Standort Brunsbüttel: Für morgen keine Kohlekraftwerke von gestern bauen

Bürgerinitiative und Umweltverbände BUND und DUH nennen geplantes Steinkohlekraftwerk Brunsbüttel zum Auftakt des Erörterungstermins „zukunftsfeindlich, ökologisch unverantwortlich und unter Wirtschaftlichkeitsaspekten abenteuerlich“ – Einwendungen gegen

Brunsbüttel - Eines der fragwürdigsten Großkraftwerksprojekte Deutschlands wird derzeit in Brunsbüttel an der Elbe öffentlich erörtert. Gegen das Steinkohlekraftwerk der Firma GDF SUEZ Energie Deutschland AG (ehemals Electrabel) mit einer geplanten elektrischen Leistung von 800 Megawatt haben Umweltverbände, Bürgerinitiativen und besorgte Bürgerinnen und Bürger im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zahlreiche Einwendungen erhoben. Die BI Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierten die Pläne zum Auftakt des Erörterungstermins als ‘zukunftsfeindlich, ökologisch unverantwortlich und unter Wirtschaftlichkeitsaspekten abenteuerlich’. Am Standort Brunsbüttel sollen in den nächsten Jahren insgesamt vier mit Importkohle befeuerte Kraftwerksblöcke mit einer elektrischen Gesamtleistung von 3.200 Megawatt errichtet werden.

Der Geschäftsführer des BUND-Landesverbands Hamburg, Manfred Braasch, nannte die Kraftwerksplanungen an der Unterelbe ‘ein milliardenschweres Dementi aller deutschen Klimaschutzversprechen der vergangenen Jahre’. Die rund 5,6 Millionen Tonnen CO2, die allein der GDF SUEZ-Meiler jährlich ausstoße, entsprächen über 20 % der gesamten CO2-Emissionen des Landes Schleswig-Holstein und könnten mit allen denkbaren lokalen Klimaschutzinitiativen niemals wieder eingespart werden. Die Stadt Brunsbüttel und das Land Schleswig-Holstein müssten sich ihrer Verantwortung für den Klimaschutz deutlich stärker stellen und alle Möglichkeiten ausnutzen, die fatale Entwicklung in Brunsbüttel zu verhindern. So stehe noch eine Entscheidung zum Bebauungsplanverfahren aus, mit der der Bau zu stoppen sei.

Die an der Elbmündung geplanten vier Kohlekraftwerksblöcke seien nicht nur unter Klimaschutzgesichtspunkten unvertretbar, sondern stünden auch ‘im diametralen Gegensatz zu einem auf Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz beruhenden zukünftigem Stromversorgungssystem für Deutschland’, sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Rainer Baake. Baake erinnerte daran, dass nach den Planungen der Großen Koalition schon in elf Jahren ein Drittel des deutschen Strombedarfs aus Wind, Sonne, Wasserkraft, Bioenergie und Geothermie gedeckt werden soll, nach einer kürzlich veröffentlichten Branchenprognose des Bundesverbands Erneuerbare Energien sogar fast die Hälfte.

‘Wer heute Milliarden in konventionelle Kohlekraftwerke an der Nord- oder Ostseeküste investiert, wird morgen gegen den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien kämpfen’, so Baake. Nach der geltenden Rechtslage hat der Strom aus Erneuerbaren Energien Vorrang in den Netzen. Dies gelte auch für die geplanten großen Offshore-Windenergieanlagen. Kohlekraftwerke würden als so genannte Grundlastkraftwerke konzipiert. Sie seien nicht flexibel genug und würden unwirtschaftlich, sobald sie nicht ‘rund um die Uhr’ laufen können. Als Ergänzung zur fluktuierenden Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie brauche Deutschland zusätzliche, leicht regelbare Gaskraftwerke. Darüber hinaus müssten die Kapazität von Pumpspeicherkraftwerken ausgebaut, neue Konzepte zur Stromspeicherung beschleunigt ent¬wickelt sowie eine Glättung der Verbrauchsspitzen auf Seiten der Stromabnehmer technologisch vorangetrieben werden.

Mit Entrüstung reagierte auch die Bürgerinitiative für Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe/Brunsbüttel auf die anachronistischen Kraftwerkspläne von GDF SUEZ. Auch die Bürgerinnen und Bürger in der Region Brunsbüttel und Wilstermarscwenden sich in ihrer großen Mehrheit gegen den Kraftwerksneubau. ‘Die Menschen haben Angst um ihre Gesundheit und fürchten zum Teil – wie etwa die Landwirte in der Region – sogar um ihre Existenzgrundlage’, sagte der BI-Vorsitzende Dr. Arne Firjahn. Sehr groß sei die Sorge, dass in 40 bis 50 Jahren Kraftwerksbetrieb wertvolle, heute landwirtschaftlich genutzte Böden allmählich durch giftige Feinstäube, Schwermetalle und Dioxine kontaminiert und unbrauchbar gemacht werden. Daher lehnten alle angrenzenden Gemeinden in öffentlichen Stellungnahmen das Projekt ab.

‘Es gibt keine ineffektivere und CO2-trächtigere Art der Stromerzeugung als die in Steinkohlekraftwerken ohne Wärmeauskopplung’, erklärte Firjahn. Jedes zweite Schiff, das Steinkohle aus Australien, Afrika oder anderen fernen Ländern an die norddeutsche Küste bringe, täte dies in diesem Fall einzig um die Elbe aufzuheizen. Das geplante Kohlekraftwerk ohne Kraft-Wärme-Kopplung erzeuge pro Kilowattstunde fast viermal soviel CO2 wie ein modernes Erdgas-Kraftwerk gleicher Leistung mit Kraft-Wärme-Kopplung. Hinzu kämen gesundheitsgefährdende Schadstoffbelastungen in der Region, durch Tonnen von Feinstaub sowie giftige und krebserregende Schwermetalle, Dioxine und Benzo(a)pyrene.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /