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MEL und PEL statt Schiefergas!

Die Gemeinde Poysdorf steht neben anderen betroffenen Gemeinden im Weinviertel vor der Wahl, ob sie die energiepolitischen Weichen in Richtung Zukunft stellt, oder sich den fossilen Ideen der Vergangenheit zuwendet.

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Seitdem die Idee der Förderung von Schiefergas in dieser Region bekannt wurde, ist eine grundlegende Diskussion um die Sinnhaftigkeit dieser Energieform entbrannt. Alle Argumente sprechen dagegen und angesichts der zahlreichen solaren Alternativen besteht auch kein Anlass, an diesem umwelttechnischen und energetischen Unfug festzuhalten.

Vom Fortschritt zum Rückschritt

Hätte man vor wenigen Jahren prognostiziert, im Weinviertel würde man ernsthaft erwägen, eine teure, gefährliche und klimaschädliche Schiefergasproduktion aufzubauen, man hätte nur Kopfschütteln ausgelöst. Und das ganz zurecht. Aber jetzt, wo die Preise für fossile Energieträger wegen zunehmender Verknappung, teils blutiger Konflikte in den Förderländern und nicht zuletzt dem ungebremsten Energiehunger westlicher Industrie­nationen signifikant ansteigen, soll aus diesem energie­politischen Unfug Ernst werden. Dabei ist dieser Irrweg, der hier beschritten werden soll, in keiner Weise notwendig und in Anbetracht einer realistischen solaren Alternative ein klarer Rückschritt gegenüber modernen, nachhaltigen und C02 neutralen Energieformen. Stimmt nicht? Werfen wir gemeinsam einen Blick über die Grenze, konkret in das deutsche Morbach in der Nähe von Trier. Vielleicht weiß man es dort ja schon besser.

„MEL“, eine moderne Energielandschaft

Die Leistungen dieser kleinen, 11.000 Einwohner zählenden Hunsrückgemeinde sind mittlerweile ein weltweit anerkanntes Beispiel für moderne Energiepolitik:
Bis ins Jahr 1995 befand sich oberhalb des Ortes das größte Waffenlager der US-Armee außerhalb Amerikas. Als dieses aufgelassen wurde, wurde ein Areal von 150 Hektar frei, das es sinnvoll zu nützen galt. Erste Versuche einer gewerblichen Nutzung schlugen fehl, bis der Bürgermeister des Ortes die Idee hatte, diese brach liegende Fläche energetisch nutzen. Und Möglichkeiten dazu gibt es ja genug: Man entschloss sich daher zunächst zur Errichtung eines Windparks: insgesamt 14 Windräder der modernen Zwei-Megawatt-Klasse entstanden auf diese Weise. Dann ging es Schlag auf Schlag: Dem Windpark folgte die Errichtung einer 500 KW starken Photovoltaikanlage, sowie die Errichtung einer Biogasanlage und schließlich eines Holzpellets­produktionswerkes. Im Jahr 2011 wurde überdies eine Anlage zur Produktion von synthetischem Erdgas gebaut (durch die sog ‘Power-to-Gas-Technologie’ wird C02 und Wasser mit Hilfe von Wind- und Sonnenenergie direkt in synthetisches Erdgas umgewandelt). Die Morbacher Energielandschaft ‘MEL’ war entstanden. Man kann jetzt von den starken regionalpolitischen Impulsen sprechen, die von der MEL ausgingen und bis heute ausgehen, von den tausenden Tonnen C02 die aufgrund dieser Anlagen vermieden werden oder auch dem signifikant angestie­genen Ökotourismus und den über 5.000 Menschen, die mittlerweile Morbach besuchten. Man kann es aber auch in schnöde Zahlen fassen, die für sich allein überzeugend genug sind:
Die Gemeinde profitiert von den regenerativen Energie­anlagen, die sie ua aus der Verpachtung der Standorte an die Anlagenbetreiber erzielt. Denn die Betreibergesell­schaften der Windkraftwerke zahlen pro Windrad eine jährliche Pacht von etwa EUR 15.000 an die Gemeinde, was etwa 5% der aus dem Stromverkauf erzielten Umsätze entspricht und der Gemeinde Morbach insgesamt etwa EUR 210.000 pro Jahr an Einnahmen verschafft. Hinzu kommen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die pro Windrad über den ca 20-jährigen Benutzungszeitraum rund 150.000 EUR ausmachen. Ergänzt werden diese Gewinne aus den Einnahmen aus der Biogasanlage und der Holzpelletsproduktion, einem in Deutschland und Österreich immer beliebteren und C02 neutralen Heizstoff.

Von der „MEL“ zur „PEL“

Was in Morbach möglich war, ist genauso in Poysdorf möglich: Warum nicht auch hier einen kleinen Windpark, eine Biogasanlage, ein Sonnenkraftwerk und ein Pelletierwerk? Die beschriebenen Vorteile ließen sich dadurch in gleicher Weise erzielen. Die Bauern der Umgebung könnten diesen Energiepark mit Biomasse aus regionaler Produktion beliefern und damit unmittelbaren Nutzen aus der nachhaltigen Erzeugung von Strom und Wärme erzielen. Flächen, die bislang möglicherweise brach lagen, können so sinnvoll für den Anbau verschiede­ner Energiepflanzen genutzt werden. Idealerweise sollten die Windräder (oder wenigstens einige davon) in Form von Bürgerbeteiligungen finanziert werden, um die Menschen in der Region in das Gesamtprojekt einzubinden.

Wenn es in Deutschland die MEL gibt, warum dann in Österreich nicht die „PEL“, also die „Poysdorfer Energielandschaft“?

Biomasse gibt es auch in Poysdorf und Umgebung. Auch in diesem schönen Ort weht der Wind und es scheint die Sonne. Auch hier haben die Menschen die Dinge gerne selbst in der Hand, statt sie an weit entfernte Konzernzentralen abzugeben und sich dann diktieren zu lassen, wer was wann fördert und wer konkret welche Gewinne erzielt.

Ökologie und Wirtschaft ein Widerspruch? Mitnichten! Mann muss es nur mit den richtigen Energieträgern, wie Wind, Wasser, Sonne und Biomasse angehen, dann steht einer nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen nichts im Wege.

Quellen:

Alt, Der Wind schickt uns keine Rechnung in Alt/Scheer, Wind des Wandels 175 f.

Hinsch/Willenbacher, Kommunale Wertschöpfung durch Windkraft in Alt/Scheer, Wind des Wandels 151 f.

Wallisch, "Vollgas mit Schiefergas?", Tageszeitung für Erneuerbare Energie und Nachhaltigkeit, 9. Jänner 2012.

Morbacher Energielandschaft: www.energielandschaft.de .


Autor Dr Gert Wallisch ist Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskanzlei Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien

GastautorIn: Dr Gert Wallisch für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /