© CLaudia Gannon/ Bautätigkeit in London
© CLaudia Gannon/ Bautätigkeit in London

Ökologisches Gebäude-Know-How aus Niederösterreich für London

London als Chance für heimischen Export: Niederösterreich-Wirtschaftsdelegation besuchte die britische Metropole

‘Architektur & Bauwirtschaft im Vereinigten Königreich – Markt, Trends & Ideenaustausch’, das war der Titel der Marktsondierungsreise, die von Wirtschaftslandesrätin Dr.in Petra Bohuslav in Kooperation mit dem AußenwirtschaftsCenter London, mit ecoplus International und der Wirtschaftskammer Anfang März unternommen wurde. Der Fokus des Besuchsprogramms richtete sich dabei auf die Baudynamik der Londoner City. Begleitet wurde die niederösterreichische Wirtschaftsdelegation von heimischen Unternehmen, die die zahlreichen Termine in London für konstruktive Gespräche und Geschäftsanbahnungen nutzten, um ihre Exportchancen am britischen Markt zu erhöhen.


‘In unserer Wirtschaftsstrategie 2020 haben wir einen klaren Fahrplan für die kommenden Jahre festgelegt und vier Kernstrategien entwickelt. Eine davon betrifft die Internationalisierungsaktivitäten, wobei wir Unternehmen in ihrem Exportbestreben umfassend unterstützen werden’, erklärt Wirtschaftslandesrätin Dr.in Petra Bohuslav. ‘Deshalb ist es wichtig Impulse zu setzen und die Position Niederösterreichs als unternehmerfreundliches Bundesland zu festigen, damit wir der Wachstumsmotor in Ostösterreich bleiben, weiterhin hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen und unseren attraktiven Wirtschaftsstandort ausbauen.’

Über 40 % des NÖ Bruttoregionalprodukts werden durch Warenexport generiert, daher zählt Internationalisierung zu den wesentlichen Säulen für das Wirtschaftswachstum in Niederösterreich. Studien zufolge sichert jede Milliarde Exportumsatz über 11.000 Arbeitsplätze und eine regionale Wertschöpfung von 260 Mio. Euro, woraus sich die Wichtigkeit zur Stärkung der Exportwirtschaft ableitet. Durch die Fokussierung Niederösterreichs auf die Märkte in den mittel- und osteuropäischen Ländern in den letzten Jahren fiel das Wachstum stärker aus, als es ohne die EU-Ost-Erweiterung der Fall gewesen wäre. So konnte 2013 erstmals mit 20,8 Mrd. Euro und einem Pl­­­us von 5,7 Prozent die 20 Mrd.-Grenze im Export überschritten werden.

Um diese Dynamik weiter fortzusetzen und auch vor dem Hintergrund der sich ändernden weltpolitischen Entwicklungen, wurde die Erschließung neuer Märkte als wesentliche Stoßrichtung in die Wirtschaftsstrategie festgeschrieben. Nachdem die CEE-Märkte von den niederösterreichischen Unternehmen bisher sehr erfolgreich bearbeitet wurden (derzeit gehen rund 25 Prozent der niederösterreichischen Exporte in die EU-Erweiterungsländer), liegt der Fokus der nächsten Jahre verstärkt auch auf neuen Wachstumsmärkten.

Erst letzten Dezember präsentierte Wirtschaftslandesrätin Dr.in Petra Bohuslav mit Großbritannien und den USA zwei neue Zielmärkte, wobei Dr. Christian Helmenstein vom Economica Institut für Wirtschaftsforschung das geplante Ansinnen ‘stay east and go (far) west’ in seinen Analysen untermauerte. LR Dr.in Bohuslav: ‘Ein Blick auf die niederösterreichische Exportstatistik zeigt, dass bei Großbritannien durchaus noch Aufholbedarf besteht. Großbritannien liegt nicht unter den TOP 10, sondern mit 480 Mio. Euro auf Platz 12 (2013) der niederösterreichischen Exportstatistik.’ – Auch deshalb stand nun eine gemeinsame Delegationsreise von Land Niederösterreich, ecoplus International und Wirtschaftskammer Niederösterreich in den ersten Märztagen nach London am Programm. ‘Innerhalb der nächsten drei Jahre sollte Großbritannien jedenfalls unter die Top10 der niederösterreichischen Exportmärkte kommen’, betont die Landesrätin.

Die Signale, die der britische Markt an die heimische Exportwirtschaft sendet, sind vielversprechend. Im Jahr 2014 konnte Großbritannien ein BIP-Wachstum von 2,6 Prozent vorweisen, wobei für das laufende Jahr ein Wachstum von 2,7 Prozent prognostiziert wird. Zudem erwartet der britische Baustoffverband CPA für die nächsten fünf Jahre ein Branchenwachstum von 22,2 Prozent. Augenblicklich entstehen in London-Battersea und London-Earls Court für jeweils rund acht Milliarden Pfund (rund zehn Mrd. Euro) neue Stadtteile. Im Stadtteil Canary Wharf betragen die Kosten für die Crossrail-Station rund 600 Millionen Euro. Künftig sind noch eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von London nach Birmingham in der Pipeline oder der Bau eines 25 km langen Abwasserkanals, dem ‘Thames Tideway Tunnel’, der von Westlondon bis Abbey Mills in Ostlondon führen soll.

Das kräftige Wachstum in Großbritannien beruht aber auch auf der deutlich stärkeren privaten Nachfrage. So erhalten Privatpersonen beim Kauf von Eigentum staatliche Unterstützungen und es gibt auch ein Förderprogramm mit dem Namen ‘Green Deal’. Alte Wohnungen sollen energie-effizienter gemacht werden und ab dem Jahr 2016 müssen neue Wohnungen auch CO2-neutral sein. Für das Jahr 2015 erwarten Experten deshalb ein Plus von zehn Prozent am Wohnungsbau und Häusermarkt im Vergleich zum letzten Jahr. Im Bürogebäude- und Infrastrukturbau werden acht Prozent bzw. sieben Prozent Steigerung prognostiziert, obwohl bereits im Jahr 2014 in allen drei Segmenten Zuwachsraten im zweistelligen Prozentbereich erzielt werden konnten.

‘Wir sehen gute Chancen für unsere Unternehmen im Bereich energieeffizientes Bauen und Urban Technologies, Umwelt- und Energietechnik. Das sind Stärkefelder der niederösterreichischen Wirtschaft und dieses Potenzial gilt es während dieser Besuchsreise auszuloten’, erklärt ecoplus Geschäftsführer Mag. Helmut Miernicki. ‘Erste Exporterfahrungen in das Vereinigte Königreich könnten durchaus Sprungbrett für die weitere Expansion in die USA sein. Beide Märkte haben eine ähnliche Geschäftskultur und eine Let’s-do-Mentalität. Aus Umfragen wissen wir, dass viele niederösterreichische Betriebe im angelsächsischen Raum ihr Wachstumspotenzial orten’, erkennt auch Franz Kirnbauer, Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Niederösterreich durchaus Chancen in den westlichen Wirtschaftsmärkten.

Neben dem Zusammentreffen mit Branchenvertretern standen auch Besuche in der Österreichischen Botschaft und bei der ‚Innovate UK‘, der obersten Technologiestelle Großbritanniens, am zweitägigen Arbeitsprogramm. Bei allen Gesprächen bekannten sich die Teilnehmer zu einer stärkeren Zusammenarbeit mit Niederösterreich und den niederösterreichischen Unternehmen.

Außerdem nutzten die mitgereisten niederösterreichischen Unternehmen (AIT Austrian Institute of Technology Gmbh, Berndorf Metall- und Bäderbau Gmbh, easyLIVING innovations- und projektentwicklungs gmbh, FunderMax GmbH, Lichttechnische Planung – Lighting Design, Murexin AG, Prinz GmbH & Co KG, Solar 4 You Consulting GmbH) die Möglichkeit, Kontakte mit britischen Betrieben zu knüpfen und mögliche Kooperationen auszuloten.

Im Zuge der Delegationsreise wurden mehrere Großbauprojekte, wie der ‚Queen Elizabeth Olympic Park‘ und auch die ecobuild 2015 besucht. Diese Messe widmet sich der nachhaltigen Planung, dem Bau und der Renovierung von Gewerbe- und Wohngebäuden. Am österreichischen Gemeinschaftsstand waren u.a. der Heiz- und Kühlsysteme-Erzeuger Variotherm aus Leobersdorf, der Befestigungsspezialist für Elektroinstallationen Schnabl Stecktechnik aus St. Pölten, der Heizsystem-Experte Strebelwerk aus Wiener Neustadt sowie der Fertighausproduzent Elk aus Schrems vertreten. Thomas Rieder, Exportmanager bei der Elk Fertighaus GmbH, sagte stellvertretend: ‘Sehr gut entwickelt sich der Markt in Großbritannien. Wir konnten im abgelaufenen Jahr unseren Wachstumsplan erfüllen und gehen 2015 von einer weiteren positiven Entwicklung aus, auch wenn dies mit den ständig steigenden Anforderungen im Baubereich eine große Herausforderung darstellt.’


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /