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IFAT ENTSORGA Expertengespräch: Klimafolgenforscher warnt vor Kohle-Renaissance nach Katastrophe im Golf von Mexiko

Prof. Dr. Ottmar Edenhofer: Weltweites Ausweichen auf Kohle bei steigendem Ölpreis ist die klimapolitische Herausforderung des 21. Jahrhunderts

Vor kurzem initiierte die weltgrößte Umwelttechnologie-Messe IFAT ENTSORGA in Berlin ein Expertengespräch zum Thema ‘Exportchance Umwelttechnologie – trifft sie den Bedarf der Zukunftsmärkte?’. Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Vorsitzender im Weltklimarat und Chefökonom des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, eröffnete die Veranstaltung mit dem Vortrag ‘Klimaschutz als globale Herausforderung – Chancen, Schwerpunkte, Schlüsseltechnologien’.

Die gigantische Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wird drastische Folgen haben: personelle, ökologische, wirtschaftliche. Aber profitiert wenigstens das globale Klima davon, wenn die Havarie den Rohölpreis weiter steigen und den weltweiten Verbrauch dadurch sinken lässt?

Ganz im Gegenteil, wie Prof. Dr. Ottmar Edenhofer klarstellte: ‘Steigende Ölpreise sind ein Desaster für den Klimaschutz’, erklärte der Wissenschaftler bei dem Expertengespräch in Berlin. Ein hoher Ölpreis mache die Nutzung von Kohle zur Verstromung bereits jetzt wieder deutlich wettbewerbsfähiger, vor allem in China, Indien und den USA. ‘Wir befinden uns mitten in einer Renaissance der Kohle’, konstatierte Edenhofer. Der Preis dafür seien noch stärker steigende CO2-Emissionen.

Heizt die Katastrophe in den USA den Ölpreis noch weiter an, könne dies dazu beitragen, dass vor allem in China Pläne zur Verflüssigung der gewaltigen Kohlereserven Realität werden. Dies würde noch einmal zu einer Erhöhung der weltweiten Kolendioxid-Emissionen in die Atmosphäre führen – mit möglicherweise weit dramatischeren Folgen für das Weltklima.

Wie erreicht die Menschheit das 2-Grad-Ziel?

Wissenschaftler sind sich einig: Die globale Durchschnittstemperatur darf in den nächsten Jahrzehnten auf keinen Fall um mehr als 2 Grad steigen. Andernfalls drohten Konsequenzen, die längst nicht mehr beherrschbar sind - etwa Ernteausfälle in Teilen Afrikas oder ein Anstieg des Meeresspiegels, der die Existenz von Millionen Menschen in den Küstenregionen gefährden würde. Das 2-Grad-Ziel sei, so Edenhofer, aber nur zu erreichen, wenn die Emission von Klimagasen schon in den nächsten Jahren konstant bleibt und spätestens zu Beginn des nächsten Jahrzehnts zu sinken beginnt - ein Ziel, das im Moment weiter entfernt scheint als je zuvor. Die Voraussetzung für den dringend notwendigen Kurswechsel sei die Errichtung eines globalen CO2-Marktes, der klimaschädliche Emissionen auf ein verträgliches Minimum begrenzt. Zudem seien technologische Innovationen erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen.

Exportchance Umwelttechnologie – Wo steht Deutschland?

Die deutsche Umwelttechnologie-Branche ist auf solche Szenarien vorbereitet. Die hiesigen Unternehmen sind innovationsstark, gut vernetzt und auch im Ausland für ihre Produkte und Dienstleistungen hoch geschätzt, so die übereinstimmende Meinung der Experten auf der Berliner Veranstaltung. An dem Expertengespräch nahmen Dr. Thorsten Grenz, Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. (BDE) und Vorsitzender der Geschäftsführung der Veolia Umweltservice GmbH, Dr. Sergej Nikitin, Leiter der Repräsentanz der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation in Deutschland (HIK), Gunda Röstel, Kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtentwässerung Dresden GmbH, Mitglied im Kuratorium der Technischen Universität Dresden und Dr. Helge Wendenburg, Abteilungsleiter Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit teil.

Deutsche Produkte gelten im Ausland nach wie vor als innovativ und langlebig und damit über die Laufzeit betrachtet wirtschaftlich, so der einhellige Tenor der Teilnehmer. Die Unternehmen denken in Komplettlösungen, nicht nur in Maschinen und Anlagen, sondern in Planung, Konzeption, Technologie, Finanzierung und Betrieb von Anlagen.

Darüber hinaus können deutsche Umweltunternehmen, die im Ausland tätig werden wollen, auf vielfältige Unterstützung durch die zuständigen Fachministerien zurückgreifen. Den idealen Rahmen für den fachlichen Austausch auf nationaler und internationaler Ebene bietet alle zwei Jahre die IFAT ENTSORGA in München. Die Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft, die in diesem Jahr vom 13. bis 17. September 2010 stattfindet, hat sich längst als weltweit wichtigste Plattform der Umwelttechnologie-Branche etabliert. Die Veranstaltung 2010 bietet auch ein umfangreiches Konferenzprogramm mit hochrangig besetzten Informations- und Diskussionsveranstaltungen.

Über die IFAT ENTSORGA

Mit 2.605 Ausstellern aus 41 Ländern sowie rund 120.000 Fachbesuchern aus 170 Ländern präsentierte sich die IFAT im Jahr 2008 mit neuen Rekordzahlen. Ab 2010 kooperieren die Messe München und der BDE. In diesem Kontext wird die IFAT zur IFAT ENTSORGA, Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft. Sie findet im September 2010 auf dem Gelände der Neuen Messe München statt.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /