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Entzweit Temelin die tschechische Koalition?

Premier Necas verteidigt den Ausbau, Finanzminister Kalousek zweifelt an Wirtschaftlichkeit

Prag-Es war eine Weile sehr ruhig zum Thema Temelinausbau in Tschechien. Nun dürfte das Thema brenzlig werden: In einem Interview mit der Wirtschaftszeitung HN äußert der tschechische Finanzminister Miroslav Kalousek Zweifel am größten Bauauftrag in der Geschichte Tschechiens, der 200-300 Milliarden Kronen ausmachen dürfte.
Premierminister Necas sieht den Ausbau des Atomkraftwerks jedoch als strategisch wichtigen Schritt.
Der Finanzminister zweifelt daran habe, ob sich bei den derzeit niedrigen Strompreisen der Bau auch rechnet. "Es wäre ohne Zweifel eine Maßnahme zur Konjunkturbelebung. Ich als Finanzminister, der auch die Aktionärsrechte in der Firma CEZ auszuüben habe, muss aber auch abwägen, ob diese Investition für die Firma etwas bringt. Und da bin ich mir überhaupt nicht so sicher." meint er in dem Interview.


Die Marktsituation hat sich schlicht und einfach verändert. In den letzten 2 Jahren sind die Strompreise auf den Märkten um rund ein Drittel gefallen. Der Finanzminister meint, es sei notwendig, nun detaillierte Analysen mit verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten auszuarbeiten und will diese zu Ferienbeginn der Regierung vorlegen.

Der Zeitplan hat sich verändert: Der Sieger der Ausschreibung soll von CEZ frühestens im Herbst genannt werden, nicht schon im September, wie man ursprünglich annahm. Nur noch 2 Kandidaten sind um den Ausbau Temelins im Gerangel: das tschechisch-russische Konsortium MIR 1200 und die amerikanische Firma Westinghouse. Alles hat Verspätung, weil seit Februar ergänzende Konsultationen laufen, im Rahmen derer CEZ bessere Bedingungen für den Preis erreichen möchte, denn "die Angebote beider Bewerber haben uns in ihrer Höhe unangenehm überrascht." wie der Minister weiter sagt.

"Diest ist eine persönliche, private Meinung des Herrn Kalousek, keineswegs die Meinung der Regierung" meldete sich daraufhin Premier Necas zu Wort. "Die Tschechische Republik
kommt ohne atomare Energiequellen nicht aus, weder für die Haushalte und schon gar nicht für die Industrie." Aber es kommt noch schärfer: "Kalousek verhält sich wie ein Buchhalter, nur in einen Horizont von ein zwei Jahren nach vorn sehen kann." Staatsmännisch ist, nach Meinung des Premiers, weiter als nur bis Ende 2013 vorauszuschauen. Denn dann müsse Tschechien Kohlekraftwerke außer Betrieb nehmen und man werde "im Trockenen" sitzen.

Von internationalen Experten wird bereits seit einiger Zeit davor gewarnt, dass sich Atomkraftwerke ohne entsprechende Subventionen absolut nicht mehr rechnen könnten.

(Übersetzung des Originalinterviews und einiger Hintergrundartikel durch Bernhard Riepl)

GastautorIn: Riepl und Holler für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /