© IG Windkraft
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E-Control und FEEI: Mehr Intelligenz für die Energieversorgung

Stromversorgung wandelt sich, Stromnetze müssen intelligent werden - Struktur der Stromnetzentgelte muss sich Veränderungen anpassen - Meilensteine für Smart Grids in Österreich

Die Elektrizitätsversorgung befindet sich im Wandel. Weil immer mehr Strom aus erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind produziert wird, müssen die Stromnetze entsprechend angepasst werden. "Derzeit ist die Stromversorgung hauptsächlich eine Einbahnstraße", sagte Martin Graf, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, auf einem Pressegespräch gemeinsam mit dem FEEI - Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie. Der Strom wird überwiegend in zentralen Großkraftwerken produziert und gelangt von dort wie auf einer Einbahn zu den Haushalten und Unternehmen. "Auf der Straße herrscht nun aber zunehmend Gegenverkehr", betonte Graf. Denn Verbraucher werden immer öfter selbst zu Stromproduzenten, zu sogenannten "Prosumern". Das sind Haushalte, die nicht nur Strom verbrauchen, sondern auch selbst Strom etwa mit der eigenen Photovoltaikanlage im Garten erzeugen und in das Netz einspeisen. "Die Stromversorgung wird dezentraler, vielfältiger und flexibler. Es ist immer mehr Strom in die andere Richtung unterwegs. Dies erfordert vor allem im Mittel- und Niederspannungsbereich eine aktivere und dynamischere Steuerung auf Basis der Kommunikationstechnologien", erklärte Brigitte Ederer, Obfrau FEEI. "Die technologische Lösung für den grundlegenden Umbau der Energieversorgung, von einer zentral gesteuerten hin zu einer dezentralen Steuerung, sind die Smart Grids, die intelligenten Stromnetze. Sie erweitern das bestehende Stromnetz mit intelligenten Netzkomponenten, die den gegenseitigen Datenaustausch auf Basis der Kommunikationstechnologien ermöglichen", so Ederer weiter.

Struktur der Stromnetzentgelte an Herausforderungen der Zukunft anpassen

Die veränderte Energiewelt erfordert auch neue Rahmenbedingungen. "Die Struktur der Stromnetzentgelte muss an die Herausforderungen der Zukunft angepasst werden", so Graf. Die Stromnetzkosten machen für einen Haushalt rund ein Drittel der gesamten Stromrechnung aus und gehen an den Netzbetreiber, der unter anderem für Betrieb und Instandhaltung des Stromnetzes verantwortlich ist. Die Höhe der zu bezahlenden Netzkosten hängt überwiegend vom jeweiligen Stromverbrauch ab - wer weniger Strom verbraucht, zahlt auch weniger Netzkosten. Rund 80 Prozent der Netzentgelte für Haushaltskunden sind je verbrauchter Kilowattstunden zu bezahlen, der Rest wird über eine fixe Pauschale abgedeckt. Haushalte, die selbst Strom produzieren, sparen sich einen Großteil der Netzkosten. "Das wirft Probleme auf", sagte Graf. "Denn die Kosten für das Stromnetz bleiben grosso modo dieselben. Wenn aber immer mehr Hausbesitzer mit Photovoltaikanlagen keine Netzgebühren mehr bezahlen, müssen die anderen Stromkunden für die entstehende Kostenlücke einspringen und selbst tiefer in die Tasche greifen", erläuterte Graf die Auswirkungen des derzeitigen Tarifsystems. Bis Jahresende will daher der Regulator mit der E-Wirtschaft, mit Sozialpartnern und anderen interessierten Gruppen diskutieren, wie die künftige Struktur der Stromnetzentgelte aussehen könnte.

Neben Investitionen in smarte Technologien sind auch zukünftig Investitionen in klassische Netzelemente nötig. "Das Rückgrat der Stromnetze wird weiter aus Kupfer, Eisen und Aluminium bestehen. Es braucht weiter Stromkabel und Trafostationen - auch in einer smarten Energiewelt", betonte Martin Graf. Smarte Technologien sorgen vor allem dafür, dass die Netze effizienter und besser miteinander vernetzt sind.

Smart-Grids-Technologien aus Österreich: Entwicklung eines Leitmarktes

Österreich befindet sich in der Entwicklung von Smart-Grids-Technologien in einer Vorreiterrolle. Die österreichischen Forschungsschwerpunkte befassen sich zum Beispiel mit der intelligenten Netzintegration von Kunden, Gebäuden, kleinen PV-Anlagen, Elektroautos und der Integration von Kleinwasserkraftwerken. Die Modellregion Salzburg wurde 2013 sogar in der European Electricity Grid Initiative mit dem Core-Label ausgezeichnet, wodurch sie als europäisches Vorzeigeprojekt anerkannt wurde. Die unterschiedlichen Themen zeigen das breite Spektrum von Smart-Grids-Technologien auf. "Ein Patentrezept gibt es nicht, weil sich die Anforderungen und Voraussetzungen in unterschiedlichen Gebieten stark unterscheiden. Die Einführung von Smart Grids wird deshalb einigen Engineering-Aufwand benötigen, um die im Einzelfall jeweils beste Lösung zu finden. Dafür muss man die Komponenten und ihr Zusammenspiel als System kennen. Österreichische Unternehmen haben im Bereich der Systemkomponenten viel geforscht und entwickelt. Hier verfügt Österreich über eine sehr hohe Kompetenz", erklärte Ederer. Die Realisierung einer intelligenten Energieinfrastruktur wird einen hohen Investitionsbedarf, aber auch ein großes Wachstumspotenzial für den Wirtschaftsstandort mit sich bringen. "Die Investitionen müssen so gestaltet werden, dass die Wertschöpfung im Inland steigt, Arbeitsplätze gesichert und heimische Unternehmen im internationalen Wettbewerb gestärkt werden", so Ederer. Wenn Österreich es schafft, durchgängige integrierte Smart-Grids-Lösungen zu implementieren, kann sich Österreich als Leitmarkt für Smart Grids positionieren. Dieser dient den österreichischen Unternehmen als international sichtbare Referenz für ihre erworbene Systemkompetenz.

Meilensteine für die Umsetzung von Smart Grids in Österreich

Die Technologieplattform Smart Grids Austria hat im Rahmen des Strategieprozesses Smart Grids 2.0 im Auftrag des bmvit letztes Jahr die Technologieroadmap Smart Grids Austria ausgearbeitet. Die Meilensteine für die Umsetzung in Österreich betreffen die weitere Technologieentwicklung, regulatorische und legistische Maßnahmen, großflächige Smart-Grids-Projekte und die Implementierungsphase. Nun müssen, basierend auf den bisherigen Einzelprojekterfahrungen, die Anforderungen an technische und organisatorische Rahmenbedingungen und die unterschiedlichen möglichen Rollen und Verantwortlichkeiten in breit anwendbaren Smart-Grid-Lösungen definiert werden. "Es sind nun alle relevanten Akteure - sowohl öffentliche Stellen, Netzbetreiber, Technologieanbieter als auch Forschungseinrichtungen gefordert, an der Realisierung von Smart Grids zu arbeiten", so Ederer abschließend.

Die aktuelle Technologieroadmap der Smart Grids Austria zum Download: www.smartgrids.at/roadmap


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /