© Rolf Handke pixelio.de
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Berlakovich: Österreich schließt Kyoto Lücke mit ausländischen Klimaschutzprojekten

Um Sanktionen für Österreich am Ende der Kyotoperiode abzuwenden, ist handeln dringend notwendig

"Wir haben die Kyoto Frage gelöst. Rund 1,4 Mrd. Euro hat das Lebensministerium seit 2008 in Klimaschutzmaßnahmen in Österreich investiert. Dazu kommen weitere 550 Millionen Euro für Klimaschutzprojekte im Ausland. Damit erfüllt Österreich seine Verpflichtungen, die es im Kyoto-Protokoll eingegangen ist. Wir haben Kyoto gelöst, die Herausforderung Klimaschutz bleibt aber.", so Umweltminister Nikolaus Berlakovich heute bei einer Pressekonferenz.

Die aktuelle Treibhausgasbilanz belegt, dass Österreich 2010 um 6,2 Mio Tonnen Kohlendioxidäquivalent vom Kyotopfad abweicht. Länder, die das Ziel nicht erreichen, müssen Emissionszertifikate nachkaufen. Nach derzeitigem Stand muss Österreich 32 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente nachkaufen, um seine Reduktionsverpflichtungen gemäß Kyoto-Protokoll zu erfüllen. Während vor einem Jahr der Zertifikatpreis für eine Tonne bei 15 Euro lag, ist er derzeit mit etwa fünf Euro sehr gering.

"Aus Gründen der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit müssen wir jetzt handeln. Vor einem Jahr wurden die Kosten der Zertifikate für Österreich auf 600 Millionen Euro, sogar bis zu einer Milliarde Euro geschätzt. Wenn wir heute Geld in die Hand nehmen, sparen wir gut 440 Millionen Euro. Das nutzt dem Budget und dem Klima.", erläutert Berlakovich. Die 160 Millionen Euro für Klimaschutzprojekte im Ausland werden im "green investment scheme" investiert, also ausschließliche für Klimaschutzprojekte in Europa.

"Für das Klima ist es egal, aus welchem Staatsgebiet das emittierte CO2 stammt. Daher sind Klima-Investitionen im Ausland genauso berechtigt wie im Inland, noch dazu, wenn die österreichische Exportwirtschaft davon profitiert.", so Berlakovich. Schwerpunkt der österreichischen Klimapolitik bleiben jedoch weiterhin Massnahmen in Österreich.

Die Förderungen im Detail

Herzstück der Förderung von Umwelt- und Klimaschutz ist das Programm "Umweltförderung im Inland", für Unternehmen und Gemeinden, dafür stehen 90,2 Millionen Euro zur Verfügung. Gefördert werden Investitionen in erneuerbare Energieträger, in effiziente Energienutzung, LED-Beleuchtung oder Mobilitätsmaßnahmen.

Klimafonds: Schwerpunkt Sonnenenergie

Im Klima- und Energiefonds steht für Sonnenenergi 38 Millionen Euro zur Verfügung. 25,5 Millionen für Photovoltaikanlagen für private Haushalte, 4 Millionen für große Solaranlagen über 100 m2 und 5 Millionen für Solarthermie zur Warmwasseraufbereitung in Einfamilienhäusern. 3,5 Millionen werden im Rahmen des Modellregionenprogramms investiert.

"Mit den Mitteln können über 6.300 Photovoltaikanlagen gefördert werden, das sind gleich viele wie im Vorjahr. Bei der Solarthermie können rund 12.500 Anlagen gefördert werden", sagt Berlakovich.

Förderaktion für Holzheizungen wird fortgeführt

Fortgesetzt wird die Förderaktion des Klimafonds für Holzheizungen. Alte Ölheizungen sollen dabei durch moderne Holz-Zentralheizungen ersetzt werden (Hackgut oder Pellets), mit einem Fördervolumen von fünf Millionen Euro.

100 Millionen Euro für thermische Sanierung

Großes Echo hat die bereits angelaufene Förderoffensive zur thermischen Sanierung von Gebäuden ausgelöst. Bereits über 1000 Anträge gibt es. Insgesamt stehen heuer 100 Millionen Euro für Klimaschutz-Umbauten in älteren Gebäuden bereit.
"Im Jahr 2011 wurden rund 18.300 Bauprojekte gefördert, was rund 860 Millionen Euro Investitionen ausgelöst hat. Dadurch wurden 12.500 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert. Die erreichten CO2-Emissionssenkungen summieren sich auf 4,4 Millionen Tonnen." so Berlakovich

85 Klima-Modellregionen mit 884 Gemeinden

Ausgeweitet wird das Fördervolumen für Klima- und Energiemodellregionen, in denen gemeindeübergreifend Klimaschutzprojekte verwirklicht werden. Für 85 Regionen mit 884 Teilnehmergemeinden stehen 3 Millionen Euro bereit. Investitionsförderungen gibt es z.B. für Photovoltaik auf Gemeindegebäuden, für Tausch von Heizungsanlagen in öffentlichen Gebäuden oder für Mustersanierung von Immobilien.

Klima-Sorgenkind Verkehr: Förderprogramm für klimafreundliche Mobilität

8,25 Millionen Euro stehen für "klima:aktiv mobil" bereit, in dem maßgeschneiderte Verkehrslösungen unterstützt werden. Dazu zählen Fuhrparkumstellungen, die Forcierung des Radverkehrs oder Programme zum Spritsparen. Eine weitere Million Euro kommt den Modellregionen für Elektromobilität zugute. Hier wird beispielsweise der Kauf von Elektrofahrzeugen gefördert.

Klimaschutzgesetz in planmäßiger Umsetzung

Das im Vorjahr beschlossene Klimaschutzgesetz verteilt Rechte und Pflichten in verbindlicher Form auf die Schultern aller Verantwortungsträger in Bund und Ländern.

"Für jeden Sektor müssen gemäß dem neuen Gesetz wirksame Maßnahmenpakete erarbeitet werden", erklärt Berlakovich. Seit dem Beschluss des Nationalrats tagen der eingerichtete Beirat und das zuständige Komitee regelmäßig. Bundesländer, Interessenvertretungen und Nicht-Regierungsorganisationen arbeiten in den sechs Arbeitsgruppen mit.

"Die Arbeitsgruppen haben Ende März ihre Vorschläge abgegeben. Diese gehen nun in ein Beratungsgremium zur Bewertung nach ökologischen, ökonomischen und sozialen Effekten. Aus diesen Maßnahmen wird bis zum Sommer im Komitee ein Maßnahmenpaket diskutiert", skizziert Berlakovich den weiteren Zeitplan.

Österreich verfehlt das Kyoto-Ziel - Kritik von der Opposition

"Nun ist es amtlich, Minister Berlakovich hat beim Klimaschutz versagt", sagt dazu Christiane Brunner, Umweltsprecherin der Grünen.

Brunner kritisiert: "Tatsache ist, dass Österreich sein Kyoto-Klimaschutzziel deutlich verfehlen wird und daher hunderte Millionen Euro Steuergeld für den Zukauf von CO2-Zertifikaten aus dem Ausland aufwenden muss!". Konkret wird die Republik als europäisches Klimaschlusslicht 32 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente zusätzlich kaufen müssen, um Strafzahlungen zu entgehen. Seit 2008 hat Österreich schon 550 Millionen Euro für 48 Millionen Tonnen Verschmutzungsrechte ausgegeben - zu einem Durchschnittspreis von 9 Euro pro Tonne. "Das Argument von Berlakovich, der Zukauf von CO2-Zertifikaten sei jetzt billig und der Zukauf von 32 Mio. Tonnen CO2-zertifikaten aus dem Ausland koste nur 160 Mio. Euro ist nicht haltbar", kritisiert Brunner. "Der Minister verschweigt, dass der Zukauf von CO2-Zertifikaten aus Auslandsprojekten keinen volkswirtschaftlichen Nutzen in Österreich hat. Würden wir das Geld in Österreich einsetzen, könnten wir tausende Häuser thermisch sanieren, damit die Grüne Energiewende vorantreiben und tausende neue Grüne Jobs schaffen", so Brunner.

"Der Minister setzt aber lieber auf Ablasshandel mit billigen Zertifikaten anstatt auf Grüne Jobs im Inland. Das schadet der heimischen Wirtschaft, dem Klima und ist kein Ruhmesblatt für einen Umweltminister, sondern eher ein Rücktrittsgrund", so Brunner. "Es stellt sich zudem die Frage, ob die von Berlakovich kalkulierten Preise für die Zertifikate auch wirklich so niedrig bleiben werden. "Der bisherige Durchschnittpreis lag bei 9 Euro. Wenn sich der Preis wieder in dieser Region einpendelt, können sich die vom Minister berechneten Kosten verdoppeln." Durch die steigenden Ausgaben für Zertifikatszukäufe werden zudem wichtige Budgetmittel im heimischen Klimaschutz gekürzt. Brunner: "Berlakovich kürzt gemeinsam mit Bundesministerin Bures die Mittel für den Klimafonds um 18 Millionen Euro". Der Klima- und Energiefonds soll anstatt der 148 Millionen im Vorjahr heuer nur mehr 130 Millionen erhalten", meint Brunner.


BZÖ-Umweltsprecher Abg. Rainer Widmann sieht den Kauf von Zertifikaten als klimapolitischen Irrweg. "Das ist nichts anderes als den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Der Kauf von fragwürdigen Umweltzertifikaten macht Österreich nur am Papier klimafreundlicher, verbessert die Umwelt aber nicht um einen Deut. "
Darüber hinaus ist zu hinterfragen, wie der Kauf von sündteuren Umweltzertifikaten mit dem Sparpaket zu vereinbaren ist. Er verlangt einen Schwenk in der Klimaschutzpolitik.

Verwunderung bei Greenpeace- Zertifikate ersetzen Klimaschutz vor Ort nicht

Mit Verwunderung reagiert die Umweltorganisation Greenpeace auf die Jubelmeldung von Umweltminister Berlakovich, die österreichischen Klimaschutzverpflichtungen erfüllt zu haben. "Beschränkt sich die österreichische Klimapolitik mittlerweile darauf, dass Beamte des Umweltministeriums auf eBay die billigsten Verschmutzungszertifikate ersteigern?", fragt sich Greenpeace-Klimasprecher Jurrien Westerhof. "Diese Art von Bauernschläue kann nicht verbergen, dass eine Reihe von ÖVP-Umweltministern seit Jahren keine substantielle Verringerung der Treibhausgasemissionen zustande gebracht hat. Diese Meldung ist nur ein neuer Tiefpunkt in der österreichischen Klimapolitik!"

Heimische erneuerbare Energien stärken statt Millionen ins Ausland

Der EEÖ (Verband Erneuerbare Energie Österreich) begrüßt zwar die Weiterführung der Förderprogramme im KLIEN und in der Umweltförderung. Die Förderinvestitionen des österreichischen Staates in erneuerbare Energien stellen jedoch nur einen "Tropfen auf den heißen Stein" dar. Will man in Zukunft ernsthaft CO2 reduzieren und sich vom Kauf von CO2-Zertifikaten bzw. Strafzahlungen lösen, muss noch mehr als bisher getan werden.

Obwohl aufgrund eines international günstigen CO2 Preises sich die prognostizierten Zahlungen für den Kauf von CO2-Zertifakten am Ende der Kyoto-Periode 2008 - 2012 noch einmal um 40% auf 600 Millionen reduzieren konnten, fließt dieses Geld und damit das Know-How ungehindert und ohne jegliche Nutzen für die heimische Wirtschaft ab.

Josef Plank, Präsident des EEÖ: "Es ist richtig, dass es für das globale Klima egal ist, in welchem Staat Österreich seinen CO2 Ausstoß reduziert. Für die heimische Wirtschaft ist es aber keineswegs egal, wenn Geld der österreichischen Steuerzahlen für Investitionen im Ausland verwendet wird. Ganz im Gegenteil: Während heimische Unternehmen im erneuerbaren Energie-Sektor tolles Know-How aufbauen konnten, werden mit diesem Geld klimaschutzrelevante Technologien im Ausland statt in Österreich entwickelt. Und das schwächt Österreich nachhaltig! "

Plank weiter: "600 Millionen Euro sind zwar weniger als erwartet, aber hätte man schon bisher stärker in die heimischen Erneuerbaren investiert, könnte man auch hierzulande zig-Millionen Tonnen CO2 zusätzlich einsparen und hätte einen enormer Kaufkraftabfluss von mehreren hundert Millionen Euro vermeiden!"

Daher kann es in Zukunft nur eine Devise geben: Investitionen im Klimabereich sollten zuallererst im Inland getätigt werden. Denn ein zu hoher CO2-Ausstoss schadet nicht nur dem Klima, sondern auch der heimischen Wirtschaft. Der EEÖ appelliert an die Bundesregierung, die bevorstehende Umsetzung des Klimaschutzgesetzes und das neue Energieeffizienzgesetz ganz konkret darauf auszurichten, sodass Investitionen in heimische erneuerbare Energieträger und in Energieeffizienzmaßnahmen wesentlich erleichtert werden.

Green Jobs im Ausland statt in Österreich

Austria Solar meint ebenfalls, der heute präsentierte Kyoto-Lückenschluss sei kein Grund zur Freude. Fehlende Initiativen beim Ausbau Erneuerbarer Energie in den letzten Jahren haben Österreich in eine Situation gebracht, nur mehr mit Zukauf von Emissionszertifikaten drohenden Strafzahlungen im nächsten Jahr entgehen zu können.

"Dem Klima ist es egal, aus welchem Staatsgebiet das emittierte CO2 stammt", meint er Umweltminister. Aber der Solarbranche ist es nicht egal. Klima-Investitionen im Ausland fördern innovative Investitionen in Klimaschutz in unseren Exportmärkten. Die Vorreiterrolle Österreichs bei Solartechnik und anderen Erneuerbaren Energien wird damit unterwandert.

"Mit dem Kyoto-Lückenschluss werden Green Jobs im Ausland geschaffen, im Inland wird dafür beim Budget des Klimafonds gespart", kritisiert Roger Hackstock, Geschäftsführer des Branchenverbandes Austria Solar. "Die Freude der Wirtschaftskammer an der Lösung für den Kyoto-Lückenschluss ist aus diesem Grund nicht nachvollziehbar."

Der heute präsentierte Kyoto-Lückenschluss ist eher eine Warnung als eine Erleichterung. Wird die Energiewende nicht vorangetrieben und der heimische Markt bei Erneuerbarer Energie gestärkt, sind weitere Strafzahlungen in Millionenhöhe in wenigen Jahren wieder unvermeidlich. "Das in Vorbereitung befindliche Klimaschutzgesetz und das Energieeffizienzgesetz müssen klare Maßnahmen setzen, um Investitionen in eine CO2-freie Energieversorgung zu erleichtern", fordert Hackstock. "Die entsprechenden Gesetzesvorschläge müssen noch vor der Sommerpause im Parlament behandelt werden, um zu verhindern, dass Klimaschutz weiter auf dem Rücken der Steuerzahler gemacht wird."

Der größte Energieverbrauch in Österreich findet beim Heizen statt. Austria Solar hat daher bereits vor einem halben Jahr gemeinsam mit dem Verband Erneuerbare Energie Österreich und den Verbänden pro pellets und Österreichischer Biomasseverband ein 4-Punkte-Programm "Energiewende beim Heizen" vorgelegt. "Vor allem die Förderung von Solarwärme bei der Heizungssanierung reduziert die CO2-Emissionen nachhaltig und macht den Zukauf von Emissionszertifikaten in Zukunft überflüssig", so Hackstock.

Photovoltaikförderung im Inland bringt dem Staat Einnahmen!

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sieht der Bundesverband Photovoltaic Austria (PVA) die heute vorgestellte Förderung. "Die von den Oppositionsparteien bereits im Vorfeld zu Recht kritisierte Kürzung der Gesamtfördersumme von 45 Millionen auf 25,5 Millionen Euro ergibt volkswirtschaftlich keinen Sinn, da der Staat pro errichteter Anlage über Mehrwertsteuer und andere Steuerleistungen mehr einnimmt, als er an Förderungen ausschüttet", erklärt Hans Kronberger vom PVA. Für die Zukunft wird angestrebt, dass die Mengenbegrenzung gänzlich fällt, nicht zuletzt deswegen, weil Österreich im Jahr 2011 Energie im Wert von über 15,7 Milliarden Euro aus dem Ausland zukaufen musste. Jede im Inland bereitgestellte Kilowattstunde an elektrischem Strom ist ein Stück Atomstromausstieg und Schonung der Staatskasse. Sowohl Versorgungssicherheit als auch dauerhafte Preisstabilität können gewährleistet werden.

PV-Preise dramatisch gesunken

Erfreulich ist die Tatsache, dass in den letzten vier Jahren die Fördersumme von 2.800 auf 800 Euro pro Kilowattpeak reduziert werden konnte. Die Photovoltaik hat damit eindrucksvoll bewiesen, dass sie in nur vier Jahren eine Kostenreduktion an Förderbedarf von 71,4 Prozent erreicht hat. Hans Kronberger: "Es gibt kein besseres Argument dafür, dass die Photovoltaik im Stromsystem der Zukunft eine bedeutende Rolle spielen wird!"


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /