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Donau "Naturversuch" - Rechtswidrige Vorgangsweise Niederösterreichs?

Landesrat Pernkopf schlecht beraten - Sofortmaßnahmen gegen Sohleintiefung sollen durch "Pilotprojekt" weiter blockiert werden - Enttäuschung über Genehmigung des Naturversuches groß - jetzt ist Brüssel am Zug

St. Pölten & Donauauen- Ein trauriger Tag für Niederösterreich, NGOs und engagierte BürgerInnen: LR Pernkopf wirft den Naturschutz über Bord und genehmigt den sogenannten "Naturversuch" Bad Deutsch Altenburg.

«Im Rahmen des Versuches soll mit massiven Eingriffen in das Flussökosystem, mit Baggerungen und Rodungen in der Kernzone des Nationalparks Donau-Auen der Weg frei für einen donauweiten Ausbau der Wasserstraße gelegt werden«, erklärt Gerhard Heilingbrunner, ehrenamtlicher Präsident des Umweltdachverbandes. «Seit Jahren versuchen wir auf die Sensibilität dieser Rechtsmaterie hinzuweisen und müssen diese umwelt- und naturschutzpolitisch höchst problematische Entscheidung jetzt enttäuscht zur Kenntnis nehmen. Aufklärungswürdig ist in diesem Zusammenhang sicher, dass genau dieses Projekt noch vor einigen Monaten für Pernkopf nicht genehmigungsfähig war, wenn es nicht maßgeblich geändert werde. Wir sind daher gespannt, welche neuen Vorschreibungen und zusätzlichen Ökoauflagen der Bescheid von LR Pernkopf enthält, um Baumaßnahmen in der Nationalparkkernzone zu rechtfertigen«, so Heilingbrunner.

Kommt Berufung vom NÖ Umweltanwalt?

«Klar ist, dass hier ein naturschutzrechtlicher Präzedenzfall geschaffen wird, der seinesgleichen sucht: Neben der Zurückweisung eines Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens für das Bauvorhaben soll es nun auch kein Naturverträglichkeitsprüfungsverfahren nach dem EU Natura 2000-Recht bei der BH Bruck an der Leitha mehr geben. Zudem genehmigt LR Pernkopf nun eine Ausnahme vom absoluten Eingriffsverbot nach dem NÖ Nationalparkgesetz. Ziemlich viele Ausnahmen, um in den strengst geschützten Kernzonen eines Nationalparks gewaltige Bauvorhaben wie Baggerungen, Rodungen etc. durchboxen zu wollen«, stellt Heilingbrunner fest. «Wir werden uns jetzt auch sehr genau anschauen, was die vermeintlich weisungsungebundene Umweltanwaltschaft in NÖ in dieser Angelegenheit machen wird. Nur der NÖ Umweltanwalt kann die kritisierten Entscheidungen des Landesrats Pernkopf beim unabhängigen Umweltsenat überprüfen lassen, Umweltorganisationen sind ja in diesem Verfahren mangels Parteistellung vom Rechtsweg ausgeschlossen«, so Heilingbrunner.

EU-Beschwerde gegen Naturversuch bereits in Brüssel

Klar ist aus Sicht des Umweltdachverbands aber auch eines: «Das letzte Wort ist in dieser Sache ohnehin nicht gesprochen. Aus unserer Sicht wird hier europäisches Umweltrecht missachtet, denn ohne UVP-Verfahren und ordnungsgemäße Naturverträglichkeitsprüfung kann man den Naturversuch nicht durchpeitschen. Die entsprechende Beschwerde des Umweltdachverbandes liegt der EU bereits zur Überprüfung vor. Wir gehen davon aus, dass die EU-Kommission in diesem Fall klar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich anstrengt. Somit ist in der Causa Naturversuch noch lange nicht das letzte Wort gesprochen«, so Heilingbrunner abschließend.



Auch die Grüne Umweltsprecherin Dr. Helga Krismer ist schockiert, denn die letzte parlamentarische Anfrage von ihr hätte LR Pernkopf zum Umdenken bewegen müssen. "Keine Ahnung welche schlechten Einflüsterer LR Pernkopf in der Angelegenheit rund ums Projekt der via donau östlich von Wien hat! Es waren jedenfalls keine, die den Naturschutz hoch halten. " Krismer und setzt noch nach: "Die NaturschützerInnen fühlen sich durch das O.k. des Landesrats zum via donau-Projekt erneut in ihren Befürchtungen bestätigt und geben den Kampf noch lange nicht auf!"


Damit hat der verantwortliche Landesrat klar den Pfad der Rechtskonformität verlassen, meint die Umweltorganisation VIRUS. Sprecher Wolfgang Rehm: "Das Projekt ist ganz klar das erste Baulos des Flussbaulichen Gesamtprojekts, die via donau hat vorsätzlich die UVP-Pflicht zu umgehen versucht und wurde nun auch von einer Änderung der Rechtslage eingeholt. Das Projekt wäre aktuell bereits aus zwei Gründen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, das aktuelle Feststellungsverfahren kann bei einer gesetzeskonformen Vorgangsweise nicht eine Woche nach Antragsstellung wieder abgewürgt werden, es gibt auch ganz klare Judikatur, dass kein Schutz gegen Änderung der Rechtslage besteht".

Virus meint, dass das wasserrechtliche Einreichprojekt 2005 für die nun erforderliche Bewertung nicht ausreicht und die via donau auflagenwidrig dafür erforderliche Unterlagen seit Jahren nicht an die Behörde weitergibt. "Der Vernebelungsschleier um die sogenannten Wissenschafter muss gelichtet werden, die von der via donau immer als Schutzschirm für ihre Fehlplanung herbeizitiert werden. Diese Wissenschafter haben sich durch unwissenschaftliche Panikmache vor sogenannten Sohldurchbrüchen , und dadurch, dass sie gleichzeitig vorgeben das etwas erprobt werden müsse, was sich ihrer Äußerung nach ohnehin bereits als die geeignete Vorgangsweise erwiesen hat, selbst desavouiert" hält Rehm fest und stellt klar: "Der fehlende Versuchscharakter ergibt sich bereits aus der kurzen Vorhabensdauer und aus den Projektsunterlagen selbst. Würden mehr Leute in die Einreich- und Verfahrensunterlagen blicken, anstatt sich von PR- Seifenblasen beeindrucken zu lassen, wäre dieser Täuschungsvorsatz schon lange offensichtlich und die negativen flussmorphologischen und fischökologischen Auswirkungen des geplanten Grobschotterteppichs würden mehr Beachtung finden". Diese Effekte wären der Hauptgrund, warum das Vorhaben auf Kritik gestossen sei, die nun angekündigten Anpassungen von Ausbautiefen in nicht mit Grobschotter belegten Abschnitten gingen daran vorbei und seien nur eine Mogelpackung, weil sie mit Ausnahme weniger Randbereiche die "Naturversuchsstrecke" gar nicht betreffen würden. Insofern erfülle auch der Hinweis auf neue Auflagen nicht mit Zuversicht, nachdem die bisherigen nicht eingehalten wurde und die Behörden nicht eingeschritten sind. Wie VIRUS betont seien Naturschutzverfahren sind immer noch so exklusiv, wie zu Zeiten des Landesrates Brezovsky, der dem Kraftwerk Hainburg einen positiven Bescheid ausstellen ließ, das sei ein Mißstand, der ehebaldigs beseitigt werden müsse. Nun bewege sich auch Landesrat Pernkopf gefährlich in Richtung seines Amtsvorvorgängers und sei offenbar schlecht beraten. "Wir fordern ihn im Interesse der Donauauen dringend auf, auf den Pfad der Rechtskonformität zurückzukehren und Ordnung im eigenen Haus zu machen. Im Interesse der Donau und ihrer Auen braucht es rasche Sofortmaßnahmen gegen die Eintiefung der Donausohle und nicht ein Alibiprojekt, das das Problem in Wahrheit auf die lange Bank schiebt, der Fortsetzung dieser Blockade werden wir sicher nicht einfach zusehen," so Rehm.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /