©  Isa Lange / Uni Hildesheim
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Elektroauto: Deutsche Förderung nach dem Gutsherrenprinzip?

Ein bayerischer Bundesverkehrsminister lässt Schnellladesäulen bauen und denkt dabei vor allem an Bayern.

Nach den Lippenbekenntnissen der Politik befindet sich Deutschland bereits mitten in der Mobilitätswende hin zur Elektromobilität. Doch die administrativen Maßnahmen um die Elektromobilität wirken bei genauer Betrachtung eher stümperhaft bis kontraproduktiv.

Ein Elektromobilitätsgesetz, dass Privilegien für Elektrofahrzeuge möglich macht, aber von einem Großteil der Kommunen nicht umgesetzt wird. Oder eine Ladesäulenverordnung die letztendlich ein Investitionshindernis ist und unnötige bürokratische Hürden aufbaut.

Nun hat die deutsche Bundesregierung angekündigt, gemeinsam mit Tank & Rast flächendeckend Schnellladeinfrastruktur aufzubauen - Eine Entscheidung der deutschen Bundesregierung, die begrüßenswert ist.

Der von Tank und Rast veröffentlichte Ausbauplan zeigt nun, dass der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Alexander Dobrindt vor allem an seine bayerische Heimat denkt. Der Ausbauplan lässt zudem abseits der übermäßigen Bevorzugung des Freistaates keinen Plan erkennen. So ist für Baden-Württemberg – wo ein Fünftel aller Elektrofahrzeuge zugelassen sind – gerade mal eine Ladesäule vorgesehen. Wichtige Verkehrsachsen wie die A5 von Frankfurt nach Basel oder die A7 zwischen Flensburg und dem Rhein-Main-Gebiet sind gar nicht berücksichtigt.

‘Es kann nicht sein, dass der Bundesverkehrsminister sein Heimatland derart bevorzugt. Eine Fahrt mit dem Elektroauto von Stuttgart nach Frankfurt, von Köln nach Bremen oder von Hamburg nach Berlin aber bis auf weiteres unmöglich bleibt. So langsam haben wir den Eindruck, dass man absichtlich der Elektromobilität immer weitere Steine in den Weg legt und das Ganze dann als Fördermaßnahme verkauft’, so Jana Höffner, Sprecherin und zweite Vorsitzende von Electrify-BW e.V.

Außerhalb Bayerns werden zudem größtenteils nur Ladestationen in eine Fahrtrichtung gebaut. Das Reisen mit Elektrofahrzeugen ist so nur theoretisch möglich. Man kommt zwar an sein Ziel, aber mangels Ladestation in der Gegenrichtung, nicht mehr heim.

Die Bundesregierung erweist damit der Elektromobilität den nächsten Bärendienst.

Electrify-BW e.V. fordert daher gemeinsam mit dem Bundesverband Solare Mobilität (BSM) und dem Bundesverband eMobilität (BEM), dass sich die Planung der Schnellladeinfrastruktur am realen Bedarf und nicht an egoistischen politischen Interessen orientiert:

* Die Schnellladesäulen müssen von Anfang an so platziert werden, dass sie der tatsächlichen Verteilung der zugelassenen Elektroautos entsprechen.
* Die Schnellladesäulen müssen aus beiden Fahrtrichtungen nutzbar sein.
* Die Planung sollte sich zunächst darauf konzentrieren Ballungsgebiete und Metropolregionen mit einander zu verbinden.

‘Eine kontraproduktive Vorgehensweise, die einmal mehr die Willkür der Verantwortlichen im Verkehrsministerium aufzeigt’, stellt Kurt Sigl, Vorsitzender des BEM fest. ‘So bleibt die Baustelle Elektromobilität uns in Deutschland noch lange erhalten. Zumindest so lange, bis andere, fortschrittlichere Länder uns vollständig abgehängt haben. Wir müssen endlich anfangen das Thema eMobilität sinnvoll nach vorne zu bringen und sollten daher in Zukunft nur noch mit denen zusammenarbeiten, die das auch wirklich wollen.’

Der Vorsitzende des BSM, Thomic Ruschmeyer ergänzt: ‘Der Aufbau einer Schnellladeinfrastruktur ist für einen erfolgreichen Markthochlauf gemäß der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) dringend erforderlich und ermöglicht damit eine im wahrsten Sinne des Wortes große Verbreiterung der Elektromobilität. Hierbei ist eine bedarfsgerechte Verteilung notwendig, um eine elektrische Verbindung der Metropolen zu gewährleisten. Um Energie- und Verkehrswende gemeinsam umzusetzen, ist auch eine Sicherstellung von erneuerbaren Strom zwingend geboten und kann nicht den jeweiligen Tank & Rast-Betreibern überlassen werden.’


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /