© Stadt Wien-Umweltstadträtin Ulli Sima, Prof. Seralini von der Uni Caen und Christoph Then von "testbiotech"
© Stadt Wien-Umweltstadträtin Ulli Sima, Prof. Seralini von der Uni Caen und Christoph Then von "testbiotech"

Sima/Seralini/Then: Keine Gentechnik auf Feldern und Tellern

Rattenstudie beweist einmal mehr die großen Gefahren der Gentechnik in der Landwirtschaft

Die "Rattenstudie" des französischen Molekularbiologen Gilles-Eric Seralini hat im Vorjahr für Aufregung gesorgt: Sein Wissenschafter-Team der Universität Caen hat die ersten Fütterungsversuche mit Genmais in einer Langzeitstudie durchgeführt. Dabei fanden sie heraus, dass Ratten früher sterben und vor allem an Krebs erkranken, wenn sie mit gentechnisch verändertem Mais gefüttert werden. Prof. Seralini hat vor kurzem in einem Hintergrundgespräch mit Umweltstadträtin und Molekularbiologin Ulli Sima sowie mit Christoph Then von testbiotech die dramatischen Erkenntnisse seiner Studien präsentiert. "Nicht erst seit dieser Studie wissen wir, dass Gentechnik in Lebensmitteln und in der Landwirtschaft nichts verloren hat. Wiens Felder müssen daher auch künftig gentechnikfrei bleiben", stellt Sima einmal mehr klar.


Erste Langzeitstudie mit 200 Ratten mit alarmierenden Erkenntnissen

Zwei Jahre lang haben Wissenschafter der Universität Caen unter Leitung von Gilles-Eric Seralini Fütterungsversuche an 200 Ratten durchgeführt. Sie haben damit eine Langzeitstudie erstellt, die belegt, wie sich der "Roundup Ready-Mais" von Monsanto und das massenhaft eingesetzte Pestizid Roundup auf Tiere und Menschen auswirken.

Im September 2012 haben sie die Erkenntnisse in der Fachzeitschrift "Food and Chemical Toxicology" unter dem Titel "Cytotoxicity on human cells of Cry1Ab and Cry1Ac Bt insecticidal toxins alone or with a glyphosate-based herbicide" publiziert.

Die Ratten wurden in drei Gruppen unterteilt - eine wurde mit Kroketten gefüttert, die den Genmais NK603 enthielten; eine zweite Gruppe wurde mit demselben Genmais gefüttert, der zuvor mit dem Pflanzenschutzmittel "Roundup" besprüht worden war. Sowohl Genmais als auch Pflanzenschutzmittel werden vom weltgrößten GVO-Hersteller, dem US-Konzern "Monsanto", produziert; eine dritte Rattengruppe wurde mit GVO-freiem Mais ernährt. Der untersuchte Gentech-Mais NK 603 von Monsanto ist in den USA als Nahrungsmittel zugelassen. Nach Europa wird er als Futtermittel für die Fleischproduktion importiert. NK 603 steht auf der Liste der gentechnisch veränderten Maissorten, die demnächst auch in Europa zum Anbau zugelassen werden könnten. Die Bewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) lautet, NK 603 sei genau so sicher wie konventioneller Mais.


Die alarmierenden Erkenntnisse der Studie

Nach nur wenigen Monaten zeigten mit Genmais gefütterte Ratten massive gesundheitliche Beeinträchtigungen.
Bereits nach vier Monaten erkrankten die männlichen Tiere an Tumoren der Leber und der Nieren.
Bei weiblichen Tieren zeigten sich zusätzlich nach sieben Monaten auch Geschwüre an der Brust.
Die mit Genmais gefütterten Ratten starben wesentlich früher als jene, die mit "normalem" Mais gefüttert wurden. 17 Monate nach Beginn der Untersuchung sind von den mit Genmais gefütterten Ratten fünfmal mehr Tiere tot gewesen als in der Vergleichsgruppe.

Daraus zieht Professor Seralini folgende Schussfolgerung: "GM NK603 and R cannot be regarded as safe to date." ( "Die gentechnisch veränderte Maissorte NK603 und Roundup sind zur Zeit als nicht sicher zu betrachten.")


Risikoabschätzung bei Gentechzulassungen absolut mangelhaft

"All die Ergebnisse sind alarmierend. Die Risikoprüfung von gentechnisch veränderten Pflanzen muss erheblich verschärft werden. Angesichts der großen Lücken in der bisherigen Risikobewertung halten wir eine Vermarktung dieser Pflanzen für rechtlich nicht zulässig", sagt Christoph Then von Testbiotech. Diese Organisation betreibt unabhängige Forschungen über die Auswirkungen der Biotechnologie. Then befasst sich in diesen Zusammenhang seit vielen Jahren mit der Arbeit der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA und weist auf Missstände hin. So hat sich die EFSA in ihren Bewertungen bisher nur auf 90-Tage-Studien beschränkt. In dieser kurzen Zeit kann man laut Then aber die tatsächlichen Risiken der Gentech-Pflanzen manchmal nur schwer abschätzen. Diese erste Langzeitstudie von Seralini belegt nun, was viele KritikerInnen der Gentechnik in der Landwirtschaft und viele Landwirte selbst schon lange vermuten: Die Gentechnologie und die dabei verwendeten Pestizide haben massive Auswirkungen auf die Gesundheit der Tiere - und somit auch auf die Menschen.
Bt-Toxine und Round-up schädigen nicht nur Insekten, sondern auch menschliche Zellen.

Zahlreiche gentechnisch veränderte Pflanzen produzieren sogenannte Bt-Toxine, die Insekten abtöten sollen. Diese Gifte können aber auch menschliche Zellen schädigen. Die Effekte traten nur bei relativ hohen Konzentrationen auf, trotzdem sind sie bedenklich. Erstmalig wurden derartige Schädigungen menschlicher Zellen beschrieben. Dies widerlegt Behauptungen von Monsanto und anderen Firmen, wonach das Bt-Gift ausschließlich bei bestimmten Insekten, nicht aber bei Säugetieren und Menschen wirksam sei. Die Untersuchung der Wirkungen von Bt-Giften auf menschliche Zellen wird bislang weder in der EU noch sonst irgendwo auf der Welt für die Risikoprüfung verlangt.

Das von den Wissenschaftern getestete Pflanzenschutzmittel Roundup wird insbesondere beim Anbau von gentechnisch veränderten Sojabohnen in großen Mengen versprüht, die gegen dieses Herbizid resistent gemacht wurden. In den Sojapflanzen finden sich entsprechende Rückstände. Das Ergebnis der Untersuchungen: Bereits in äußerst niedrigen Konzentrationen schädigt Roundup (das als Wirkstoff Glyphosat enthält) menschliche Zellen. Damit bestätigen die Wissenschaftler die Ergebnisse anderer Untersuchungen, nach denen die bisherige Risikobewertung des Herbizids nicht ausreichend ist, um gesundheitliche Risiken auszuschließen.

"Diese Ergebnisse haben uns sehr überrascht. Bisher hat man eine Wirkung der Bt-Toxine auf menschliche Zellen grundsätzlich ausgeschlossen. Jetzt muss genauer untersucht werden, was die genauen Ursachen für die beobachteten Schäden sind und ob es Wechselwirkungen mit anderen Giftstoffen in der Nahrungskette gibt", so Seralini "Diese Untersuchungen zeigen, dass die Risiken von Bt-Toxinen und auch von Roundup unterschätzt wurden."

Kritik an Studie nicht überraschend

Dass die Studienergebnisse nicht allen gefallen und daher die Studie nicht unumstritten ist, verwundert kaum. So hat auch die von Then erwähnte Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) es bislang nicht für nötig erachtet, die gentechnisch veränderte Maissorte NK603 erneut zu überprüfen, sondern die Studie kritisiert. Sima fordert in diesem Zusammenhang eine Neuüberprüfung der besagten Maissorte von Seiten der EFSA.
Doppelstrategie: Wiens Landwirtschaft ist und bleibt gentechnikfrei

Die Wiener Landwirtschaft produziert ohne Gentechnik, das heißt garantiert ohne die Anwendung gentechnisch veränderten Saatguts bzw. Jungpflanzen. Zumal ein Verbot von Gentechnik in der Landwirtschaft nicht mit EU-Recht kompatibel ist, hat die Stadt Wien eine "Doppelstrategie" gewählt: einerseits mit dem Gentechnik-Vorsorgegesetz, andererseits mit der Plattform "Freiwillig ohne Gentechnik". Das Gentechnik-Vorsorgegesetz wurde am 29. Juni 2005 beschlossen. Demnach wäre Gentechnik-Einsatz auf dem Acker nur unter strengsten Auflagen möglich - die in der Praxis so gut wie nicht umsetzbar sind.

Gleichzeitig wurde gemeinsam mit der Wiener Landwirtschaftskammer und der LGV-Frischgemüse die Plattform "Freiwillig ohne Gentechnik" gestartet. Darin haben sich Wiener Betriebe zusammengeschlossen, die sich zum freiwilligen Verzicht auf den Einsatz gentechnisch manipulierten Saatguts und auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen für die Lebensmittelproduktion verpflichten.

Gemüse aus Wien ist somit garantiert gentechnikfrei, hochqualitativ, umweltfreundlich produziert und hat einen kurzen Transportweg. Die Millionenstadt Wien hat eine florierende Landwirtschaft innerhalb der Stadtgrenzen. 16 Prozent der Stadtfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Produziert werden Gemüse, Obst, Getreide und Wein, garantiert gentechnikfrei.

Servicetipp - Broschüre "Essen ohne Gentechnik": Für den täglichen Einkauf finden sich darin praktische Tipps und Informationen über Kennzeichnungsbestimmungen. Darüber hinaus gibt es tolle Rezepte für gesunde, schnelle Gerichte - natürlich ganz ohne Gentechnik.

Download unter: www.wien.gv.at/umwelt/natuerlich/landwirtschaft/gentechnik.html

Quelle: Büro Sima


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /