© Houdek / PID - ebswien-Generaldirektor Christian Gantner, Umweltstadträtin Ulli Sima, Bürgermeister Michael Häupl und Bezirksvorsteherin Eva-Maria Hatzl
© Houdek / PID - ebswien-Generaldirektor Christian Gantner, Umweltstadträtin Ulli Sima, Bürgermeister Michael Häupl und Bezirksvorsteherin Eva-Maria Hatzl

Wien: Die Kläranlage wird zum Öko-Kraftwerk

Grundsteinlegung für Wiens größtes Umweltprojekt - ebswien hauptkläranlage versorgt sich ab 2020 selbst mit erneuerbarer Energie

Wien - "Wien setzt mit diesem Projekt neue Maßstäbe, die schon jetzt international Vorbildwirkung haben", freute sich Wiens Bürgermeister Michael Häupl am Montag anlässlich der Grundsteinlegung für das Projekt E_OS - Energie_Optimierung Schlammbehandlung auf dem Gelände der städtischen Hauptkläranlage in Wien-Simmering.

Kläranlagen gehören stets zu den größten kommunalen Energieverbrauchern, die Wiener Hauptkläranlage benötigt zur Reinigung der gesamten in Wien anfallenden Abwässer knapp ein Prozent des Wiener Gesamtstromverbrauchs. Durch die effiziente Nutzung der im Klärschlamm enthaltenen Energie kann die ebswien in der Hauptkläranlage ab dem Jahr 2020 die gesamte zur Abwasserreinigung benötigte Energie selbst aus dem erneuerbaren Energieträger Klärgas erzeugen. Umweltstadträtin Ulli Sima: "Die Hauptkläranlage wird mit E_OS zum Öko-Kraftwerk. Davon profitiert auch die Wiener Klimabilanz erheblich: Der Ausstoß von CO2-Äquivalenten sinkt ab 2020 um rund 40.000 Tonnen pro Jahr." Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Indexsteigerungen werden sich die Gesamtkosten für das Projekt E_OS auf rund 250 Millionen Euro belaufen. Sima: "Wien investiert in die Umwelt, gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten."

Gute Ideen für mehr grüne Energie

"Bei Schlammfaulungsanlagen standen bisher vor allem die Stabilisierung und Reduktion des Klärschlamms, der als ,Reststoff‘ bei der Abwasserreinigung anfällt, im Mittelpunkt des Interesses", erläuterte ebswien-Generaldirektor Christian Gantner, "die gewonnene Energie war dabei nur ein angenehmer Nebeneffekt. Bei E_OS stand dagegen die größtmögliche Energieausbeute von Anfang an im Vordergrund." So entwickelte die ebswien hauptkläranlage gemeinsam mit dem Institut für Gewässergüte der Technischen Universität Wien ein innovatives Verfahren. Bevor der Schlamm in die Faulbehälter gelangt, muss ihm Wasser entzogen werden. Je "dicker" der Schlamm dabei ist, desto besser für die Energiebilanz. Der Schlamm muss für die Faulung nämlich einschließlich des enthaltenen Wassers erwärmt werden. Ein geringerer Wasseranteil spart dabei Energie. Zu "dick" darf der Schlamm aber auch nicht werden, da er sonst nicht mehr gepumpt werden könnte. Gantner: "Umfangreiche Versuche haben unsere Annahmen eindrucksvoll bestätigt, wir können die neuen Faulbehälter mit einem doppelt so hohen Feststoffgehalt wie üblich betreiben. Gute Ideen bringen also mehr Energie!"

Wie die neue Schlammbehandlungsanlage funktioniert

Im Klärschlamm sind die bei der Abwasserreinigung entfernten Schmutzstoffe gebunden, pro Jahr fallen in Wien rund zwei Millionen Kubikmeter davon an. Das sichtbarste Zeichen der neuen Schlammbehandlungsanlage sind die sechs jeweils 30 Meter hohen Faulbehälter mit einem Gesamtvolumen von 75.000 Kubikmeter. Dorthin gelangt der "voreingedickte" und auf 38 Grad Celsius erwärmte Schlamm. Unter Luftabschluss bauen Bakterien die organischen Inhaltsstoffe des Klärschlamms ab. Während des 25 Tage dauernden Faulungsprozesses - der "anaeroben Stabilisierung" - entsteht Klärgas, das zu zwei Drittel aus dem energiereichen Methan (CH4)besteht. Davon fallen 20 Millionen Kubikmeter pro Jahr an! Der ausgefaulte Schlamm wird aus den Faulbehältern abgezogen und verbrannt. Das Klärgas hingegen gelangt über Filteranlagen von den Gasbehältern in Blockheizkraftwerke, wo es in Gasmotoren verbrannt wird. Dabei entsteht nicht nur mechanische Energie, die mittels Generatoren in elektrischen Strom umgewandelt wird, sondern auch Wärme, die für Heizung und Warmwasserbereitung verwendet werden kann. Dadurch bringen es die Blockheizkraftwerke auf einen hohen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 80 Prozent.



Seit 1980 stehen sie im Dauerbetrieb: Die Becken der Vorklärung und der 1. Biologischen Reinigungsstufe haben das Ende ihres Lebenszyklus erreicht. Die nötige Reinvestition in diese "Ur"-Anlage bringt auch in diesem Teil der Hautkläranlage mehr Energieeffizienz, steigert die Ausfallssicherheit und senkt die Instandhaltungskosten. Das Volumen der Becken im 10 Hektar großen Baufeld wird im Rahmen von E_OS um 50 Prozent vergrößert. Da die Belebungs- und Zwischenklärbecken aber in Zukunft deutlich höher sein werden, kommen sie mit einer wesentlich kleineren Grundfläche aus. Der dadurch frei werdende Platz kann für die neue Schlammbehandlungsanlage - und damit für den Klimaschutz - genutzt werden.

Garantierte Abwasserreinigung während der Bauzeit

Nach erfolgreich abgeschlossenem UVP-Verfahren und europaweiten Ausschreibungs¬verfahren starten nun die Bauarbeiten. Die Umsetzung des Projektes E_OS stellt eine logistische Herausforderung dar. Sie erfolgt bei laufendem Betrieb der Hauptkläranlage. Die Qualität der Abwasserreinigung in Wien ist dabei zu jedem Zeitpunkt gesichert. Daraus ergibt sich die Bauzeit von mehr als fünf Jahren.

Projektverlauf E_OS

o 2010 Auftrag an die ebswien hauptkläranlage zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie
o 2011 ebswien legt positive Machbarkeitsstudie vor
o 2012 Ausführung des Projekts E_OS wird einstimmig im Wiener Gemeinderat beschlossen
o 2013 Umweltverträglichkeitsprüfung
o 2014 Positiver UVP-Bescheid; europaweite Ausschreibungsverfahren
o 2015 Grundsteinlegung und Baubeginn
o 2020 Inbetriebnahme
Wir klären alles - ab 2020 mit Ökostrom aus eigener Produktion

Seit 1980 reinigt die Hauptkläranlage in Simmering das gesamte Abwasser der Wienerinnen und Wiener, mehr als 6.300 Liter Abwasser gelangen pro Sekunde in die Anlage. In 20 Stunden durchläuft das Abwasser eine mechanische und zwei biologische Reinigungsstufen, in denen sich die 169 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ebswien hauptkläranlage die Natur zum Vorbild nehmen. Mehr als 100.000 Kilogramm Schmutzstoffe werden dem Abwasser Tag für Tag entzogen. Über den Donaukanal fließt das gereinigte Abwasser in die Donau, ohne deren Wasserqualität zu beeinträchtigen. Wir klären also alles und sorgen dafür, dass die Donau blau bleibt. Ab 2020 zur Gänze mit Ökostrom aus eigener Produktion.


Weitere Informationen zum Projekt E_OS:

www.ebswien.at/e_os


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /