet und somit dem natürlichen Wasserhaushalt entzogen werden würden.
· In den bisherigen Verfahren wurde das Grundwasser als Lebensraum weder untersucht noch bewertet.


Artikel Online geschaltet von: / stevanov /