© Austria Solar- Mag. Bernd Vogl
© Austria Solar- Mag. Bernd Vogl

“Solarwärme im Gespräch” mit Bernd Vogl

Ein Interview mit Mag. Bernd Vogl, Leiter der Magistratsabteilung Energieplanung (MA 20)

Mit ’Solarwärme im Gespräch” startet eine Serie an interessanten Interviews. Mag. Bernd Vogl, Leiter der Magistratsabteilung Energieplanung (MA 20), welcher auch maßgeblich für die Wiener Energiezukunft und damit die Rahmenbedingungen für Solarwärme verantwortlich ist, macht den Anfang.

Herr Vogl, Österreich ist und war ein führendes Land in Sachen Solarwärme. Trotzdem hat man das Gefühl, dass alle Welt nur mehr über Photovoltaik spricht, woran könnte das liegen?

Der globale Photovolaik (PV)-Markt hat zu deutlich sinkenden Preisen geführt und v.a. der deutsche Markt hat das Thema auch sehr stark in die öffentliche Wahrnehmung in Österreich gebracht.

Technisch und emotional hat die PV zwei weitere entscheidende Vorteile. Technisch kann sie viel leichter in die bestehenden Haussysteme integriert werden. Für den Hausbesitzer ist es eigentlich eine ‘Plug and Play’ Lösung, die auch ohne Schwierigkeiten funktioniert. Will man Solarwärme nutzen, muss das Wärmesystem einmal prinzipiell dafür geeignet sein und dann muss man auch noch in das bestehende System eingreifen.
Das ist technisch nicht so einfach und kann zu Schwierigkeiten führen.

Emotional schafft es die PV zudem besser mit dem Thema ‘Unabhängigkeit oder mehr Autarkie’ in Verbindung gebracht zu werden. Wahrscheinlich liegt das daran, dass man mit dem Strom aus der PV-Anlage ‘alles’ machen kann auch so sexy Dinge wie E-Autos laden oder ein iPad CO2-frei betreiben.

Könnten Sie kurz darauf eingehen, welches die wichtigsten Förderungen für Solarwärme in Wien derzeit sind und wer damit angesprochen werden soll? (Beispiele, wer der perfekte „Kunde“ für die Förderung wäre)

Wir haben in Wien nach wie vor eine sehr gute Förderung von Solarwärmeanlagen, mit der wir eigentlich alle Zielgruppen ansprechen: Ein- und Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienwohnhäuser und auch betriebliche Nutzungen. Alle weiteren Infos dazu sind hier nachzulesen .

Es gibt das Ziel in Wien bis 2020 eine installierte Solarthermiefläche von 300.000 m2 zu erreichen.

Beim derzeitigen schleppenden Ausbautempo würde man dieses Ziel laut Berechnungen von Austria Solar, erst in 130 Jahren erreichen. Gibt es zu wenig Geld oder die falschen Anreize?

Die Berechnung stimmt so nicht, weil man sämtliche Anwendungen berücksichtigen muss. Es kommen in Wien jährlich rund 5.000 – 6.000 m2 Kollektorfläche dazu und wir liegen derzeit bei knapp 100.000 m2.

Das Geld für die Förderung von Solarthermieanlagen wird in Wien regelmäßig nicht abgeholt, ganz im Gegensatz zur PV-Förderung. An öffentlichen Geldern und Anreizen fehlt es also nicht. Meine Meinung dazu ist folgende: ‘Solarenergie nutzen’ und somit etwas ‘Gutes’ tun, war in Österreich über fünfzehn Jahre die Errichtung einer thermischen Solaranlage. Es gab keine Konkurrenz und großzügige Förderungen über ca. 15 Jahre ohne Degressionsmodelle. Das hat dem Markt offensichtlich nicht gut getan. Jetzt ist die Konkurrenz da in Form von PV und manche Förderungen sind verschwunden bzw. werden verschwinden, da beginnt der große Katzenjammer und man fordert mancherorts die Abschaffung des Markts in Form einer Verpflichtung für thermische Solaranlagen in der Bauordnung. Ich hätte kein gutes Gefühl eine Techologie verbindlich vorzuschreiben, die aus einem geförderten, verzerrten Markt kommt und offensichtlich deutlich zu teuer ist. Eine techologieoffenere Verpflichtung könnte man andenken. Solaranlagen – ob PV oder Solarthermie – sind ohnehin auf dem Weg unverzichtbare Gebäudebestandteile zu werden.

In Kopenhagen dürfen seit Jahren nur mehr Häuser gebaut werden, die an ein Nahwärmenetz, welches mit erneuerbarer Energie beheizt wird, angeschlossen sind. Gibt es in Wien ähnliche Ansätze?

Ich halte bei heutigen Baustandards einen Anschlusszwang für nicht sinnvoll. Soweit ich das mit verfolgt habe, hat es bei dem großen neuen Stadterweiterungsgebiet Nordhavnen eine Diskussion darüber gegeben, ob man an die zentrale Fernwärme anschließt. Man hat sich dann entschlossen vorerst mal die Fernwärme einzuleiten, aber trotzdem setzt man darauf die Versorgung mittelfristig mit lokalen erneuerbaren Wärmequellen zu decken.

Wichtiger bei Stadterweiterungsgebieten ist der Fokus auf hohe Effizienz und die bestmögliche Nutzung erneuerbarer Quellen. Das ergibt dann hoffentlich Nullenergie Stadtteile. Bei Gebäuden die sehr geringe Verbräuche haben, ist die Frage einer zentralen Versorgung auch eine ökonomische. Zentrale Systeme brauchen hohe Wärmedichten. Egal ob dezentral oder zentral, die Wärme sollte aus erneuerbaren Quellen kommen.

Ich war ja im Sommer in Kopenhagen und mir gefällt, dass effiziente Gebäude, Versorgung mit erneuerbaren Energien und tolle Architektur selbstverständlich verknüpft werden. Wir brauchen das Lustprinzip in unseren neuen Energiewelten. Übrigens mein Favorit als Stadtradler: das ‘8-House’ von Bjarke Ingels!

Wenn Sie sich für die Energiezukunft Wiens etwas wünschen dürften, was wäre das?

Die Solarstadt Wien bzw. der Großraum Wien ist bis 2050 ein Umschlagplatz für gespeicherte Solarenergie, ich denke hier v.a. an Wasserstoff und synthetisches Gas. Nur wenn wir es schaffen, den Energieverbrauch der Stadt deutlich zu reduzieren und große Speicherkapazitäten zu entwickeln, können wir komplett auf erneuerbare Energie umsteigen. Wien könnte von so einer Strategie auch wirtschaftspolitisch profitieren.

Das Interview in voller Länge finden Sie auf:
blog.solarwaerme.at/solarwarme-im-gesprach-mit-bernd-vogl

GastautorIn: Austria Solar für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /