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Mist des Tages: Visionsloser Technokrat verkauft sich als "Realist"

Enttäuschende Aussagen bei Veranstaltung mit EU-Energiekommissar Oettinger im Haus der Europäischen Union in Wien

Unter dem Motto "Es geht um Europa - Es geht um Sie - Reden Sie mit" ging gestern im Haus der EU in Wien eine Veranstaltung, die "Bürgerdebatte" genannt wurde, ebenso konventionell wie lieblos (von seiten des Kommissars) über die Bühne. EU-Energiekommissar Dr. Günther Oettinger war zu Gast und sollte wohl "guten Öffentlichkeitswind" für die EU machen. Farblos moderiert von einem Journalisten von "Der Standard" war das Fazit des Abends: so weiter wursteln wie bisher, sind wir nur alle "gute Europäer", dann werden wir schon irgendeinmal aus der Krise finden...

Oettinger ist ein Politiker der alten Schule, der sich über den abträglichen Tellerrand der Wirtschaftswachstums-Ideologie noch keinen Blick in die Fernen menschenwürdiger Gesellschaftsformen gegönnt hat.

Er predigt gekonnt und professionell: "business as usual".

Die Fragen der etwa sechzig Interessierten bezogen sich vorwiegend auf das Hauptthema Energie, wobei sich heraus stellte, dass aus wirtschaftlicher Überlegung heraus selbst das umstrittene FRACKING, dass momentan in den USA günstige Gaspreise, jedoch auf Kosten exorbitanter Umweltschäden, geriert, für den Energiekommissar ein prüfenswerter Ansatz sein könnte. Als vorbildlich demokratisch sieht er eine Abstimmung des britischen Unterhauses, bei der sich eine Mehrzahl für die Nutzung der Kernenergie ausgesprochen hat und pocht in diesem Falle auf das Selbstbestimmungsrecht der Staaten puncto Energieversorgung. Ein Freund der Energiewende scheint er nicht zu sein, rechnet vor, dass

ein deutscher Energielandwirt kraft der, seines Erachtens, "überhöhten"
Windkraftförderung
ein ungerechtfertigt hohes Einkommen übers Jahr lukriert, anstatt sich zu freuen, dass sauberer Strom erzeugt wird.

Auf die Frage nach der Notwendigkeit der Einführung von

verpflichtenden Haftpflichtsversicherungen für Atomkraftwerke in der Höhe von 400 Milliarden € pro Anlage,

bekommt man zu hören, dass bis dato die BRD mit 2.5 Milliarden die höchste Versicherungssumme aufweist und es unrealistisch sei, da mit dreistelligen Milliardensummen die Verhandlungen in Brüssel zu eröffnen. Er kenne Brüssel und setze auf eine Vorgangsweise, die am Anfang zwar ehrgeizig, aber nicht größenwahnsinnig sei. Nun was an der einleuchtenden Forderung nach einem gerechten Verursacherprinzip, nicht anders wie im Straßenverkehr, eben auch bei Atomkraft "größenwahnsinnig" sein soll wurde, wie fast schon zu erwarten, nicht beantwortet. Ob 2.5 Milliarden im Ernstfall als "ehrgeizig" post festum empfunden werden würden, darf bezweifelt werden.

Ja nicht zu vergessen, ein hehres Vorhaben für nächstes Frühjahr: die Ankündigung der Publikation einer "Vollkostendarstellung" der unterschiedlichen Energieformen. Oettinger sieht damit den Weg geebnet für einen künftigen Nachfolger und dessen sinnvolle Weichenstellungen. Schade, dass ein EU-Energiekommissar aus Deutschland so wenig ambitioniert und zukunftsfähig agiert - Europa hätte sich anderes verdient.

Die EU benötigt dringend andere Protagonisten - die Methoden, die eine Krise verursacht haben, sind nicht die Mittel ihrer Lösung.

Nachsatz : Die gebotenen Getränke waren konsequenterweise und fast schon zum Kommissar passend, leider nicht biologisch. Die zur freien Entnahme aufgelegten Exemplare des "Standards" blieben ebenso liegen wie die angebotenen EU-Tragtaschen.

Und noch ein PS aus der Redaktion (von Kollegen des Autors):

Dass Oettinger auf der Handelsblatttagung, die davor ebenfalls in Wien stattfand, meint, Europa müsse auf Schiefergas setzen um im Energiebereich von Russland unabhängig zu sein, zeigt ebenfalls ein leider kurzfristiges Denken. Schiefergas zu fördern, ist verdammt teuer- auch das kommt in den USA nun zum Vorschein, Ein EU-Kommissar der in die Zukunft blickt, müsste genau aus Gründen der Energieunabhängigkeit für ERNEUERBARE Energien plädieren. Für auf Dauer NIEDRIGE Energiepreise, die Oettinger fordert, ist gerade Erdgas keine Antwort, schon gar nicht Schiefergas!

Ein Weckruf muss her, sagte Oettinger bei der Handelsblatttagung.

GENAU!

ABER ein anderer als er ihn sich wünscht: WACHEN WIR AUF- MACHEN WIR UNS AUF DEN WEG: zu 100% ERNEUERBAREN ENERGIEN, statt an ewig gestrigen Technologien festzuhalten und diese noch dazu (siehe Haftpflicht & Atomkraft) weiterhin unterstützen zu wollen!

UND: Bei der gesamten Debatte wurde von Oettinger das Thema Umwelt und Klimawandel vollkommen ausgeblendet!!




Diesen und ähnliche Artikel haben wir in der Vergangenheit schon zu oft kommentiert ...
Mit großer Enttäuschung nehmen wir diese Aussendung zur Kenntnis und möchten auf die oekonews-Artikel hinweisen, die diese Aussagen entkräften.

Lesen Sie dazu bitte unsere oekonews-Ansichtssachen zu:

Warum es Sinn macht, die Windkraft auszubauen,
Lobbying gegen Ökostromgesetz und für billiges Öl zerstört Arbeitsplätze,
Erdgas als Umweltlüge.



Artikel Online geschaltet von: / hackenberg /