Ein offener Brief an den Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer

Thema: Terror gegen Tierschützer - von Dr. Neuwirth

Sehr geehrter Herr Bundespräsident!


In den 68 Jahren meines Lebens musste ich noch niemals mit Gefängnissen oder Polizeiwillkür Bekannschaft machen, habe aber durch meine Arbeit als Lehrbeauftragter für Umweltpolitik an österreichischen und internationalen Universitäten einen Eindruck bekommen, wie in anderen Ländern mit den Menschenrechten von Naturschützern und Tierrechtsaktivisten umgegangen wird.

Die Aktion österreichischer Behörden gegen Tierschützer am 21. Mai 2008 erinnert in beklemmender Weise an das Vorgehen etwa der Behörden Rotchinas.

Ich beobachte berufsbedingt auch die österreichische Szene und habe aus der Vergangenheit, den laufenden Zeitungsberichten und den Aussendungen des VgT folgenden Eindruck:

Durch Aufzeigen von brutalen, oft auch gesetzwidrigen Tierquälereien hat sich der "Verein gegen Tierfabriken" bei Behörden und Politikern ebenso mächtige Feinde geschaffen wie bei der Jägerschaft (z.B. durch gewaltfreie Verhinderung der "geschmackvollen" Jäger-Zeremonie, einen toten Hirsch in den Stephansdom zu tragen) und in kirchlichen Kreisen (jahrelange und letztlich erfolgreiche Bitt-Wallfahrten, um den Abt von Kremsmünster zur Aufgabe seiner tierquälerischen Schweinezucht zu bewegen).

Wenn dieser Verein jedoch wirklich schon seit Jahren beschattet wurde, dann wusste die Polizei, dass sie bei ihrem Überfall mit keinerlei Gegenwehr zu rechnen hatte.

Trotzdem kam sie in Vermummung und mit Rammböcken, zwang mit der Pistole im Anschlag eines ihrer Opfer, sich in Gegenwart eines kleinen Kindes an die Wand zu stellen und eine Frau, sich nackt fotografieren zu lassen.

Diese unglaubliche, jegliche Verhältnismäßigkeit sprengende Behördenwillkür wurde anschließend fortgesetzt durch die Behandlung des DDr. Balluch im Gefängnis selbst, wo er als Nichtraucher extra mit einem Kettenraucher zusammengesperrt wurde, was in meinen Augen nicht nur den Tatbestand einer Verletzung der Menschenrechte, sondern moeglicherweise sogar eine Folter darstellt. Als er endlich Besuch empfangen durfte, wurde ihm dafuer der Ausgang in den Hof gestrichen. Weiters wurde ihm Waschen und frische Kleidung verwehrt und ebenso elektrisches Licht.

Ich bin entsetzt darueber, dass sich all das in unserem Land abspielt und appelliere dringend an Sie, sich fuer ein sofortiges Ende dieses Rambo-Spuks einzusetzen, auch um dauernden Schaden fuer DDr. Balluch durch seinen Hungerstreik abzuwenden und den gefaehrdeten Ruf Oesterreichs als zivilisiertes Land zu retten.


Mit besten Gruessen
Ihr
G. Neuwirth

GastautorIn: Dr. Neuwirth für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /