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Neues Konzept für effiziente, klimafreundliche Mobilität

ZSW will mit Wasserstoff den Kraftstoffertrag aus Biomasse versechsfachen

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) hat ein neuartiges Konzept für die energetische Nutzung von Biomasse entwickelt. Die Ressource ist im Vergleich zu Sonne und Wind knapp, daher sollte sie ökologisch sinnvoll und effizienter als bislang verwendet werden: für die Herstellung von nachhaltigen, klimafreundlichen Kraftstoffen der neuesten Generation. Regenerativ erzeugter Wasserstoff spielt dabei eine Schlüsselrolle. Damit lässt sich der Kraftstoffertrag aus Biomasse um ein Vielfaches steigern, verglichen mit den heute üblichen Verfahren zur Gewinnung von Biodiesel und Bioethanol. Zugleich wird deutlich weniger Anbaufläche benötigt. Als "ungemein nützlich" bezeichnet Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller das ZSW-Konzept.

Derzeit beruht unsere Fortbewegung vor allem auf fossilen, kohlenstoffhaltigen Kraftstoffen. Um das zu ändern, sollen mehr Batterie- und Brennstoffzellen-Fahrzeuge auf die Straße. Flugzeuge, Schiffe und Lkw im Fernverkehr werden jedoch auch in Zukunft kohlenstoffhaltige Kraftstoffe, sogenannte C-Fuels, benötigen. Die einzige erneuerbare Energie, die Kohlenstoff enthält, ist Biomasse. Daher kann sie entscheidend zum Gelingen der Energiewende im Verkehr beitragen, so eine Kernthese des ZSW-Ansatzes.

Die Voraussetzung dafür ist Wasserstoff, der per Elektrolyse aus erneuerbarem Strom gewonnen wird. Dieses regenerative Gas lässt sich in verschiedene Biomasse-Verfahren einbringen. Dazu zählt etwa die anaerobe Biogaserzeugung, die thermochemische Konversion oder Power-to-Gas P2G®. Durch die Kombination von Wasserstoff mit diesen Verfahren können sowohl gasförmige Kraftstoffe wie Methan als auch flüssige Kraftstoffe wie höhere Kohlenwasserstoffe und Alkohole bzw. Ether erzeugt werden.

Agrarflächenbedarf sinkt um 80 Prozent

Der auf die benötigte Biomasse-Anbaufläche bezogene Energieertrag steigt mit diesen Nutzungspfaden beträchtlich. "Im Vergleich zu den heute üblichen Bio-Kraftstoffen Biodiesel und Bioethanol bietet etwa regenerativ erzeugtes Methan aus Biomasse und Wasserstoff einen bis zu sechsfach höheren Kraftstoffertrag", sagt Dr. Michael Specht, Leiter des ZSW-Fachgebiets Regenerative Energieträger und Verfahren. Dementsprechend verringert sich der Agrarflächenbedarf auf bis zu ein Sechstel - oder anders ausgedrückt: um gut 80 Prozent. So wird auch die Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau deutlich reduziert.

"Es empfiehlt sich also, Biomasse und biogene Reststoffe verstärkt für die CO2-neutrale Erzeugung kohlenstoffbasierter Kraftstoffe zu nutzen", erklärt Specht. Biomasse würde zudem die schwankende Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie hervorragend ergänzen. "Mithilfe der Ressource lässt sich fluktuierende Energie langfristig, flexibel und in großen Mengen speichern - beispielsweise mit dem am ZSW entwickelten Power-to-Gas-Verfahren P2G", so Specht. Dabei wird überschüssiger Strom aus Wind und Sonne zunächst per Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt. Zusammen mit Kohlendioxid, das beispielsweise in Biogasanlagen ohnehin anfällt, wird daraus Methan erzeugt. Dieses kann dann über Monate verlustfrei im Erdgasnetz gespeichert werden.

Untersteller: Biomasse mit großer Bedeutung im Energiesystem

"Die vorhandenen Potenziale für Energieerzeugung aus Biomasse sind begrenzt", betont auch Umwelt- und Energieminister Franz Untersteller. Auf der anderen Seite sei Biomasse aber die einzige speicherbare und flexibel nutzbare erneuerbare Energie mit großer Bedeutung im Energiesystem. "Ein Verfahren, das die Reichweite der Biomasse wesentlich verlängert, könnte sich deshalb zukünftig als ungemein nützlich erweisen", so der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft weiter.

Seine Biomasse-Strategie hat das ZSW im Rahmen der Studie "Strategie zur Ausrichtung der Bioenergie-Forschung in Baden-Württemberg" mit Unterstützung der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie (Universität Hohenheim) sowie dem Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (Universität Stuttgart) erarbeitet. Das im Auftrag der Landesregierung angefertigte Papier ist auf der Website des ZSW zu finden: www.zsw-bw.de


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /