© Piratenpartei
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Die große Vorwahlumfrage: Die Antworten der PIRATEN

Zukunft statt Autobahn und OEKONEWS haben gemeinsam mit zahlreichen NGOs brennende Fragen an die PIRATEN gestellt- Lesen Sie die Antworten

Haben PolitikerInnen eine wichtige Vorbildfunktion in den Bereich Umwelt- und Klimaschutz und nachhaltige Mobilität? Wie kommen Sie einer solchen Vorbildfunktion persönlich nach?

Prinzipiell finden wir es wichtig, Sachpolitik zu betreiben und nicht einzelne Personen in den Vordergrund zu rücken. Nichtsdestotrotz ist es natürlich so, dass sich alle Personen, die in der Öffentlichkeit auftreten, einer gewissen Vorbildwirkung und der damit verbundenen Verantwortung bewusst sein müssen. Gerade was ein so wichtiges Thema wie Umwelt- und Klimaschutz betrifft, sollten Politikerinnen und Politiker mit gutem Vorbild voran gehen.

Ich persönlich engagiere mich seit mehreren Jahren in einer Umweltschutzorganisation und spiele eine tragende Rolle in einer europaweiten Umweltschutz-Graswurzelbewegung für Jugendliche. Aus ökologischen Gründen besitze ich keinen Führerschein und bin Vegetarierin.

INFO: Wir haben keinen ‘Spitzenkandidaten’ im herkömmlichen Sinn, weil wir eine Reduzierung auf eine Person ablehnen und einen stärkeren Fokus auf die Themen legen wollen; aus diesen Gründen haben wir die vier Erstplatzierten auf der Bundesliste zum ‘Spitzenteam’ erklärt und betrachten Sie als gleichwertig.
Die obige Antwort stammt von Juliana Okropiridse, Listenzweite auf der Bundesliste zur Nationalratswahl.

Politik kämpft mit dem Image, abgehoben und fern von den BürgerInnen zu agieren. Wie können sich BürgerInnen mit einem Anliegen direkt an Sie wenden?

Wir bemühen uns die Einstiegshürden für Neumitglieder sehr niedrig zu halten. Wir sind eine Mitmachpartei und jedes Parteimitglied hat genau dasselbe Mitspracherecht. Mitarbeit ist sowohl online von zuhause aus möglich als auch offline bei Arbeitstreffen.

Die wöchentlichen Piratentreffen sollen Interessenten die Möglichkeit bieten, mit Mitgliedern der Partei in Kontakt zu treten und sich zu informieren. Außerdem bieten wir, um speziell auf Ideen und Anliegen eingehen zu können, eine Online-Plattform (http://initiative.piratenpartei.at ), auf der Anträge und Initiativen eingebracht werden können, welche dann von den Parteimitgliedern diskutiert und eventuell ins Parteiprogramm aufgenommen werden.

In welchen Bereichen besteht für Österreich in den nächsten 10 Jahren aus Ihrer Sicht allgemein der wesentlichste Veränderungsbedarf?

(1) Politik verbessern: Transparenz, basisdemokratische Elemente und eine überarbeitete Demokratiefinanzierung sollen eine Form der Politik schaffen, die unserer Zeit entspricht.

(2) Freiheit verteidigen: Die Vorratsdatenspeicherung gehört abgeschafft, der Überwachungsstaat verhindert. Private Daten müssen geschützt, das Urheberrecht zeitgerecht angepasst werden.

(3) Gleiche Chancen für alle: Freie Bildung, soziale Absicherung und gleiche Rechte für alle müssen her.

Was bedeutet für Sie der Begriff „Zukunftsfähigkeit“?

Innovativ, langfristig durchdacht und nachhaltig.

Wie kann die Österreichische Bundespolitik – Regierung und Opposition – in der nächsten Legislaturperiode verstärkt in die Zukunftsfähigkeit Österreichs investieren?

Die großen Herausforderungen der Zukunft können wir nur durch gesellschaftliche, technische und wirtschaftliche Innovationen bewältigen. Wir fordern soziale Absicherung, freie Bildung und Mitbestimmung für alle

Wollen Sie Österreich weiter in Richtung ökologische Mobilität bewegen?

Ja. Wir sprechen uns für einen fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr aus. Das erhöht die Attraktivität der Öffis gegenüber Autos ungemein, sorgt für freie Mobilität für alle und wird langfristig auch einen Gewinn für die Wirtschaft darstellen. Pilotprojekte, wie die Stadt Tallinn in Estland, beweisen, dass fahrscheinloser öffentlicher Nahverkehr realisierbar sind. Die Piratenpartei Österreichs schlägt vor, dieses Projekt in einer Stadt mit geeigneter Größe auszuprobieren und dann auf den Rest Österreichs auszuweiten.

Welches öffentliche Interesse halten Sie für höherwertig?

a) die Möglichkeit der BürgerInnen, unbehindert im eigenen PKW durch Österreich fahren zu können;

b) die Reduktion des PKW-Verkehrs durch adäquate Raumplanung und Anwendung des Verursacherprinzips auf den Ebenen Flächenverbrauch, Emissionen, Gesundheit usw.?

Dieses: die Reduktion des PKW-Verkehrs durch adäquate Raumplanung und Anwendung des Verursacherprinzips auf den Ebenen Flächenverbrauch, Emissionen, Gesundheit usw.

Welche ÖV-Projekte wollen Sie – gemeinsam mit den Bundesländern – konkret umsetzen? Bis wann?

Wie schon erwähnt, den fahrscheinlosen öffentlichen Nahverkehr. Eine Testphase zur Perfektionierung der Konzepts würde drei Jahre dauern, danach könnte ganz Österreich auf fahrscheinlose Öffis umgestellt werden.
Außerdem sprechen wir uns für eine überregionale Raumplanung sowie ein wirksames Bundes-raumordnungsgesetz aus. Ziel davon soll die Steigerung der Effektivität des öffentlichen Verkehrs, die Beachtung der naturräumlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse der Menschen sowie die Respektierung des reichhaltigen kulturellen und historischen Erbes in Österreich.

In den letzten 50 Jahren hat der Bund für den Ausbau der Straßenwege ein Vielfaches des Betrages für den Ausbau der Schienenwege ausgegeben, mit der Konsequenz,

dass die Anzahl der Personenkilometer im Straßenverkehr wesentlich höher liegt als die im Schienenverkehr. Wie sollen sich die Gesamtausgaben für den künftigen Ausbau von Verkehrswegen in Österreich zwischen Schiene und Straße aufteilen?

Wir haben hierzu keine explizite Parteiposition beschlossen. Persönlich bin ich der Meinung, dass öffentliche Verkehrsmittel in der Priorisierung grundsätzlich vorgehen sollten.

Der österreichische Straßenverkehr verursacht pro Jahr über 400 Tote und 40.000 Verletzte (Kosten und Folgekosten: über 4 Mrd. Euro/Jahr). Hauptursache ist überhöhte Geschwindigkeit. Sind Sie mit diesem Zustand einverstanden?

Wir sind uns des Problems bewusst, haben dazu jedoch noch keinen konkreten Lösungsvorschlag ausgearbeitet.

Welche Maßnahmen befürworten Sie (Geschwindigkeitskontrollen?)? In Österreich wird mehr mit dem Auto gefahren und mit dem Flugzeug geflogen als je zuvor. Welche Maßnahmen setzen oder fordern Sie, um diesen Trend zu stoppen?

Fahrscheinloser öffentlicher Nahverkehr muss her – und mit dem Zug zu fahren muss für die Endverbrauchenden deutlich billiger werden. Forschung an neuen, ökologisch sinnvollen und schnelleren Fernverkehrsystemen muss stärker gefördert werden.

Welche Rolle haben für Sie generell hochrangige Straßen? Welche Wichtigkeit sollen kommende Regierungen neuen Autobahnen und Schnellstraßen einräumen?

Hochrangige Straßen dienen der schnellen Fortbewegung mit hoher Kapazität im Individualverkehr. Neue Autobahnen und Schnellstraßen sollten nach Bedarf gebaut werden, wenn gewährleistet ist, dass die volkswirtschaftlichen Gewinne durch den Neubau die Kosten des Umbaus übersteigen. Wann das der Fall ist, soll von Expertinnen und Experten entschieden werden.

Welche Projekte im hochrangigen Straßenbau (Lobau-Autobahn, Waldviertel-Autobahn, FürstenfeldSchnellstraße, Westring,…) sind für Sie prioritär, auf welche wollen Sie verzichten?

Für die Piratenpartei Österreichs hat hochrangiger Straßenbau an sich keine Priorität. Wir sind der Meinung, dass beim Großteil von Autobahn- und Schnellstraßenprojekten ein hohes Einsparungspotenzial liegt. Es ließe sich Geld einsparen, das im öffentlichen Verkehr weit sinnvoller investiert wäre – und das, ohne Naturräume zu zerstören.

Die Erhaltung von Bahnlinien hat sich rückblickend betrachtet oft als sinnvoll erwiesen. Welchen Wert haben für Sie Regionalbahnen für die Wirtschaft und die Mobilität im Allgemeinen?

Regionalbahnen erfüllen eine Vielzahl an Mobilitätsbedürfnissen in Regionen. Als Baustein innerhalb eines multimodalen Verkehrskonzeptes könnte Attraktivität zurückgewonnen und bisherige Autofahrerinnen und Autofahrer zum Umstieg bewegt werden. Der ‘Wert’ von Regionalbahnen erschließt sich aus dem Wert von Mobilität im Allgemeinen und der Bedeutung von Infrastruktur – nicht nur im ländlichen Raum.

Wie stehen Sie zur Attraktivierung des öffentlichen Schienenverkehrs abseits der Hauptrouten?

Wie oben bereits erwähnt, stellen Regional- und Lokalbahnen ein wichtigen Teil von funktionierender Infrastruktur im ländlichen Raum dar. Taktverkehr, einfache Umstiegsmöglichkeiten, sowie die Integrierung in einem Mobilitätsmix (Auto/Fahrrad/Bahn) tragen erheblich zur stärkeren Akzeptanz und Attraktivierung des Schienenverkehrs bei.

Wollen Sie Österreich mehr in Richtung Umweltschutz/Klimaschutz bewegen?

Ja. Wir wollen hin zu erneuerbaren Energien und zu einem geringeren Energieverbauch durch Effizenzsteigerung mittels verschiedener Maßnahmen.

Bis wann soll Österreich so viel Energie aus erneuerbaren Quellen (Sonne, Wind, Biomasse, Wasser, Geothermie) produzieren, wie es selbst benötigt? Sind sie dafür, bis 2050 auf 100% erneuerbare Energie umzustellen?

Sobald wie möglich; falls es bis 2050 möglich sein sollte, dann auf jeden Fall.

Welche Ziele setzt sich Ihre Partei zur Reduktion von klimawirksamen Emissionen? Unterstützen Sie das Ziel, den Energieverbrauch zu reduzieren?

Durch Erfindungsreichtum und den intelligenten Einsatz neuer Technologien lassen sich Ressourcen sparen, Abfälle reduzieren und regenerative Energieträger vermehrt und besser nutzen – wir stehen diesen Entwicklungen optimistisch gegenüber. Die Stromproduktion durch Kernspaltung lehnen wir jedoch klar ab, da die enormen Risken (welche stets auf die Gesamtgesellschaft abgewälzt werden, während Gewinne aus der Energieproduktion den privaten Betreiberfirmen zukommen) und entstehende Folgekosten in keiner Relation zum Nutzen stehen. Um wirtschaftliche Anreize für den Einsatz von erneuerbaren Energieträgern zu garantieren, streben wir Kostenwahrheit an, also die Verrechnung externer Kosten nach dem Verursacherprinzip. Des Weiteren müssen starke Anreize gesetzt werden, um Technologien, die ein Risiko für langfristige Schäden am Klima, der Umwelt und den Menschen bergen, kontinuierlich durch risikoärmere zu ersetzen.

Sind Sie für ein bundesweites Verbot der Schiefergasförderung?

Die Piratenpartei Österreichs spricht sich für ein Verbot von Schiefergasbohrungen aus, da auch hier die Folgeschäden schwierig einschätzbar und in keiner Relation zum erwartbaren Nutzen stehen.

Wollen Sie Siedlungsstrukturen fördern, in denen ein Großteil der Zielorte öffentlich bzw. fußläufig gut erreichbar ist, oder Siedlungsstrukturen, in denen die meisten Zielorte nur für jene erreichbar sind, die über ein Auto verfügen?

Ja, klar ersteres!

Wie wollen Sie die Verödung der Ortszentren durch die Verlagerung des Einzelhandels hinaus in periphere Lagen (Einkaufszentren, Fachmarktzentren,…) hintanhalten?

Funktionierende Stadtentwicklungskonzepte müssen der Verödung von Ortszentren vorbeugen, auch einer Attraktivierung der Lebensqualität wegen. Allgemein gültige Vorschläge lassen sich jedoch nicht aussprechen, da konkrete Konzepte lokal erarbeiten werden müssen. Aufgrund der bereits jetzt schon sehr hohen Dichte von Einkaufszentren und zunehmenden Verlagerung von Einkäufen in den virtuellen Raum steht die Piratenpartei zusätzlichen Shoppingcentern am Stadtrand jedoch kritisch gegenüber.

Wie möchten Sie die österreichische Wirtschaft ökologisieren und Klimaschutzmaßnahmen setzen?

Das Umsetzen von kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen von Entscheidungstragenden muss abgelöst werden durch nachhaltiges, zukunftsorientiertes Wirtschaften.

Viele WirtschaftsexpertInnen sehen in der Umverteilung der Abgabenlast von Arbeitszeit auf Ressourcen (Ökosteuer / CO2-Abgabe) eine große Chance. Wie stehen Sie dazu?

Dazu haben wir noch keinen expliziten Beschluss, ich persönlich stehe der Sache positiv gegenüber. Steuern haben eine Steuerfunktion: Durch Ökosteuern Kostenwahrheit für Produkte zu erlangen, erscheint mir gerechtfertigt.

Wollen Sie Österreich mehr in Richtung Bildung/Forschung bewegen?Wenn ja, welche Investitionen wollen Sie dazu in der kommenden Legislaturperiode tätigen?

Ja. Ein flexibles Kurssystem statt starrer Klassenverbände in Schulen muss her, um Schülerinnen und Schülern individuell in ihren Stärken und Schwächen unterstützen zu können. Außerdem ist es dringend notwendig, die Lehrpläne an das 21. Jahrhundert anzupassen: Wir können auf Netz- und Medienkompetenz, Ethik sowie politische Bildung als neue Unterrichtsfächer nicht mehr verzichten.
Weiters liegt die Qualität der (Aus-)Bildung unserer Jugend in den Händen der Lehrenden. Deshalb fordern wir dringend eine Aufwertung des Lehrendenberufs, inklusive einer bundeseinheitlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Pädagoginnen und Pädagogen (von Kindergärten bis hin zur Oberstufe der Höheren Schulen).

Welche Ziele soll Schule prinzipiell verfolgen (Wissenserwerb, Vorbereitung auf das Berufsleben, Erwerb sozialer Kompetenzen,…)?

Bildung ist der Schlüssel zu einer glücklichen, leistungsfähigen Gesellschaft. Selbstbestimmtes Lernen soll aus jungen Menschen mündige Bürgerinnen und Bürger machen. Lernen muss Spaß machen und von den Lernenden als sinnvoll erkannt werden. Mitbestimmung von Anfang an ist wichtig, denn unsere Gesellschaft muss sich auf engagierte, motivierte junge Menschen verlassen können. Demokratiebewusstsein muss schon in der Schule geschaffen, die eigene Meinung darf einem nicht ‘abtrainiert’ werden. Das Arbeiten im Klassenverband und Teams muss verstärkt als Unterrichtsmittel angewandt werden, um Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein als Kernpunkte von produktivem Arbeiten zu vermitteln.

Was sind für Sie die wichtigsten Schritte um Österreich als Wissensgesellschaft zu stärken?

Die großen Herausforderungen der Zukunft können wir nur durch gesellschaftliche, technische und wirtschaftliche Innovationen, also durch ein sehr viel höheres allgemeines Bildungsniveau, bewältigen. Um dieses zu erreichen, muss eine durchgängige Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen von der Kleinkinderbetreuung bis zu Hochschulen herbeigeführt werden. Schulen gehören ausgebaut, Unis ausfinanziert. Wenn wir in Bildung investieren, investieren wir in unsere Zukunft.

Stimmen Sie folgenden Aussagen zu? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Zu viele Menschen in Österreich sind im Alltag mit dem Auto unterwegs.

Ja. In Österreich gibt es derzeit über 4,5 Mio. PKWs, diese Zahl spricht wohl für sich.

Österreich braucht mehr und effizientere öffentliche Investitionen in Bildung.

Ja. Freie Bildung ist der Schlüssel zu einer glücklichen, leistungsfähigen Gesellschaft.

Österreich braucht mehr und effizientere öffentliche Investitionen in den ÖV abseits der Hauptstrecken.

Ja. Wir sprechen uns generell für einen bundesweiten Ausbau des öffentlichen Verkehrs aus.

Mobilität der Zukunft wird sich vom Auto gelöst haben.

Nein. Die Abhängigkeit vom Auto wird sich in Zukunft hoffentlich deutlich verirngern. Als Teil von Mobilität wird der motorisierte Individualverkehr jedoch weiter Bestand haben, wenngleich eingebettet in eine Vielzahl von modernen Entwicklungen (Carsharing, fahrerlose Autos, Elektromobilität). Die Piratenpartei steht nicht für ein plumpes Ja/Nein in Verkehrsfragen, sondern fordert integrierte Mobilitätskonzepte, die nicht bestimmten Verkehrsmittel den alleinigen Vorzug geben – so wie bislang Autos großteils gegenüber dem ÖPNV bevorzugt behandelt werden.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /