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VW-Skandal hat auch massive Auswirkungen auf Autobahnprojekte

Immissionsermittlungen bei Straßen-UVP's haben nur noch Schrottwert

Wien - Seit September sorgt der VW-Skandal für Aufsehen. Die Umweltorganisation VIRUS lässt nun mit bislang unbeachteten Auswirkungen manipulierter Abgaswerte aufhorchen. Sprecher Wolfgang Rehm: "Wegen der massiven Abweichungen der realen Fahrzeugemissionen von den theoretisch angenommenen Bedingungen sind die Immissionberechnungen für Luftschadstoffe bei Straßen-UVP's reif für den Papierkorb".

UVP-Intervention bei Marchfeldschnellstraße und Lobauautobahn:

Die in zahlreichen UVP-Verfahren beteiligte Umweltorganisation hat aktuell für die S8 Marchfeldschnellstraße ein Gutachten eingebracht, das dieses Genehmigungshindernis aufzeigt. "Betroffen sind aber alle Autobahnvorhaben, die sich in der Umweltverträglichkeitsprüfung befinden, darunter auch die S1- "Lobauautobahn" hier werden wir den Sachverhalt dem derzeit prüfenden Bundesverwaltungsgericht vertieft zur Kenntnis bringen", so Rehm.

Schon im Jahr 2014 habe eine Studie des ICCT (The International Council on Clean Transportation) gezeigt, dass beim Schadstoffausstoß von Kraftfahrzeugen beträchtliche Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis klaffen. "Wir haben dies bereits im erstinstanzlichen S1-Lobau Verfahren thematisiert, und stießen dort auf taube Ohren, nach dem nun passierten Dammbruch durch Manipulationen und Überschreitung der Vorgaben für die Stickoxid-Emissionswerte um das bis zu 25-fache lässt sich die Mauer des Verschweigens nicht länger aufrechterhalten", so Rehm. Darüber hinaus sei im von VW ins Rollen gebrachten Skandal bisher nur die Spitze des Eisberges sichtbar.

Erfassung realer Emissionen auch in UVP dringend geboten:

"Unser aktuelles, beim Ingenieurbüro Dr. Vrtala für die S8 beauftragte Gutachten zeigt gleich mehrere Problembereiche des Vorhabens auf und nimmt unter anderem den Luftschadstoffimmissionsberechnungen der Asfinag jede Grundlage und Aussagekraft", erläutert Rehm und führt weiter aus: "Dazu muss man wissen, dass in Umweltverträglichkeitsprüfungen auf Basis der Verkehrsprognosen Immissionswerte für die Zukunft abgeschätzt werden müssen. Dies geschah bisher mit dem so genannten Handbuch für Emissionsfaktoren - HBEFA". Im Gutachten heißt es dazu. "Die HBEFA spiegelt die (erwarteten) Verbesserungen der Technik, sowie die zu erwartende Flottenzusammensetzung wider. In der Extrapolation der heutigen Emissionsfaktoren sind z.B. Annahmen über Verbesserungen der Motortechnik, z.B. über Partikelfilter in Kraftfahrzeugen enthalten, die zu den erwarteten Reduktionen führen" und weiters: "Diese Emissionen basieren auf Hochrechnungen für die Zukunft, basierend auf Testzyklusmessungen und entsprechen nicht realen Messungen". Gemeint sind hier, wie Rehm betont, die so genannten "real drive emissions". Das Gutachten konstatiert weiters: "Überprüfungen der HBEFA anhand realen Verkehrs mittels portabler Messsysteme und gleichzeitiger Aufzeichnungen des Betriebszustandes sowie integraler Auswertung der solcherart gewonnenen Ergebnisse sind nicht dokumentiert – im Gegenteil, der VW Skandal und die ICCT Studien zeigen, dass wir von einer Erfassung der realen Emissionen mittels EURO Standards und des HBEFA weit entfernt sind".

Flottenverbrauch sinkt langsamer, alle Projekte betroffen:

Für Wolfgang Rehm ist der Schluss klar. "Bisher hat man uns weiszumachen versucht, dass zwar der Verkehr steigen, aber immer mehr Fahrzeuge immer umweltfreundlicher werden würden. Daher wäre das jeweilige Autobahnbauvorhaben vertretbar und würden auch in den luftschadstoffmäßig vorbelasteten Gebieten die Grenzwerte eingehalten werden. Dieses Kartenhaus ist jetzt in sich zusammengestürzt", kritisiert Rehm und veranschaulicht dies an einem einfachen Exempel:
"Das ICCT hat getestet, dass allein die durchschnittlichen realen Stickoxid-Emissionen um einen Faktor 7 höher sind als die Vorgaben, das bedeutet statt der 80mg/km bei Euro 6 Fahrzeugen bin ich jenseits der 500mg/km, die von der uralten Euro 3 Norm vorgeschrieben sind, bei derartig großen Diskrepanzen gerät jede Immissionsprognose aus den Fugen", rechnet Rehm vor. Zwingende Konsequenz aus dem aktuell zu verzeichnenden Rückschlag sei, dass die Reduktion der Flottenemissionen deutlich langsamer erfolgen werde als bisher angenommen. Deshalb sei es unumgänglich, auch die in der Umweltverträglichkeitsprüfung befindlichen Autobahnprojekte anzupassen. "Dies betrifft praktisch alle Vorhaben, in der ersten Instanz sind dies S8 Marchfeldschnellstraße, A5, S3, S34 und S1 Spange Flugfeld und in der zweiten Instanz S1 Lobauautobahn, A26 und S7, die Genehmigungsfähigkeit ist ernsthaft in Frage gestellt", so Rehm.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /