© Naturschutzbund NÖ
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Tschüss zum Artenschutz: Ade für die Ziesel in Wien?

Grünes Licht für Ziesel-Delogierung scheint durch!!

‘Dubioser Verkaufsschacher um Floridsdorfer Ziesel-Gründe” so titelte kürzlich ein aufschlussreicher Artikel in der Kronen Zeitung. Nun sagt Wien zum Artenschutz endgültig Tschüss. Wie befürchtet winkte die Naturschutzbehörde MA 22 die Ziesel-Umlenkung beim Heeresspital durch und markierte damit einen absoluten Tiefpunkt im Umgang mit dem Naturschutz.

Flankiert wurde der Entscheid durch gezieltes Einschalten der gut vernetzten PR-Agentur eines prominenten Ex-Politikers. Der Öffentlichkeit servierte man ein wild-romantisches Luftschloss voll idyllischer Ausgleichswiesen und zärtlicher Eingriffe. In der Realität könnte es am Marchfeldkanal allerdings schon bald heftig zur Sache gehen.

Bezirksparlament in Floridsdorf lehnt „Komplettpaket“ der Stadt Wien ab

Mit Ausgleichsflächen und rechtskräftiger Lizenz zur Vernichtung wertvollen Lebensraums liefert die Stadt Wien ein ‘Komplettpaket’. Das ist von Floridsdorf allerdings nicht gewünscht. Denn bekanntlich forderte das lokale Bezirksparlament mehrheitlich die Absiedlung des Bauprojekts. Umliegend des Heeresspitals soll nach dem mehrheitlichen Willen der Volksvertreter ein Naturschutzgebiet etabliert werden.

Jetzt liegt es an der Floridsdorfer Politik mit Nachdruck die Umsetzung ihrer Beschlüsse von der Gemeinde Wien einzufordern!

Ein offensichtlich undurchführbarer Plan neu aufgewärmt

Weit verstreute Ausgleichsflächen für die Heeresspital-Ziesel. Gefeiert als großer Durchbruch, entpuppt sich die präsentierte Lösung leider rasch als alter Wein in neuen Schläuchen. Unverändert will man die Ziesel auf die selben weit verstreuten, teils abgelegen und ungeeigneten Ausgleichsflächen umlenken.

Ist ein erster Teil der Tiere dort angekommen, beginnt die sukzessive Vernichtung ihres angestammten Lebensraums um auch die übrigen Artgenossen zu vertreiben. Verbliebene Individuen, die sich dem ‘sanften Druck’ des Pflugs widersetzen, will man kurzerhand einsammeln und abtransportieren.

Nach dem selben Muster wird auch die ebenfalls beheimatete Feldhamster-Population delogiert, bekannte Vorkommen von Zauneidechse und Wechselkröte womöglich gar ignoriert. Allesamt sind sie streng geschützte Arten – Biodiversität scheint offensichtlich unerwünscht!

Neu ist lediglich, dass im Falle des Scheiterns der Absiedlung, zusätzliche Überbrückungen des Marchfeldkanals errichtet werden sollen, um so die lästigen Tiere doch noch irgendwie los zu werden. Ein dichtes Vorkommen beim Heeresspital, es war schon vor Beginn der Planungen bekannt, fiel aber im Widmungsverfahren unter den Tisch. Die betroffenen Ziesel sollen wohl um jeden Preis der Welt ihren Lebensraum verlieren.

Den größten Teil der Flächen stellt die Gemeinde Wien selbst zur Verfügung. Verbuschte Uferböschungen am Marchfeldkanal, deren Rodung nun zumindest teilweise zu befürchten ist, werden von der Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal beigesteuert.

Wien ist anders: Mit Public Relations kontra Naturschutz

Braucht es beim Thema Naturschutz die Einschaltung einer PR-Agentur, muss wohl ordentlich Feuer am Dach sein.

Zur Rettung des Mega-Bauprojekts beim Heeresspital vertraut man auf Dienste eines Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführers, dessen Agentur voll und ganz auf ‘Story Telling’ spezialisiert ist.

Es sind aber nicht die von der Kronen Zeitung recherchierten Fakten, die im Mittelpunkt der ’Auftrags-Geschichterln’ stehen. Vielmehr soll die öffentliche Meinung gezielt jenen notwendigen Spin bekommen, damit die Verantwortlichen ohne Imageverlust ein in Schieflage geratenes Vorhaben doch noch durchpeitschen können.

Auftrags-PR gegen die Interessen objektiv vom Aussterben bedrohte Tiere markiert zweifellos einen deprimierenden Tiefpunkt im Umgang mit schützenswerten natürlichen Ressourcen und letztendlich auch im Umgang mit den Bürgern. Eine Erkenntnis, die man angesichts grünen Aufwinds in der österreichischen Politik nicht für möglich halten würde.

Lichtblick Ziesel-Petition

Enorme Resonanz gab indes für die erst kürzlich initiierte Petition zum Schutz der Ziesel-Population beim Heeresspital. Mit ihrer Forderung nach Umsetzung der Floridsdorfer Beschlüsse, konnte sie bereits mehr als 1.000 Unterstützungserklärungen gewinnen.

Ziesel-Wanderung am 15. Juni 2013

Lernen Sie im Rahmen eines geführten Spaziergangs die Besonderheiten von Flora und Fauna des Stammersdorfer Marchfeldkanal-Abschnitts, nahe dem Heeresspital, kennen. Neben dem Ziesel, haben weitere streng geschützte und seltene Arten wie Feldhamster, Zauneidechse, Wechselkröte, Neuntöter oder Nachtreiher dort ein Rückzugsgebiet gefunden. Ein wertvolles Naturjuwel, wo es vieles zu entdecken gibt, erwartet Sie! Machen Sie sich auch selbst ein Bild von den inakzeptablen, weit verstreuten Ausgleichsflächen, auf die man die streng geschützten Ziesel absiedeln will.

Wann: Samstag, 15. Juni 2013, 15:00 Uhr
Wo: Johann-Orth-Platz, 1210 Wien (Ecke Inge-Konradi-Gasse/Weilandgasse)



War’s das nun mit den Zieseln beim Wiener Heeresspital? – Natürlich nicht, solange der gemeinsame Kampf für den Erhalt einer der letzten großen Populationen Österreichs unvermindert weitergeht.

GastautorIn: Helene Freibauer & Marko Rusz für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /