© Dangl / E-mobile Pilgerfahrt nach Norwegen
© Dangl / E-mobile Pilgerfahrt nach Norwegen

Pilgerfahrt ins gelobte Land der Elektromobilität

Das Tagebuch einer e-mobilen Reise nach Norwegen

© Dangl/ Die Tour im Überblick
© Dangl/ Die Tour im Überblick
© Dangl/ Supercharging mit fast 120 Kilowatt Leistung und 320 Ampere
© Dangl/ Supercharging mit fast 120 Kilowatt Leistung und 320 Ampere
© Dangl/ Gleich zwei E-Autos beim Einchecken in die Fähre
© Dangl/ Gleich zwei E-Autos beim Einchecken in die Fähre
© Dangl/ Lindernes Leuchtturm
© Dangl/ Lindernes Leuchtturm
© Dangl/ Supercharger in Lyngdal
© Dangl/ Supercharger in Lyngdal
© Dangl/ Am Campingplatz unter Strom
© Dangl/ Am Campingplatz unter Strom
© WEB/ Der Fahrer am Preikestolen auf 604m über dem Lysefjord
© WEB/ Der Fahrer am Preikestolen auf 604m über dem Lysefjord
© Dangl/ Durch die Hardangervidda auf  1.000m Seehöhe
© Dangl/ Durch die Hardangervidda auf 1.000m Seehöhe
© Dangl/ Die Energiebilanz des Fahrzeuges auf Gebirgsstrecken
© Dangl/ Die Energiebilanz des Fahrzeuges auf Gebirgsstrecken
© Dangl/  In der Mitte des Laerdaltunnel
© Dangl/ In der Mitte des Laerdaltunnel
© Dangl/ Ardalstangen am Ende des längsten norwegischen Fjordes
© Dangl/ Ardalstangen am Ende des längsten norwegischen Fjordes
© Dangl/ Jotunheimen Nationalpark - Sommerliches Langlauftraining
© Dangl/ Jotunheimen Nationalpark - Sommerliches Langlauftraining
© WEB / Enge Bergstraßen im Geirangerfjord
© WEB / Enge Bergstraßen im Geirangerfjord
© Seltene Noctilucentwolken um 1 Uhr über Biri (bei Lillehammer)
© Seltene Noctilucentwolken um 1 Uhr über Biri (bei Lillehammer)
© Volle Aktivität am Sarpsborg Supercharger (wie eine Autoschau)
© Volle Aktivität am Sarpsborg Supercharger (wie eine Autoschau)
© Dangl/ Ankunft in Frederikshavn (DK)
© Dangl/ Ankunft in Frederikshavn (DK)
© Dangl/ Ladung an einem 43 kW-AC Lader
© Dangl/ Ladung an einem 43 kW-AC Lader
© Dangl/ Deutschland im WM-Fieber
© Dangl/ Deutschland im WM-Fieber
© Dangl/ Fastned-Ladestelle bei Apeldoorn (NL)
© Dangl/ Fastned-Ladestelle bei Apeldoorn (NL)
© Dangl/ Mit einem Kilometer Restreichweite zurückgekehrt
© Dangl/ Mit einem Kilometer Restreichweite zurückgekehrt

Samstag, 5.Juli, 4:30 Uhr

Mit nicht einmal ganz voll geladenem Fahrzeug, dem Tesla S mit serienmäßigen 85 kWh Batteriekapazität, geht es auf in Richtung Regensburg. Hier wurde erstmalig nach 305 km Fahrtstrecke am ‘Tesla-Supercharger’ 45 min lang geladen, während der Fahrer frühstückte.

Damit begann gleich am ersten Tag das ‘Kilometerfressen auf deutschen Autobahnen’. Nach weiteren zwei Schnellladestopps bei Würzburg und Kassel sowie einem gemütlichen kleinen Bier an der Hamburger Hafenmole (natürlich mit einem kurzen Blick zur Fußball-WM) wurde kurz vor Kiel in Neumünster übernachtet. Der erste Tag endete nach 1.111 km mit 3 Ladestopps, die in Summe 180 Minuten dauerten und für die Stärkung des Fahrers ohnehin notwendig waren. Hier wurde eine nächtliche Lademöglichkeit gesucht um weiter in den Norden zu reisen. Diese wurde in einer privaten ‘Hinterhof-Kraftstromsteckdose’ gefunden, da die öffentlichen Ladesäulen meist eigene regionale Kundenkarten benötigten und diese für Durchreisende nicht verfügbar sind.



Sonntag, 6.Juli

Weiter ging es auf der A7 mit 70 % Ladestand weiter nach Dänemark bis nach Middelfart am Übergang von Jütland nach Seeland, wo die erste Schnellladung des Tages erfolgte. Während anfänglich alleine geladen wurde, hatten sich nach 30 Minuten vier weitere ‘Tesla Model S’ eingefunden. Generell sind diese Meetings von regem Erfahrungsaustausch zwischen den ‘Usern der neuen Elektrofahrzeuge’ geprägt, wobei der ‘Austrianer’ immer eine Art Exot war und stets für ein überraschtes ‘Heej’ sorgte. Diese Situation blieb während der gesamten Reisestrecke an den Tesla-Superchargern unverändert. Nach einem Stop in der Stadt Aarhus und in den dänischen Nordsee-Sanddünen wurde ganz im Norden Dänemarks in Hjorring noch einmal Strom abgeholt, um anschließend mit der Color-Line-Fähre von Hirthals nach Kristiansand in Südnorwegen ganz in Skandinavien anzukommen. Der Tacho zeigt eine bisherige Wegstrecke von 1.685 km.


Montag, 7. Juli

Hier wurde der südlichste Punkt Norwegens, der Leuchtturm ‘Lindesnes’, besucht sowie der Bereich südlich von Stavanger bis zum Lysefjord, dem südlichsten Fjord Norwegens. In Lyngdal wurde an einem Supercharger auf 100 % geladen. Hier waren neben einigen Superchargern auch andere Schnell- und Normalladeanlagen. Im Jorgeland, nach 330 km Tagesstrecke durch kurvige Landesstraßen, wurde auf einem Campingplatz die Nacht verbracht und dabei an einer für Elektroautos relativ ungeeigneten Camping-Schukosteckdose über Nacht ca. 280 km Fahrtstrecke geladen. Dies war notwendig, da der nächste Supercharger einige hundert Kilometer entfernt war.


Dienstag, 8. Juli

Dieser Tag brachte für den Reisenden eine spannende Bergwanderung auf den Preikestolen, einem über den Lysefjord gewaltig überhängenden Felsklotz. Die anschließende Reise führte erstmalig über eine Gebiergsstraße durch die ‘Hardangervidda’, eine gewaltige Hochebene über 1.000 m Höhe. Sie muss im Winter durch 3 m hohe Schneestangen die im Abstand von 20 m angebracht sind sehr gut gesichert werden, um die Fahrer am Weg zu halten. Nach 50 km Abfahrt von der Hochebene fast ohne Stromverbrauch wurde in Amot (500 m Seehöhe) schnellgeladen. Auch in dieser eher einsamen Region war man nicht alleine an der Station. Nach 320 Tageskilometer ging der Tag in Rauland, einer einsamen Ferienregion auf 800 m Seehöhe zu Ende und das WM-Fussballspiel Deutschland gegen Brasilien sparte bekannterweise nicht mit Überraschungen.

Mittwoch, 9.Juli

Das war der erste von zwei harten Gebirgstagen mit einiges an Höhenmetern. Bei Tinn wurde der 60. Breitengrad überschritten und es ging weiter, sehr direkt Richtung Norden. Immer einen Gebirgspass rauf und runter, in das nächste Tal am östlichen Rand der Hardangervidda-Hochebene die eine Ausdehnung von über 100 km Durchmesser aufweist. Nach eine Pause im Skiort Geilo (auf 800 m) ging es nordwestlich weiter durch eine endlose Aneinanderreihung von Tunneln hinunter zum Sognefjord. Dieser ist der längste (204 km) und tiefste (1.308m) Fjord Europas. In Aurland an der E16 wurde in der Abendsonne schnellgeladen und anschließend ging es durch den längsten Straßentunnel der Welt, wo die Fahrzeuge erst nach 24,5 km in Laerdal (an einer weiteren Fjordzunge gelegen) aus dem Berg wieder auftauchen. Am Ende des Tages wurde am Ende des Fjordes in Ardalstangen ein Hotel gefunden, welches direkt an der Fjordmündung liegt. Mit den Einheimischen wurde im Dorfpub bis 1 Uhr morgens das zweite WM-Semifinalspiel mitverfolgt. Die Nacht war, gemessen am Grad der Dunkelheit, ohnehin kaum mehr richtig vorhanden. Dieser Tag endete nach 317 Gebirgstraßenkilometern.


Donnerstag, 10. Juli

Nun ging es steil hinauf in den Jotunheimen Nationalpark mit dem Galdhopiggen, mit 2.469m der höchste Berg Norwegens. Die Gebirgspässe erreichten bis 1.400 m Seehöhe, auf den vorhandenen Schneefelder wurde Sommer-Skilanglauf ausgeübt. Nach dem ‘Abstieg’ in die Stadt Lom ging es weiter in die am nördlichsten bereiste Provinz ‘More og Romsdal’. Dabei wurde der Dalsnibba auf 1.476 m mit dem ‘Model S’ erklommen. Dieser Punkt stellte die höchste Erhebung auf dem Road Trip dar – das nahe Meer, der Geirangerfjord, war schon zu sehen. Anschließend ging es die fast 1.500 m ‘ohne herkömmliche Bremsmanöver’ hinunter, immer nur mit der Rekuperation des Fahrzeuges. Dabei waren manchmal bis zu 80 PS Bremsleistung im Einsatz und wärend der 21 km langen Strecke wurde nicht nur keine Energie verbraucht, sondern eine zusätzliche Strecke von ca. 40 km ‘hereingebremst’. Von Geiranger aus wurde Richtung Norden ein Campingplatz oder Ladestation aufgesucht, um die noch notwendigen 120 km nach Dombas zum Supercharger aufzuladen. Leider waren dieses Campingplätze nur mit schlecht geerdeten 230 V Steckdosen ausgestattet, sodass ein sicheres Laden nicht möglich war. Die fahrzeugeigenen Ladekabeln schalten in diesem Fall aus Sicherheitsgründen ab. Mit nur 18 km Restreichweite wurde um Mitternacht, bei heller Dämmerung, der berühmte Trollstigenpaß erreicht, wo sich auch keine Ladelösung ergab. Somit blieb nur mehr am nächsten Tag der Ort Andalsnes als Ladeoption. Die heutige Tagesstrecke betrug 308 km.


Freitag, 11.Juli

Nach der Inhalation der gewaltigen Bergkulisse rund um die ‘Trollstigen’ wurde in den Kurven hinunter nach Andalsnes am Romsdalsfjord zwar ‘Kilometer gewonnen’, aber es sollte nicht mehr reichen. Andalsnes war der nördlichste Punkt der Reise (62º34'). Leider ließ sich hier keine funktionierende Ladestelle finden und so musste der Tesla eine 100 km lange Huckepackreise am Viking-Abschleppfahrzeug antreten. In Dombas an der E6 angekommen (die E6 ist die wichtigste skandinavische Nord-Süd-Straßenverbindung) wurde sofort aufgeladen, wärend sich auch Körper und Geist des Fahrers erholten. Weiter über Lillehammer, dem ehemaligen Olympiaort, wo auch geladen wurde, wurde die Nachtruhe in Biri gefunden. Bei wolkenloser Nacht konnte die Dämmerung mit schaurigen Noctilucent-Wolken genossen werden. Die ‘hellleuchtenden Nachtwolken’ in 80 km Höhe sind ein noch nicht gänzlich erforschtes Phänomen und sind zwischen dem 50. und 60. Breitengrad nur von Juni bis August gut zu sehen. Die Tagesstrecke betrug 210 km.


Samstag, 12. Juli

Los ging es über die E6 Richtung Süden bis nach Oslo mit einem mehrstündigen Stadtbesuch. Neben der besonderen Lage der Oper und der Innenstadt fiel die weitreichendere Umsetzung der Elektromobilität in der norwegischen Hauptstadt im Vergleich zu Österreich auf. Besonders die vielen Ladestellen und Parkprivilegien stachen dem Elektromobilisten ins Auge. In Oslo ist eine deutlich dichtere E-Auto Nutzung und Akzeptanz zu spüren. So konnte hier in der Parkgarage beispielsweise gratis geladen werden, wenn auch nur mit langsamen 3 kW Ladeleistung. Nach einer Schnellladung in Sarpsborg, 80 km südlich von Oslo wurde Norwegen verlassen und die Grenze zu Schweden überschritten. Auch hier wurden bereits Supercharger installiert und die ersten schwedischen Elektroautos wurden gesichtet. In Uddevalla, 60 km nördlich von Göteborg, traf ich die älteste Tesla-Fahrerin, eine ungefähr 70 jährige Schwedin, die ihr Auto gerade vollgeladen hatte. Mit der ‘Stena-Line-Fähre’ ging es von Göteborg nach Frederikshavn über den Kattegat, dieses vielbefahrene Meer, das Dänemark von Schweden trennt. Von dort um Mitternacht weiter bis nach Randers in Dänemark mit einer Tagestrecke von 616 km.


Sonntag, 13.Juli

Die Herausforderung des Tages bestand darin, die Strecke zwischen Mitteldänemark (Middelfart), wo die Ladeinfrastruktur noch nicht gut ausgebaut ist und den nördlichen Superchargern in Deutschland (Emsland, Kassel bzw. Magdeburg) zu durchfahren. Die fragliche Entfernung betrug ungefähr 600 km. Dazu wurde Husum an der Nordsee in Deutschland angefahren und ein Langsam-Ladestop eingelegt. Ärgelicherweise konnte nicht wie angegeben mit 22 kW geladen werden sondern nur mit 3 kW, daher reichte auch das aufgenommene Volumen nicht aus, um ins Emsland zum dortigen Supercharger zu kommen. Nach Übersetzen der Elbe mit der Fähre bei Glücksstadt wurde der nächste 22 kW-Ladepunkt angefahren. Dieser lag am Weg nach Bremen am Rathausplatz in Hemmoor. Leider war diese Station gleich gar nicht vorhanden, da der Rathausplatz umgebaut wurde. So versuchte man im Raume Bremen zu laden. Hier musste es funktionieren, da die Reichweite bereits nur mehr zweistellig, also deutlich unter 100 km gefallen war. Nebenbei musste ein Quartier gefunden werden, da in zwei Stunden das WM-Finale anstand. Der Ansturm auf die Innenstadt von Bremen war bereits erheblich. In der Gewerbezone beim Flughafen wurde ein nicht Tesla-Schnelllader und ein nahes Hotel gefunden. Ladung war problemlos und mit 22 kW wurde das Auto während des Fußball-WM-Finales voll geladen. Diesmal hat es doppelt in und für Deutschland funktioniert. Tagestrecke 563 km.


Montag, 14.Juli

Dieser Tag war ein reiner Autobahntag. Nach Supercharging in Emsland wurde in den Niederlande ein Fastned-Schnellader aufgesucht. Dieses tolle, tankstellenähnliche Konzept mit Überdachung aus Solarzellen konnte nicht benutzt werden, da die Registrierung dann doch nicht vom Smartphone klappte. Das lag aber eher am User. Ein praktikables System, denn mit der Registrierung erhält man eine App, die dann den Zugang zu allen Fastned-Ladern ermöglicht, eine führende Schnellade-marke in den Niederlanden. Nach einer Schnellladung bei Arnheim am Rhein wurde rasch die deutsche Grenze erreicht, dort gilt ja ‘freie Fahrt für freie Bürger’ in Form von wenigen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf den Autobahnen. Mit einem Premiumauto unterwegs, muss man daher auch mal mit den vielen BMWs, Audis, Mercedes usw. mit dem Tempo mithalten. In den drei folgenden High-Speed-Abschnitten quer durch Deutschland mit einem deutlich höheren Tempo, stieg der Stromverbrauch naturgemäß deutlich an. Von den normalen 20 kWh/100 km wurden nun 30 bis 35 kWh auf 100 km verbraucht, gut zu wissen, dass dies noch immer nur bescheidene 3 bis 3,5 Liter Erdöläquivalent sind. In Regensburg endete diese Bolzerei nach einer Tagesstrecke von 1.046 km.

Dienstag, 15.Juli

Bald wurde wieder ‘Ösi-Land befahren’. Nach dem Vollladen während dem Frühstück in Regensburg waren mit Umwegen noch 425 km zu fahren. Ein kurzer Ladestopp war also einzuplanen. Nachdem in Linz beim ÖAMTC die 22 kW-Ladestation wegen ‘Besetzung’ nur begrenzte 3,6 kW abgab, probierte man es in Freistadt am bewährten 11 kW-Lader im Zentrum. Auch hier standen aber nur 3,6 kW zur Verfügung (also nur eine von den drei Strom-Phasen). Dadurch wurde die Rast in einem Fast-Food-Lokal etwa länger, obwohl nur die Menge von 6 kWh aufgenommen wurde. Die anschließende Etappe von Freistadt nach Schwarzenberg wurde mit sparsamen 14 kWh/100 km bewältigt und man erreichte nach 6.000 km mit nur einem Kilometer Restreichweite das Ziel.

Lesen Sie den ersten Teil der Pilgerfahrt ins gelobte Land der Elektromobilität

GastautorIn: Gerald Simon und Andreas Dangl für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /