© Solarpraxis- Paneldiskussion
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Potential für Photovoltaik in Deutschland: bis zu 200 Gigawatt

200 Experten nehmen an „2nd Inverter and PV System Technology Forum“ teil

Berlin -Niemand hatte damit gerechnet, dass der deutsche Solarmarkt 2011 so gut abschneiden würde. Dies war die einhellige Meinung auf dem ‘2nd Inverter and PV System Technology Forum 2012’, das am 23. und 24. Januar stattfand. Von den insgesamt in Deutschland installierten 24 GWpeak Leistung im Jahr 2011 kamen allein 7,5 Gigawatt im vergangenen Jahr hinzu. Dies stellt nicht nur - wie in den Medien viel diskutiert - neue Herausforderungen an die Netzinfrastruktur, sondern auch an das gesamte Photovoltaik-System. Technische Lösungen zum Umgang mit dem schnellen Wachstum der Solarenergie diskutierten rund 200 Experten in Berlin.

‘In Zukunft müssen wir sowohl die Leitungen als auch die Photovoltaik-Systeme intelligenter gestalten’, erklärte Karl-Heinz Remmers, Vorstandsvorsitzender des Veranstalters Solarpraxis in seiner Eröffnungsrede. Wirtschaftlich gesehen werde es aufgrund des bereits starken Preisverfalls der Module zukünftig darauf ankommen, die Systemkonfiguration und das System an sich zu effizienter zu gestalten, so Remmers weiter. Lange Zeit sei die Grid Parity das Ziel der Branche gewesen, doch mache es mittlerweile mehr Sinn, den produzierten Strom selbst zu nutzen statt ihn ins Netz einzuspeisen. ‘Bye-bye to grid parity’, heiße es nun.

Der Grünen-Abgeordnete Hans-Josef Fell hob hervor, dass die Industrie bei weitem schneller sei als die wenig ambitionierten Ziele der Bundesregierung, die 35 % Strom aus regenerativen Energien bis zum Jahr 2020 vorsehen. Er geht davon aus, dass bereits im Jahr 2030 eine Versorgung zu 100 % aus erneuerbaren Energien erreicht werden kann. Damit werde die Stromversorgung laut einer Studie der Internationalen Energieagentur sogar kostengünstiger als mit fossilen Energien.

‘Das Potential für PV in Deutschland liegt bei 200 GWp’, erklärte Prof. Dr. Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Er nimmt an, dass die Einspeisevergütung für den Solarbereich nur noch in den nächsten drei bis vier Jahren benötigt wird, da dann die Kosten für Solarstrom unter denen für konventionellen Strom liegen. Er zeigte zudem ein Potential von rund 100 GW für Eigenheimanlagen im Jahr 2020 auf.

Intelligente PV-Anlagen und Stromnetze können die oftmals in den Medien zu lesenden Szenarien eines Kollapses bzw. eines milliardenteuren Umbaus der Stromnetze durch die starke Zunahme an Solarstrom verhindern, zeigten Prof. Dr. Bernd Engel (Bundesverband Solarwirtschaft) und Prof. Gerd Becker (Hochschule für angewandte Wissenschaften München) in ihren Vorträgen. Zu den kostengünstigen Lösungen würden die Einspeisung von Blindleistung, mit der die Netzleistung um 20 bis maximal 100 % gesteigert werden könne, sowie eine Zunahme des Eigenverbrauchs gehören. Teurere Varianten seien u. a. der Einsatz regulierbarer Transformatoren, die die Netzleistung um 10 % bis 30 % vergrößern können, sowie die Energiespeicherung.

Letztere werde in den meisten PV Systemen in den nächsten Jahren verstärkt genutzt werden, war die Quintessenz einiger Vorträge. Jochen Link vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme beispielsweise geht davon aus, dass lokale Batteriesysteme zur Energiespeicherung in naher Zukunft wirtschaftlich sein werden. Durch sinkende Batterie- und PV-System-Kosten sowie steigende Energiekosten werden der Eigenverbrauch von Solarenergie und die Anschaffung einer Batterie zur Speicherung bald rentabel, so Link weiter.

Am zweiten Konferenztag wies Ash Sharma von IMS Research darauf hin, dass 2011 – obwohl es von der Industrie weitestgehend als schlechtes Jahr gesehen wurde – mit einem Anstieg der weltweiten Installationen um 34 % dennoch ein sehr bemerkenswertes Jahr für die Solarbranche gewesen sei. Nachdem es 2010 auf dem Wechselrichtermarkt zu Engpässen gekommen war, waren 2011 Überkapazitäten zu verzeichnen, die zu großen Preissenkungen geführt hätten. Für das Jahr 2012 sagte er eine Stagnation der weltweiten Installationszahlen voraus: Die sinkenden Zahlen in Europa würden durch einen Anstieg des Zubaus in den USA und Asien ausgeglichen. Zudem sei quartalsweise mit großen Schwankungen zu rechnen. Die große Herausforderung für Hersteller und Lieferanten sei es, sich an die weiter ausdifferenzierenden Märkte anzupassen: Es wird erwartet, dass 21 Länder mehr als 100 MW Leistung im Jahr 2012 installieren werden.

Ob nun im Bereich Netzinfrastruktur, Energiespeicher, Wechselrichter oder bei der Betrachtung des gesamten PV-Systems – das kommende Jahr ist von großen Herausforderungen für die Solarbranche geprägt. Die Konferenz hat gezeigt, dass die Branche mit großem Engagement dabei ist, praxisnahe Lösungen zu finden, um sich diesen zu stellen

Die Folgekonferenz ‘Inverter and PV System Technology Forum – USA 2012’, die am 27. und 28. Februar in San Francisco stattfindet, beleuchtet die wachsende Bedeutung der elektrischen Komponenten und ihren Beitrag zu einem langfristig rentabel arbeitenden und funktionsfähigen PV-System aus einer US-amerikanischen Perspektive.

GastautorIn: Judith Hübner für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /