Werbung für umstrittenes Handelsabkommen ttip

EU-Handelskommissarin auf Stimmenfang in Wien

Ein Handelsabkommen das nur Konzerne wollen

Wien - Gestern nachmittag fand in der altehrwürdigen Akademie der Wissenschaften eine Informationsveranstaltung anlässlich des Wien-Besuchs von EU-Handelskommissarin Malmström bezüglich ttip statt. Vizekanzler Dr. Mitterlehner, der in seiner Einführung meinte, er sei das einzige Regierungsmitglied, das für die Unterzeichnung dieses heftig kritisierten Handelsabkommen (das anfängliche "Frei-" vor dem Handelsabkommen, fällt selbst in der offiziellen Diktion bereits seit einiger Zeit unter den Tisch) eintreten würde, wirkte mit seinem Zweckoptimismus wie ein Herold der EU-Kommission. Die recht farblose schwedische Kommissarin, pragmatisch und bemüht, sprach sich für ein "gut gemachtes Handelsabkommen" aus. Als ob dies für den Mandatsträger der europäischen Staatengemeinschaft (die Kommission) nicht eine Selbstverständlichkeit sein sollte !

Weder die Einleitung von Minister Mitterlehner noch die Ausführungen der Kommissarin brachten inhaltlich Neues. Bereits seit 18 Monaten !! wird verhandelt und auch ausgesetzt - ein Abschluss ist für 2016 angepeilt. Da man wohlweislich alles hinter verschlossenen Türen bis dato abgewickelt hat, ist es verständlicherweise zu großem Unmut gekommen in der Zivilgesellschaft, die sich die mitunter inhaltlich haarsträubenden Informationen richtiggehend erkämpfen mußte. Das was dann in die Öffentlichkeit gedrungen ist, hat genügt, um den ganzen Prozess nachhaltig in europaweite Kritik zu bringen. Nun ist man quasi mit Schadensbegrenzung befasst, gelobt Besserung und fährt fort mit leeren Versprechungen für ein angeblich ach so nötiges "Wirtschaftswachstum" zu werben, ohne sich der Tatsache zu stellen, dass gewissermaßen ein wirtschaftliches "Weiter wie bisher" aus triftigen Gründen keine gute Option in Hinblick auf Enkeltauglichkeit und Prosperität darstellt. Solch umsichtige Ansätze dürfen offenbar auf EU-Ebene nicht erwartet werden. Bedauerlich - gerade ein Auftritt in Österreich wäre eine gute Gelegenheit gewesen, seitens der Kommission einiges richtig zu stellen, nur "vertrauensbildend" für das ungeliebte Konstrukt zu werben, wird wohl wenig ausrichten in Richtung Imagegewinn.

Die symphatisch von Alexandra Föderl-Schmid moderierte anschließende Diskussion brachte Arbeiterkammerpräsidenten Rudolf Kaske und Greenpeace-Chef Dr.Alexander Egit aufs Podium.
Beide konnten mit fundierten Argumenten die offizielle Schönfärberei relativieren und der einseitig verdeckten "Konzernfreundlichkeit" ein erfrischendes Gegengewicht bieten. Der Beifall im Saal gab ihnen jedenfalls recht. "Alles wird gut - aber nichts wird besser" so brachte Rudolf Kaske die Träumerei von "win - win " und einem in Aussicht gestellten "right to regulate"auf einen nüchternen Nenner und verteidigte sehr zurecht die europäischen Kernarbeitsnormen. Erstaunliche 130 Lobby-Gespräche hat die EU-Kommission bisher mit der Industrie geführt - Zivilgesellschaft und Sozialpartner sind da ganz eindeutig benachteiligt. Die im Moment auf den Druck der Öffentlichkeit hin erfolgten "kosmetischen Maßnahmen" und Beschwichtigungen wie zum Beispiel "alle Anliegen sind von gleichrangiger Bedeutung" oder "keine Herabsetzung der Standards" sind mehr oder minder demagogische Lippenbekenntnisse eines verkrusteten Apparates, der es verabsäumt sich selbstbewusst von den, im zivilisatorischen Niedergang befindlichen, usa zu emanzipieren.

Der einseitig konzernfreundlich angestrebte und heftig umstrittene Investitionsschutz wird wohl zum Stolperstein des ganzen Vorhabens werden.

Die Publikumsrunde brachte einen sehr interessanten Input von Gemeinwohltheoretiker Christian Felber, der nach einer Gesamtausrichtung der EU-Strategie fragte und vorschlug Handelsabkommen vorrangig nur mit Partnern einzugehen, die wenig Asymmetrie zur EU aufweisen.

Das Schönste an der Veranstaltung war jedenfalls die barocke Pracht des Festsaals der Akademie. Ob wirklich die Transparenz der Verhandlungen gestärkt wird, die Standards aufrichtig gesichert und Bedenken ehrlich aufgearbeitet werden, wird für die Kommission Junkers und die EU wohl zur Nagelprobe werden.

daniel hackenberg für OEKONEWS


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