© VGT- Martin Balluch
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Tierschutz-Prozess: Teil der Freisprüche aufgehoben!

Am Sonntag lief der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilm „Der Prozess“ im ORF, der sich mit dem Tierschutzprozess beschäftigte - Was am Montag folgt ist ein böses Erwachen!

Ein aus drei Richterinnen bestehender Senat am Oberlandesgericht Wien gib er Berufung gegen den Freispruch in allen Punkten Recht. Ein Schock nicht nur für die Betroffenen! Ein Teil der Freisprüche, und zwar 5 von 13, wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Wien aufgehoben. Die Berufung hatte der im Tierschutzprozess nicht erfolgreiche Staatsanwalt, eingereicht, der in der Zwischenzeit erster Ankläger des Landesgerichts ist.

Die Richterin im Tierschutzprozess sah es nicht als Nötigung, wenn eine NGO einer Firma Demonstrationen und Informationsveranstaltungen über deren Geschäftspolitik ankündigt.

Nun ist das Oberlandesgericht in Wien nicht dieser Meinung. Es sieht es außerdem als Tierquälerei, wenn ein Tierschützer die Türe einer großen Schweinezucht öffnet und die Schweine aus den engen Buchten, in denen sie ohne Stroh leben müssen, auf eine Wiese lässt!

Nach Meinung des OLG bleiben Nötigung und versuchte Nötigung von Unternehmen, schwerwiegende Straftaten und Sachbeschädigungen (Zerstörung von Fensterscheiben und Werbetafeln), Sachbeschädigung und Tierquälerei (Öffnen des Schweinestalls, wodurch rund 400 Schweine in Stress und Panik geraten seien und einige als Folge daraus verendeten), Widerstand gegen die Staatsgewalt (Gewaltanwendung um eine Festnahme zu verhindern).

Rechtskräftig bleibt jedoch der Freispruch vom Vorwurf der ‘kriminellen Vereinigung’ (§ 278a StGB) durch das Landesgericht Wiener Neustadt vom Mai 2011.

VGT-Obmann DDr. Martin Balluch, der einst ebenfalls zu den Angeklagten gehörte, ist entsetzt: ‘Ein Staatsanwalt des LG Wr. Neustadt schießt mit den Fingern aus dem Fenster auf die Freigesprochenen, und er wird weder verfolgt noch suspendiert. Stattdessen wird der zuständige Staatsanwalt im Tierschutzprozess zum Oberstaatsanwalt befördert. Offenbar will man sich seitens der Justiz jetzt an dem Mediendebakel rächen und wenigstens irgendeine Verurteilung erreichen. Und so greift man zum Vorwurf der Nötigung im Falle völlig legaler und friedlicher Kundgebungen. Wenn das eine Nötigung sein soll, dann ist es auch Nötigung, wenn ein Kunde einer Firma schreibt, er werde dort nicht mehr einkaufen, bis die Firma ihre Geschäftspolitik tierfreundlicher gestalte. Oder ist es erst Nötigung, wenn mindestens 5 KundInnen gemeinsam schreiben?’

DDr. Balluch kündigt nun eine Selbstanzeige an: ‘Im letzten Winter haben wir eine Kampagne gegen die Firma Eybl wegen deren Pelzverkauf durchgeführt. Das ist die Rolle von NGOs in einer Demokratie, wird dadurch doch den KundInnen bewusst gemacht, was sie mit ihrem Geld unterstützen. Ich werde daher in einer Selbstanzeige die Staatsanwaltschaft bitten, zu untersuchen, ob ich mich dadurch nicht auch einer Nötigung schuldig gemacht habe. Sollte das so sein, dann halte ich mich an Henry Thoreau: in einer ungerechten Gesellschaft ist der Platz der gerechten Menschen im Gefängnis!’

Das Verfahren, das nicht nur Millionen an Steuergeldern verschlungen hat, hat einige der einstigen Aktivisten in den finanziellen Ruin getrieben - Regressforderungen an die Republik Österreich laufen.

Die Reform des § 278a StGB ist noch nicht erfolgt- die Justizministerin wollte dazu erst die Ergebnisse der Berufung abwarten. Sie ist nun am Zug.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /