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Die große Vorwahlumfrage: Die Antworten von NEOS

Zukunft statt Autobahn und OEKONEWS haben gemeinsam mit zahlreichen NGOs brennende Fragen gestellt-Lesen Sie die Antworten von Matthias Strolz, Vorsitzender von NEOS und Spitzenkandidat von NEOS

Haben PolitikerInnen eine wichtige Vorbildfunktion in den Bereich Umwelt- und Klimaschutz und nachhaltige Mobilität? Wie kommen Sie einer solchen Vorbildfunktion persönlich nach?

JA, das ist für uns eine wesentliche Frage der Generationengerechtigkeit. Ich habe nicht zuletzt deswegen eine Bürger_innenbewegung und letztlich Partei gegründet. Wir wollen gemeinsam umdenken, umlenken. Anpacken. Ich komme dem also persönlich nach, indem ich Politik mache. Unter anderem: Ich fahre überwiegend mit Öffis – seit über 30 Jahren.

Politik kämpft mit dem Image, abgehoben und fern von den BürgerInnen zu agieren. Wie können sich BürgerInnen mit einem Anliegen direkt an Sie wenden?

Unser Programm haben wir in Bürger_innenforen in allen Bundesländern, in Online-Begutachtungen und in offenen Mitgliederversammlungen entwickelt. Unsere Kandidat_innen sind durch offene Vorwahlen gegangen. Der Schlüssel ist die Einladung zur Teilnahme. Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir selbst einfach tun.

In welchen Bereichen besteht für Österreich in den nächsten 10 Jahren aus Ihrer Sicht allgemein der wesentlichste Veränderungsbedarf?

NEOS steht für Erneuerung. Vieles ist gut, manches nicht. Wir wollen den Stillstand in der Bildungspolitik beenden – Parteibuch raus, Vielfalt und Individualität rein. Außerdem wollen wir unser Pensionssystem enkelfit machen, die Staatsverschuldung stoppen, die Steuer- und Abgabenlast senken, Österreich und die EU demokratisieren …

Was bedeutet für Sie der Begriff „Zukunftsfähigkeit“?

Zukunftsfähigkeit ist für uns eng mit den Begriffen Nachhaltigkeit und Freiheit verbunden. Zukunftsfähigkeit heißt für uns NEOS, Politik nicht für den Moment zu machen, sondern stets die Jungen, uns nachfolgende Generationen im Auge zu haben. Die Frage lautet: Wie würden sie entscheiden?

Wie kann die Österreichische Bundespolitik – Regierung und Opposition – in der nächsten Legislaturperiode verstärkt in die Zukunftsfähigkeit Österreichs investieren?

Politik ist der Ort, an dem wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben. Dieser Ort muss attraktiver werden. Wir müssen Österreich und die EU demokratisieren. Wir wollen in die Bildung, gerechte Chancen, Forschung und Entwicklung, in saubere Technologien investieren. Wir schulden das unseren nachfolgenden Generationen

Wollen Sie Österreich weiter in Richtung ökologische Mobilität bewegen?

Wir verstehen Mobilität umfassend. Es bedarf integrierter Konzepte. Die Räder müssen ineinander greifen. Ein oder vielmehr DER Hebel ist dabei die Kostenwahrheit. Wir wollen daher dort investieren, wo wir in partizipativen Formaten für Gesellschaft, Wirtschaft sowie Bürgerinnen und Bürger gemeinsam den größten Nutzen sehen. Und dann tun, umsetzen!

Welches öffentliche Interesse halten Sie für höherwertig?

a) die Möglichkeit der BürgerInnen, unbehindert im eigenen PKW durch Österreich fahren zu können;

b) die Reduktion des PKW-Verkehrs durch adäquate Raumplanung und Anwendung des Verursacherprinzips auf den Ebenen Flächenverbrauch, Emissionen, Gesundheit usw.?

Die Frage ist gut gestellt und liefert fast schon die Antwort. NEOS steht nicht für Ge- und Verbotsreflexe, sondern setzt vielmehr auf Systemlösungen. Also ja, die Menschen sollen sich frei bewegen können – und ja, es bedarf einer adäquaten Implementierung des Verursacherprinzips in unsere Spielregeln.

Welche ÖV-Projekte wollen Sie – gemeinsam mit den Bundesländern – konkret umsetzen? Bis wann?

NEOS steht für Rechtssicherheit und Berechenbarkeit, aber auch für einen Paradigmen-wechsel. Wir werden uns unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit, Generationen-gerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und der Sinnhaftigkeit alles genau ansehen und bewerten. Es gibt kluge Projekte. Forcieren wir die klugen, und sparen wir uns die weniger klugen.

In den letzten 50 Jahren hat der Bund für den Ausbau der Straßenwege ein Vielfaches des Betrages für den Ausbau der Schienenwege ausgegeben, mit der Konsequenz,

dass die Anzahl der Personenkilometer im Straßenverkehr wesentlich höher liegt als die im Schienenverkehr. Wie sollen sich die Gesamtausgaben für den künftigen Ausbau von Verkehrswegen in Österreich zwischen Schiene und Straße aufteilen?

Die Antwort steckt schon in der Frage. NEOS steht für ein gutes Straßennetz, allerdings wurde die Schiene in den letzten Jahren vernachlässigt. Alle Expert_innen bestätigen, dass es hier Nachholbedarf gibt. Also lasst uns das gemeinsam tun.

Der österreichische Straßenverkehr verursacht pro Jahr über 400 Tote und 40.000 Verletzte (Kosten und Folgekosten: über 4 Mrd. Euro/Jahr). Hauptursache ist überhöhte Geschwindigkeit. Sind Sie mit diesem Zustand einverstanden?

Welche Maßnahmen befürworten Sie (Geschwindigkeitskontrollen?)? In Österreich wird mehr mit dem Auto gefahren und mit dem Flugzeug geflogen als je zuvor. Welche Maßnahmen setzen oder fordern Sie, um diesen Trend zu stoppen?

Unser Menschenbild basiert auf dem mündigen, eigenverantwortlichen Menschen. Wir setzen hier nicht auf Bevormundung und Verbote, sondern auf Aufklärung und Dialog. Gesetze sind allerdings einzuhalten und zahnlos, wenn sie nicht exekutiert werden.

Welche Rolle haben für Sie generell hochrangige Straßen? Welche Wichtigkeit sollen kommende Regierungen neuen Autobahnen und Schnellstraßen einräumen?

Das hochrangige Straßennetz ist kein Selbstzweck, sondern erfüllt eine Funktion für Gesellschaft, Wirtschaftsstandort und uns alle. Allerdings sind Expert_innen sich einig, dass in den letzten Jahrzehnten einäugig vorgegangen wurde. Es bedarf daher einer aufrichtigen Neubewertung der Netze über den Hebel der Kostenwahrheit.

Welche Projekte im hochrangigen Straßenbau (Lobau-Autobahn, Waldviertel-Autobahn, Fürstenfeld-Schnellstraße, Westring,…) sind für Sie prioritär, auf welche wollen Sie verzichten?

NEOS steht für evidenzbasierte Politik. Wir brauchen saubere Analysen zum gegenwärtigen und zukünftigen Verkehrsaufkommen. Wir wollen daher die Diskussion versachlichen. Detailpläne haben wir noch keine verabschiedet.

Die Erhaltung von Bahnlinien hat sich rückblickend betrachtet oft als sinnvoll erwiesen. Welchen Wert haben für Sie Regionalbahnen für die Wirtschaft und die Mobilität im Allgemeinen?

Sie haben Recht. Vor zwanzig Jahren wurde der Wert von Regionalbahnen unterschätzt. Wir müssen hier über den Moment hinaus denken. Beispiele zeigen, dass attraktive Angebote sich sogar für den Betreiber rechnen.

Wie stehen Sie zur Attraktivierung des öffentlichen Schienenverkehrs abseits der Hauptrouten?

Wir müssen uns gemeinsam überlegen, was wir uns leisten wollen, wenn es sich nicht selbst finanziert. Investieren wir in Bildung, in ein Wasserkraftwerk oder die Entwicklungs-zusammenarbeit …? Alles geht nicht. Ob immer die Schiene die attraktivste Lösung ist, bleibt zu prüfen. Mitunter sind flexiblere Busvarianten auf Nebenstrecken sinnvoller.

Wollen Sie Österreich mehr in Richtung Umweltschutz/Klimaschutz bewegen?

Ja, ja und ja. Es wird viel getan, aber noch nicht genug. Als NEOS sehen wir das mit den Augen uns nachfolgender Generationen. Wir haben die Pflicht, alles in unserer Macht stehende nach bestem Wissen und Gewissen zu unternehmen, damit unseren Kindern und Enkeln eine intakte Umwelt hinterlassen.

Bis wann soll Österreich so viel Energie aus erneuerbaren Quellen (Sonne, Wind, Biomasse, Wasser, Geothermie) produzieren, wie es selbst benötigt? Sind sie dafür, bis 2050 auf 100% erneuerbare Energie umzustellen?

Ja, 2050 wird von Expert_innen immer wieder als zwar ambitionierter aber realistischer Zielwert genannt. Manche NEOS-Expert_innen glauben sogar, dass das noch schneller ginge, aber es geht auch um den politischen Willen. Jedenfalls haben wir in Österreich diesbezüglich alle Karten in der Hand. Lasst uns das tun.

Welche Ziele setzt sich Ihre Partei zur Reduktion von klimawirksamen Emissionen? Unterstützen Sie das Ziel, den Energieverbrauch zu reduzieren?

Ja, NEOS unterstützt das Ziel den Energieverbrauch zu reduzieren. Wir sehen auch, dass in den letzten Jahren Umstellungen in der Produktion und Verbrauchstechnologie sich deswegen nicht positiv auswirkten, weil der Verbrauch weiter gestiegen ist. Hier brauchen wir ein echtes Umdenken. Wir sollten auch eine CO2-Steuer als Option prüfen.

Sind Sie für ein bundesweites Verbot der Schiefergasförderung?

Als jüngste politische Partei haben wir hierzu noch kein abschließendes gemeinsames Bild entwickelt. Ein komplexes Thema, wenn wir nur den Aspekt betrachten, dass z.B. Kohle durch die verringerte Nachfrage durch die Schiefergasförderung in den USA am Weltmarkt billiger wurde. Am Ende des Tages wollen wir aber auch keine Kohlekraftwerke.

Wollen Sie Siedlungsstrukturen fördern, in denen ein Großteil der Zielorte öffentlich bzw. fußläufig gut erreichbar ist, oder Siedlungsstrukturen, in denen die meisten Zielorte nur für jene erreichbar sind, die über ein Auto verfügen?

Natürlich macht die Fußläufigkeit mehr Sinn. Das ist für uns NEOS ein wichtiges Raumordnungskriterium. Allerdings wollen wir auch hier die Kirche im Dorf lassen: Namentlich in ländlichen Gebieten wollen und können wir nicht so tun, als wäre das Auto für die 7 km in den Ort ein Luxus. Das wäre städtische Überheblichkeit.

Wie wollen Sie die Verödung der Ortszentren durch die Verlagerung des Einzelhandels hinaus in periphere Lagen (Einkaufszentren, Fachmarktzentren,…) hintanhalten?

Eine sehr gute Frage, die den Finger in eine klaffende Wunde legt. Antwort: Durch die Raumordnung. Internationale Vergleiche zeigen, dass hier in Österreich in der Vergangenheit schwere Fehler begangen wurden. Das ist nicht rückgängig zu machen, aber hier brauchen wir einen echten Paradigmenwechsel, Es gibt erste positive Beispiele.

Wie möchten Sie die österreichische Wirtschaft ökologisieren und Klimaschutzmaßnahmen setzen?

Wir verstehen die Ökologisierung mehr als Chance, denn als Last oder Gefahr für unsere Wirtschaft. Wir müssen hier mutig ein paar Schritte voraus sein, und die Politik hat dafür die Rahmenbedingungen bereit zu stellen. Das rechnet sich vielleicht nicht immer gleich, aber langfristig werden wir damit Erfolg haben. Der wichtigste Hebel ist das Steuersystem.

Viele WirtschaftsexpertInnen sehen in der Umverteilung der Abgabenlast von Arbeitszeit auf Ressourcen (Ökosteuer / CO2-Abgabe) eine große Chance. Wie stehen Sie dazu?

NEOS hat mit Expert_innen ein Konzept erarbeitet, in Bürger_innen-Foren in allen Bundesländern, in Online-Begutachtungen und in seinen Mitgliederversammlungen zur Diskussion und Beschlussfassung gestellt. Das Ergebnis: Ja, wir sind für eine deutliche Verringerung der Abgabenlast auf Arbeit und Verlagerung auf den Ressourcenverbrauch

Wollen Sie Österreich mehr in Richtung Bildung/Forschung bewegen?Wenn ja, welche Investitionen wollen Sie dazu in der kommenden Legislaturperiode tätigen?

Unser Bildungssystem geht nun in die fünfte Dekade des Stillstands. Wir müssen gar nicht so viel mehr investieren (wir haben eines der teuersten Bildungssysteme der Welt), sondern dafür sorgen, dass das Geld bei den Kindern ankommt. Parteibuch und Bürokratie raus, Vielfalt und Individualität rein. Nicht zuletzt dafür haben wir uns gegründet
Eine sehr gute Frage, die den Finger in eine klaffende Wunde legt. Antwort: Durch die Raumordnung. Internationale Vergleiche zeigen, dass hier in Österreich in der Vergangenheit schwere Fehler begangen wurden. Das ist nicht rückgängig zu machen, aber hier brauchen wir einen echten Paradigmenwechsel, Es gibt erste positive Beispiele.
Schule,

Welche Ziele soll Schule prinzipiell verfolgen (Wissenserwerb, Vorbereitung auf das Berufsleben, Erwerb sozialer Kompetenzen,…)?

Schule, aber auch schon Kindergarten, Krabbelstube usw. sollen Chancengerechtigkeit herstellen. Wir wollen unseren Kindern die Flügel heben. Ja, Erwerb sozialer Kompetenzen und Wissenserwerb, aber auch ja, Vorbereitung auf ein erfolgreiches und selbstbestimmtes Leben. Es gibt keine wichtigere Aufgabe für die Politik.

Was sind für Sie die wichtigsten Schritte um Österreich als Wissensgesellschaft zu stärken?

NEOS hat ein umfassendes Programm entwickelt, aber hier verkürzt:
1) in Elementarpädagogik investieren,
2) freie Kindergärten, Schulen und Hochschulen,
3) Talente in den Mittelpunkt,
4) Lehrer_innen als Schlüssel zum Erfolg,
5) freie Schulwahl ohne Schulgeld,
6) Schul- und Hochschulautonomie
7) Faire Lehre

… 12) Forschung planungssicher.

Stimmen Sie folgenden Aussagen zu? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Zu viele Menschen in Österreich sind im Alltag mit dem Auto unterwegs.

JA, zum einen wird noch nicht genug nachgedacht, darüber hinaus gibt es völlig abstruse Fehlallokationen von Steuermitteln wie die Pendlerpauschale (Wahlgeschenke) und zum dritten, wurde der Ausbau des öffentlichen Verkehrs einige Jahrzehnte unterdotiert.

Österreich braucht mehr und effizientere öffentliche Investitionen in Bildung.

JA, denn Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft. Wir haben zwar schon jetzt eines der teuersten Bildungssysteme, aber neben einer evidenzbasierten Reform, müssen wir auch mutig weitere Schritte setzen. Jeder investierte Euro lohnt.

Österreich braucht mehr und effizientere öffentliche Investitionen in den ÖV abseits der Hauptstrecken.

Ja. Experten sind sich einig, dass hier Fehler gemacht wurden. Allerdings bedarf es einer sauberen Kosten-Nutzen-Rechnung, denn letztlich wird das von Steuergeldern bezahlt. So eine Rechnung muss mit offenem Ausgang angestellt werden.

Mobilität der Zukunft wird sich vom Auto gelöst haben.

Wir werden nicht alle immer zur gleichen Zeit im gleichen großen Verkehrsmittel sitzen. Schauen wir, welche Technologien für individuellere Mobilität entwickelt werden. Möglicherweise nennen wir das dann immer noch lateinisch korrekt Automobil.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /