© exploder -pixabay.com
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Öffentliche Erörterung zu geisteskranker Wunschliste

Bohunice - fataler Denkfehler bezüglich generationstauglicher Energiezukunft

Technokraten verspielen Vertrauen

Wien - Gestern fand im ALBERT SCHWEIZER Haus in Wien die öffentliche Erörterung zu einem slowakischem Vorhaben statt, an der jede und jeder teilnehmen, Fragen stellen und sich äußern konnte. An sich ein bürgerfreundliches Unterfangen, wäre der Inhalt dieser sehr amtlichen "öffentlichen Erörterung" nicht ein völlig absurder.

Einleitend ist festzuhalten, dass es nicht nur rückschrittlich, sondern im Sinne einer gedeihlichen Entwicklung vollends kontraproduktiv ist, in der heutigen Zeit und Lage auf einen Ausbau von Kernenergie zu setzen. Belastung und Gefährdung von Mensch und Umwelt, Errichtungs- und Betriebskosten, Rohstoffbeschaffung, Endlagerproblematik sind so verheerende Faktoren, dass es an Unzurechnungsfähigkeit grenzt - noch dazu bei den aktuellen Gestehungskosten - so eine HOCHRISIKO-Technologie zur Energieerzeugung überhaupt heute noch in Erwägung zu ziehen.

Aber offenbar ticken die Uhren bei unseren slowakischen Nachbarn anders, eine verkrustete Technokratie träumt gemeinsam mit einer einzementierten Atomlobby, die sich krampfhaft zukünftige "Existenzberechtigung" schaffen will, von der Errichtung einer "neuen Kernanlage" am Standort Jaslovske Bohunice rund 54 km Luftlinie von der niederösterreichischen Landesgrenze entfernt.Dort befindet sich das Atomkraftwerk Bohunice an dessen Standort zwei Reaktoren russischer Bauart in Betrieb (Bohunice V-2) sind und drei weitere bereits abgeschalte Reaktoren sich im Abbau befinden. Nun soll am Areal des bestehenden Kernkraftwerkes ein zusättzlicher Reaktorblock (Druckwasserreaktor [PWR] der Generation III+) mit einer Kapazität von bis zu 1.700 MW und einer Laufzeit von 60 Jahren errichtet werden.

Der Baubeginn ist für 2021, die Inbetriebnahme für 2029 geplant. Projektwerberin ist die Gesellschaft ‘Jadrova9; Energetiḱ Spoletǒtost‘, a.s. kurz : JESS.

Im Zuge des grenzüberschreitenden Verfahrens gemäß der Spooler-Konvention und der UVP-RL hat das slowakische Umweltministerium der Republik ÖÖsterreich den Umweltverträglichkeitsbericht über das Vorhaben üübermittelt. Dieser wurde in Österreich kundgemacht und zur öffentlichen Einsichtnahme bei den Ämtern der Landesregierungen aufgelegt. Weiters gliedert sich in das bilaterale Procedere eine freiwillige "öffentliche Anhörung", die auch protokolliert wird, an.


Eben dieses ritualartige Zusammentreffen von einer Riege von Protagonisten des Betreibers am Podium und kritischen Stimmen im "Publikum" (in der Hauptsache Vertreter von NGO´s), die ihre mehr als berechtigten Einwände und Befürchtungen ein- und vorbringen, spielte sich in betont sachlicher Atmosphäre auf Einladung der Anti-Atom Koordination Niederösterreich ab. Den slowakischen Gästen am Podium muss angerechnet werden, dass sie so einer Einladung freiwillig Folge leisten, andererseits bietet sich ihnen ein offizieller Rahmen zur Propagierung ihres - in den Augen des Verfassers - desaströsen Projektes. Am Podium, neben dem einfühlsamen Moderator und Organisator der Veranstaltung David Reinsberger von der Wiener Umwelt Anwaltschaft, eine slowakische Riege des Projektbetreibers JESS, lauter Ingenieure, nicht eine Quotenfrau, in der Mitte der Chef der Delegation, vierschrötig, grimmiger Blick, irgendwie brutale Ausstrahlung. Nach einer kurzen Begrüßung seitens des NÖ Anti-Atom-Koordinators gab es für die etwa 60 Teilnehmer eine
Kurzpräsentation des Projektes durch den Delegationsleiter. Folien in slowakisch. Die mitunter etwas holprige Simultanübersetzung brachte die bemerkenswerte Formulierung "ein Reaktor, den man nur projektieren wird" hervor. Übersetzungsfehler oder nicht - im Lichte des inoffiziel kolportierten Umstandes, dass die Slowakei bis dato keine Finanzierung für das Projekt hat, ein schlechtes Omen für die Betreiber.
Es folgten von den einzelnen Fachleuten Statements bezüglich Sicherheit, etc, etc..

Elegant zusammengefasst von Emmerich Seidelberger vom Institut für Sicherheit und Risikowissenschaft der BOKU Wien als "Wunschliste" an die Industrie, da nach Stand der Technik keine der angesprochenen Vorkehrungen der angeblich bestzugänglichen Technologie als ernsthafte Referenz tauglich sind.

Da bis dato keine Lieferanten feststehen, bewegen sich die Aussagen im Bereich hypothetischer Annahmen und sind dementsprechend unbefriedigend. Eine engagierte Wortmeldung kam vom Umweltgemeinderat der Gemeinde Hinterbrühl, der darauf hinwies, dass NÖ seit kurzem seinen Strombedarf zu 100% aus Erneuerbaren Quellen abdeckt, Atom sicherlich keine Zukunft hat und folgerichtig empfahl, sich nach besseren Ressourcen umzusehen.

Triftige Einwände bezüglich des UVP-Verfahrens wurden von GLOBAL 2000 vorgerbracht, die immer erfrischend streitbaren Damen von der Wiener Plattform Atomkraftfrei machten unmißverständlich ihre begründete ablehnende Haltung deutlich.

Es könnte noch weiter detailiert von den angesprochenen Inhaltspunkten berichtet werden, wäre aber einigermaßen müßig, da auf kritische Vorhaltungen seitens der Betreiber immer mit unbewiesenen und unnachvollziehbaren Annahmen und Zukunftsprojektionen reagiert wurde.

Sehr bedauerlich, dass in der Slovakei kein besserer Wind für die ERNEUERBAREN weht. Gedankenlos, was die Wohlfahrt künftiger Generationen betrifft, wird krampfhaft anachronistische HOCHRISIKO-Technologie zur Versorgung unverbesserlicher Technokraten favorisiert und viel zu wenig hinterfragt.

Es bleibt zu hoffen, dass die einigermaßen kafkaeske Veranstaltung ein weiterer Schritt hin zu Einsicht und Verständnis für eine erspriesliche gemeinsame europäische Energiezukunft, war.


Der Umweltverträglichkeitserklärung samt zwei Beilagen in englischer, deutscher und slowakischer Fassung ist abrufbar unter: www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/uvpsup/espooverfahren/espoo_slowakei/uvp_kkw_bohun ice2014/uve_kkw_eboneu

sowie auf der Homepage der Nö Landesregierung (inkl. weitere Unterlagen)

daniel hackenberg für OEKONEWS


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