© Molnar/  „Regenwaldexperten“ Hans Kandler mit zwei VertreterInnen der FOIRN
© Molnar/ „Regenwaldexperten“ Hans Kandler mit zwei VertreterInnen der FOIRN

COP 21: Österreich bei der Klimakonferenz

Peter Molnar, Geschäftsführer Klimabündnis Österreich, bloggt aus Paris

© Molnar/ Hans Kandler mit zwei VertreterInnen der FOIRN
© Molnar/ Hans Kandler mit zwei VertreterInnen der FOIRN
© UBA / Treibhausgasemissionen Österreich 1990-2014
© UBA / Treibhausgasemissionen Österreich 1990-2014

Im heutigen Blog konzentriere ich mich auf die Situation und Position von Österreich bei der Klimakonferenz COP21 in Paris. Gestern konnte ich bei einem briefing der österreichischen Delegation auf der COP21 unter Vorsitz von Bundesminister Andrä Rupprechter teilnehmen. Mein Fazit ist, dass Österreich bei der Klimakonferenz eindeutig eine sehr konstruktive und positive Rolle einnimmt, allerdings anschließend auch die bisher gemachten großen Versprechungen in Österreich einhalten und umsetzen muss:

* Kurz vor der Klimakonferenz in Paris hat die Veröffentlichung der CO2-Emissionen Österreichs von 1990-2014 (siehe Grafik) für einige Aufregung im Klimabündnis gesorgt. Demnach lagen die Treibhausgas-Emissionen von Österreich im Jahr 2014 erstmals unter den Emissionen von 1990, die auch die Grundlage des Kyoto-Protokolls waren (Kyoto-Ziel für Ö: -11,2% Treibhausgasemissionen von 1990-2012). Damit hat Österreich das Kyoto-Ziel zwar klar verfehlt, aber 2014 erstmals die Treibhausgasemissionen nicht nur eingedämmt sondern auch gegenüber 1990 um rd 3% reduziert. Warum ist das so wichtig für das Klimabündnis? Das Klimabündnis wurde 1989 im Rahmen der Amazonientage in Berlin als ‘Bündnis zwischen europäischen Städten und Gemeinden mit den Regenwälder Amazoniens’ aus der Taufe gehoben. Seit 1992 ist das Klimabündnis auch in Österreich aktiv und seit 1993 gibt es unsere Klimabündnis-Partnerschaft mit den indigenen Völkern des Rio Negro im Nordwesten von Brasilien. Mit dieser Partnerschaft von österreichischen Ländern, Städten und Gemeinden mit dem ‘Rio Negro’ konnten rd 122.000 km2 Regenwald (so groß wie Österreich und Schweiz zusammen!) durch die Übertragung der Landrechte an unsere indigene Partnerorganisation FOIRN, so gut wie unberührt, erhalten bleiben.

Deshalb hat es mich sehr gefreut, dass ich gestern Vormittag gleich einmal unseren ‘Regenwaldexperten’ Hans Kandler mit zwei VertreterInnen der FOIRN (deren Anreise vom Klimabündnis Österreich mitfinanziert wurde, siehe Fotos) vor der COP begrüßen konnte – was für ein toller Start. Erst nach dem Besuch des indigenen Pavillons ging ich dann in das COP-Gelände. Ich erinnere mich noch gut, dass Hans Kandler mir nach einer Reise im Jahr 2014 an den Rio Negro berichtete, dass ihn einer der Vorstände der FOIRN darauf angesprochen hat, dass sie, die Indigenen, Ihren Anteil des Bündnisses mit dem Schutz des Regenwaldes, wie er vor Ort sehen kann, einhalten, was ist jetzt mit unserem Teil der Abmachung, dem Klimaschutz in Österreich? Nun können wir erstmals berichten, dass auch Österreich beginnt, seinen Teil der Vereinbarung einzuhalten!

* So zurück zur COP21: Das Problem ist nur, dass die zwei größten ‘Treiber’ der CO2-Reduktion in Österreich zwei externe Faktoren sind: die Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2009 und v.a. die milden Winter der letzten Jahre! Österreich hat in den letzten Jahren zwar einige Klimaschutzbemühungen gesetzt, aber die Auswirkungen sind teilweise schwer messbar (Bewusstseinsbildung bei klimaaktiv-Programmen, Umweltförderung im Inland, …) oder erst sehr langfristig wirksam (Ökostromgesetz, Klima- und Energiefonds, Klimaschutzgesetz, Klimaschutzprogramme der Länder, Energieeffizienzgesetz,…).

Noch dazu wurden für 2016 einige Klimaschutzmaßnahmen aufgrund des Spargebots in Österreich empfindlich gekürzt:

Thermische Sanierung: Kürzung der Mittel von 90 Mio EUR/a auf 43 Mio EUR/a

Klima- und Energiefonds: Kürzung der Mittel von 115 Mio EUR/a auf 84 Mio EUR/a

Umweltförderung im Inland: Kürzung der Mittel um 20 Mio EUR/a
Das größte ‘Problemkind’ bei den Treibhausgasemissionen in Österreich, der Verkehr (mit +8,5 Mio tCO2), wird weiterhin nicht bzw mit untauglichen Mitteln (Zusatz von äußerst umstrittenen Additiven im Treibstoff zur Energieeinsparung!) angegangen. Ich befürchte, die Berechnung, dass Additive zu Treibstoffeinsparungen führen, kommt den VW-Berechnungen zum CO2-Ausstoß nahe…

* Österreich hat von höchster Stelle im Laufe der COP21 nun sehr ambitionierte (und in Österreich vorab nicht verlautbarte!) Ziele proklamiert. Bundeskanzler Faymann hat vorigen Montag das Ziel von 100% Erneuerbare Energien im Stromsektor bis 2030 festgesetzt. Minister Rupprechter hat das in seiner Rede vor dem Auditorium auf der Klimakonferenz bestätigt und durch die (umstrittene) Abtretung eines Teils seiner Redezeit an Arnold Schwarzenegger auch den Klimaschutz in Kommunen und Regionen medienwirksam unterbreitet. Noch überraschender war jedoch das Bekenntnis, dass Österreich den green climate funds bis 2020 mit bis zu 500 Mio EUR (!) dotieren will. Wären diese zwei Versprechungen vor der COP verlautbart worden, hätten die Umweltorganisationen und wir um einiges erleichterter zur Klimakonferenz reisen können! Was steckt nun dahinter. Es ist offensichtlich, dass die Europäische Union unter der sehr engagierten Verhandlungsführung von Frankreich (Außenminister Laurent Fabius!) die Mitgliedsstaaten aufgefordert hat, den green climate funds, der wie gestern schon erläutert wurde, ein wichtiger Knackpunkt bei den Verhandlungen ist, hoch zu dotieren. So erklären sich vielleicht die 500 Mio EUR von Österreich bis 2020. Es sollen alle klimaschutzrelevanten internationalen Mittel gemeldet werden (auch Mitgliedsbeiträge an internationale Organisationen wie Weltbank, Währungsfonds, Euratom?, Entwicklungshilfen?,…) und es wird gehofft, dass einige davon auch akzeptiert werden. Das ist auch eine Art von Strategie… . Als wirklich frische Geldmittel sollen die schon bei der letzten Klimakonferenz in Lima verlautbarten 25 Mio Dollar bis 2020 plus zusätzliche 12 Mio EUR/a (nicht Dollar, wie gestern irrtümlich berichtet)!) bereitgestellt werden. Die genaue Berechnungsmethode ist noch in Ausarbeitung…

* Ebenso überraschend und interessant ist auch das auf der COP21 verlautbarte Bekenntnis zu 100% Erneuerbare Energie bis 2030 im Stromsektor in Österreich. Die Umweltorganisationen WWF, Greenpeace und GLOBAL2000 haben vor der COP21 den Ansatz zu einer Energiestrategie in Österreich präsentiert (‘Energiezukunft Österreich’). Der Interessensverband ‘Österreichs Energie’ hat erst am 05.11.2015, wenige Wochen vor Paris, eine Strategie bis 2030 präsentiert (Strategie bis 2030), wobei der Anteil Erneuerbarer im Jahr 2030 im Stromsektor 85% betragen soll. Es ist toll, wenn die österreichische Bundesregierung bei den Klimaverhandlungen ein sehr ambitioniertes Ziel verlautbart, umso wichtiger wird aber jetzt die Umsetzung in Österreich. Begonnen werden soll mit einer (von Klimabündnis und den Umweltorganisationen schon voriges Jahr geforderten) integrierten Klima- und Energiestrategie, wobei die 100% Erneuerbaren im Stromsektor bis 2030 ein wichtiger Eckpfeiler sein werden.

* Die COP21 hat deshalb für Österreich, schon vor Beendigung, große (und teilweise vollkommen unerwartete) Versprechungen initiiert, die in den nächsten Jahren auch umgesetzt werden müssen. Wir dürfen sehr gespannt auf die darauf aufbauenden Strategien für Österreich sein und bieten gerne unsere Mitarbeit an…

GastautorIn: Peter Molnar für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /