© Rettet die Blumenwiesen
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Biologische Landwirtschaft feiert 90. Geburtstag

Was jetzt in aller Munde ist, wurde vor 90 Jahren erfunden. 1924 wurde das erste Konzept für Bio-Landwirtschaft entwickelt. Laufend verbessert ist es gerade heute für Überraschungen gut.

Wien - Biologisch erzeugte Lebensmittel sind in den letzten Jahren von einem Randphänomen zu einem Megatrend geworden: ob Feinkostladen oder Diskonter - alle haben sie breit im Programm. Den Anfang nahm die Idee zur biologischen Landwirtschaft aber in einer Zeit, als der Einsatz von Stickstoffdüngern und die Technisierung der Landwirtschaft gerade erst in Gang kamen. Schon in den 1920er Jahren bemerkten Landwirte in Deutschland eine nachlassende Vitalität bei ihrem Getreide. Daraus entwickelte sich die biologisch-dynamische (kurz: biodynamische) Landwirtschaft, die bis heute Bestand hat, stetig weiter entwickelt und heute weltweit angewendet wird. Sie war auch die Vorlage für die EU-Bio-Verordnung. Erstaunlich genug:
Biodynamische Landwirtschaft hat für die Bedürfnisse heutiger Konsumenten viel mehr zu bieten als natürliche Lebensmittel. So ist ein weitgehender Tierschutz und ein nachweisbarer Humusaufbau - der bei der CO2-Reduktion hilft - Folge dieser Landwirtschaft. Und sie hat eine klare Antwort und Alternative zur Gentechnik.

Ältester Bio-Hof in Österreich seit 1927

Die besorgten Bauern wandten sich an den Philosophen Rudolf Steiner, der damals eine schillernde Figur war. Er hatte schon Anregungen für die Waldorf-Schulen gegeben und die Anthroposophische Medizin. Steiner gab daraufhin 1924 in seinen acht "Landwirtschaftlichen Vorträgen" den Impuls zur biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Seine Ideen wurden sofort aufgegriffen. Der älteste biologische Bauernhof in Österreich ist der Wurzerhof in Kärnten. Dort wird seit 1927 biodynamische Landwirtschaft betrieben. Biodynamische Produkte werden seit 1928 unter dem Markennamen Demeter verkauft.


Ganzheitlicher Ansatz: Hoforganismus

Als die EU daran ging, Regelungen für die Bezeichnung "bio" zu entwickeln, waren die biodynamischen Regulierungen Vorbild dafür. Allerdings wurde vieles weggelassen und vor allem der wesentlich ganzheitlichere Ansatz nicht übernommen. Demeter-Bauern verfolgen das Konzept eines "Hoforganismus". Der Bauernhof wird dabei mit seiner einzigartigen Pflanzen- und Tierwelt, den dort arbeitenden Menschen und dem Grund und Boden als ein Organismus begriffen. Ein Großteil der Rohstoffe, wie Futter und Dünger, soll vom eigenen Hof kommen. Nicht alle Flächen werden wirtschaftlich genutzt. So soll sich eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft entwickeln.

Tierschutz inklusive


Das bringt weitere Vorteile, die heute hoch im Kurs stehen. So etwa einen weitestgehenden Tierschutz: Tiere müssen "wesensgemäß" gehalten werden, das heißt zum Beispiel, dass Kühe nicht schmerzhaft enthornt werden. Schafe haben ihre langen Schwänze, Schweine behalten ihre Zähne und Hühner einen unveränderten Schnabel.
Alternative zur Gentechnik

Auch Pflanzen werden "wesensgemäß" gezüchtet. Das heißt, es werden keine Hybridsorten, die für die Wiederaussaat nicht geeignet sind, verwendet. Vielmehr bewahren Demeter-Bauern alte Getreidepflanzen wie Emmer, Einkorn oder Dinkel und züchten diese weiter. Daraus ergibt sich eine klare Ablehnung von Gentechnik. Denn dabei werden Gene kreuz und quer zwischen Pflanzensorten und sogar von Tieren in Pflanzen verschoben. Biodynamische Landwirtschaft hat daher auch eine inhaltlich klare Begründung zur Ablehnung von Gentechnik: sie ist das genaue Gegenteil von wesensgemäßer Züchtung.

Humus-Aufbau

Und noch einen großen Vorteil bringt die biodynamische Landwirtschaft: der Boden wird nicht nur erhalten sondern aufgebaut. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen eine Zunahme des Humus auf biodynamisch bewirtschafteten Böden. Und Humus bindet CO2.
Erreicht wird dieser erstaunliche Effekt durch den Einsatz von "dynamisierten Mitteln".

Präparate aus Schafgarben, Kamille, Löwenzahn, Eichenrinde und Brennnessel werden dem Stallmist beim Kompostieren beigemischt, sogenannte Aschenpräparate zur Beikraut- und Schädlingsbekämpfung verwendet.
Dazu kommt, dass Demeter-Bauern bewusst auf natürliche Rhythmen und den Jahreskreislauf achten.
Auf der ganzen Welt vertreten

Heute ist Demeter die einzige weltumspannende Organisation biologischer Landwirte. Ca. 8.000 Bauern auf allen Kontinenten wenden die Demeter-Richtlinien an. In 50 Ländern bewirtschaften sie an die 160.000 Hektar Fläche biologisch-dynamisch.

In Österreich bearbeiten rund 180 Demeter-Bauern ca. 6.000 Hektar Fläche. Gleichzeitig ist Demeter die Marke, unter der die Produkte der Demeter-Bauern verkauft werden. Demeter steht hier für lebendige Kooperation zwischen Bauern, Erzeugern von Lebensmitteln und Konsumenten.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /