© oekonews / Laden eines  Elektroautos
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Deutschland und seine umstrittene Ladestellenverordnung: An der Praxis vorbei!

Die Ladestellenverordnung liegt nun beim Bundesrat - Gibt es noch eine Rettungsmöglichkeit für eine Verordnung, die an der Praxis vorbeigeht?

Der deutsche Bundesrat, die Länderkammer, hat eine letzt Chance. Nachdem der an der Praxis vorbeigehende Gesetzestext im Bundeskabinett durchgewunken wurde, besteht Anfang Dezember im Bundesrat die wirklich letzte Gelegenheit, die umstrittene Ladesäulenverordnung zu retten. Der der Bundesverband Solare Mobilität (BSM), LEMnet Europe, Park&Charge und die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V (DGS) wenden sich erneut mit einem Schreiben an die Politik, um eine Korrektur des geplanten Verordnungstextes zu erreichen.

Selten hat in Sachen Elektromobilität der Bundesrat so im Fokus allgemeinen Interesses gestanden wie bei der Bundesrats-Drucksache 507/15, der Ladesäulenverordnung (LSV). Bekanntlich hat das Bundeskabinett auf Vorschlag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Oktober 2015 der Verordnung zugestimmt - unverändert. Keine der vielen Bemühungen seitens Verbänden und Unternehmen fanden Gehör, um die Verordnung inhaltlich zu ändern. Taube Ohren zeigten die Juristen im deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie trotz der vollends berechtigten Kritik an dem Entwurf.

Auch Einwände aus den EU-Mitgliedsländern und der Kommission - im Rahmen des vorgeschriebenen Notifizierungsverfahren - wurden absolut nicht berücksichtigt. Die deutschen Verbände und Organisation, LEMnet Europe e.V., der BSM und Park + Charge haben bereits im Januar und nochmals im Oktober ausführliche Kritik geäußert und darin konkret Änderungsvorschläge samt Begründungen vorgelegt. Es ist auch kein Trost, dass andere Verbände, wie der BDEW, VDA oder VKU ebenfalls keinen Einfluss nehmen konnten.

Politischer Kurzschluss beim Laden von Elektrofahrzeugen?

Die Verbände und Vereine BSM, LEMnet Europe und Park+Charge haben bei der neuerlichen Eingabe, diesmal an den Bundesrat, weitere Unterstützung bekommen: vom Fachausschuss Solare Mobilität der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (DGS) und vom TFF- Forum, dem Verein der Tesla-Fahrer und Freunde e.V. Die Verbände und Vereine kritisieren Motivation, Inhalt und Gestaltungswillen der zur Entscheidung vorgelegten Ladesäulenverordnung (LSV).

Eine Verordnung, die einer EU-Richtlinie widerspricht?

Für den BSM meint dessen Vorsitzender Thomic Ruschmeyer, "dass es eigentlich gar nicht sein darf, wenn die Ladesäulenverordnung, mit der Behauptung, die öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur zu regeln, erheblich in Bestand und Ausbau privater Aufstellorte eingreift, die rund 85% der Ladeinfrastruktur in Deutschland ausmachen." Dies widerspricht ganz klar der EU-Richtlinie 2014/94.

Eine Vollbremsung für künftige Ladeinfrastruktur?

Der TFF-FORUM- Vorsitzende Eberhard Mayer bemerkt: ‘Die jetzt vorgesehene Verordnung behindert den notwendigen Ausbau der Ladeinfrastruktur und Innovationen in der Zukunft. Die Ladestellenverordnung ist nicht zukunftsgerecht. Die zu errichtende öffentliche Ladeinfrastruktur soll mindestens dem Typ 2, Combo Charging (CCS) entsprechen, allerdings nicht andere Standards ausschließen, wie es die Vorgaben der EU-Richtlinie zu alternativen Kraftstoffen treffend formulieren.’

Diskriminierung für "private" Säulen?

Der Park+Charge-Vorsitzende Patrick Zankl merkt an: "Anders als das Bundeswirtschaftsministerium spricht die EU immer nur von 'diskriminierungsfreiem Zugang' im Zusammenhang mit 'Ad-hoc Identifizierung und Bezahlung'. Dass jetzt Private nun durch die Verordnung vorgeschrieben bekommen, dass trotz Schlüssel und Mitgliedschaft eine Park+Charge Ladesäule öffentlich ist, wenn z.B. ein Zugang über eine Straße besteht, ist einfach unglaublich."

Unnötig teure Ladeinfrastruktur für die Zukunft?

LEMnet Europe – Präsident Andreas-Michael Reinhardt bedauert die möglichen Folgen der aus den Rudern geratenen Verordnung für den dringend notwendigen Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland: ‘Private, wie Hotels, Gasthäuser, Dienstleister und Genossenschaften werden aufgrund der hohen, von der Bundesnetzagentur erstmals auferlegten administrativen Kosten aus ihrem Engagement aussteigen. Bekanntlich sind Ladesäulen wirtschaftlich keine Selbstläufer. Wird die Verordnung verabschiedet, so gefährdet sie auch das sogenannte ‘10.000’-(Lade-)Säulenprogramm, welches zwischen Bund / Länder und Industrien und Verbänden im Grundsatz mit Konsens diskutiert wird. Es sieht initiale Investments von ca. 50 Mio. € für die öffentlichen Hände und den gleichen Betrag für die Wirtschaft vor.’

Die engagierten Verbände wollen nun am kommenden Montag zusätzlich eine Online-Petition freischalten, um zu zeigen, dass die Kritik an der geplanten Ladesäulenverordnung wirklich breit ist.

jedoch im Ergebnis – entgegen der EU-Richtlinie 2014/94

Eine Kurzbefragung aus unserer Redaktion unter unzähligen Elektroautofahrern und -Fahrerinnen bei einer Veranstaltung bringt ein ganz eindeutiges Ergebnis: "Dieser Verordnungsentwurf geht vollends an der täglichen Praxis vorbei."


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /