Tierschützer-Verhaftungen: Grüne sehen "Amts- und Machtmissbrauch"

Die Beweislage ist äußerst dürftig

Wien- Am Mittwoch, dem 21. Mai wurden 10 Tierschützer festgenommen und die Büros von mehreren Tierschutzorganisationen untersucht. Zehn Tage nach der Verhaftung von zehn Tierschützern sehen die Grünen "Amts- und Machtmissbrauch" von Exekutive und Staatsanwaltschaft. Bei den Hausdurchsuchungen sei die Verhältnismäßigkeit "grob überschritten" worden, auch die bisher bekannte Beweislage sei äußerst dürftig. Die grünen Abgeordneten Peter Pilz und Brigid Weinzinger forderten daher die sofortige Entlassung der Verdächtigen aus der U-Haft. "Das ist das mindeste", so Pilz.

Keine konkreten Delikte

Den zehn Personen wird vorgeworfen, einer "kriminellen Organisation" anzugehören. "Die Staatsanwaltschaft hat offenbar die russische Mafia mit Tierschützern verwechselt", meint dazu Pilz. Weinzinger zufolge gibt es bisher keinerlei konkrete Delikte, die den Vorwurf untermauern würden. Vielmehr würden den Verhafteten pauschal 30 einzelne Vorfälle - von Stinkbombenwerfen bis hin zur Zerstörung von Zirkusplakaten - zugeordnet werden. Diese würden allerdings nicht dazu berechtigen, dass unbequeme Bewegungen als "kriminelle Organisation" gebrandmarkt werden.

Weinzinger sagt, die derzeit bekannte konkrete Beweislage gegen die Verhafteten sei eher dürftig. Neben abgefangenen E-Mails und Auszügen aus theoretischen Diskussionen in Internetforen hat die Staatsanwaltschaft "den Fingerabdruck eines Verdächtigen auf einem Stein von einer antifaschistischen Demonstration in Gumpoldskirchen", Fingerabdrücke auf dem Auto einer Mitarbeiterin der Firma Kleiderbauer und die informelle Aussage einer Person gegenüber der Polizei in der Hand.

Doch selbst bei der Zeugenaussage - von der keine Mitschrift vorhanden ist - offenbart sich, sagt Weinzinger, kein konkreter Verdacht. Vielmehr hätte die Person angegeben, dass sie es sich theoretisch vorstellen könne, dass einer der Verdächtigen etwas mit einer Brandstiftung im Jahr 2002 zu tun gehabt haben könnte.

Pilz kritisiert massiv, dass im Zuge der Ermittlungen der Polizei auch eine Pressekonferenz der Grünen ins Visier der Behörden genommen worden ist. In einem "Anfalls-Bericht" informierte das Landespolizeikommando Wien am 22. Mai 2008 die Staatsanwalt Wiener Neustadt über den "Verdacht eines schweren Verbrechens". Angeführt werden in dem Schriftstück Auszüge von zwei Internetseiten, wo vor allem zu Solidarität mit den Verhafteten aufgerufen, aber auch auf eine Pressekonferenz in den Räumlichkeiten der Grünen hingewiesen wird.

Willkür der Behörden?

"So etwas habe ich überhaupt noch nie in der Hand gehabt. Wegen Schriftstücken wie diesen werden Überwachungsmaßnahmen gesetzt", sagt Pilz. Von den Behörden würden offenbar nicht nur unbequeme Bürgerrechtsbewegungen, sondern auch Grüne kriminalisiert werden. Pilz will nicht nur prüfen lassen, inwieweit das Vorgehen der Behörden rechtlich gedeckt ist, sondern will auch die Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) informieren. Die Abgeordneten müssten "vor der Willkür" des Innenministeriums, der Staatsanwaltschaft, der Sonderkommission und des Verfassungsschutzes geschützt werden.

Die Grünen brachten ihre Fragen nach der Verhaftung der Tierschützer auch beim Innenausschuss am Donnerstag ein. Innenminister Günther Platter (V) habe allerdings zu allen Punkten "die Antwort verweigert", so Weinzinger.

In Österreich und in Deutschland werden von manchen Tierrechts- und Tierbefreiungsgruppen seit mehreren Jahren Antipelzkampagnen gegen große Unternehmen wie derzeit Kleider Bauer, Biba und Escada organisiert. Gegen die Verhaftungen ist nun eine Protestwelle angelaufen: Unter dem Motto "Unsere Solidarität kennt keine Grenzen" demonstrierten ca. 100 Menschen in Hamburg beim österreichischen Konsulat. Ähnliche Proteste gab es auch in Wiener Neustadt, wor rund 200 Personen vor der Justizanstalt demonstrierten, in Graz, in Stockholm, in in München und in Berlin.


Quelle: Die Grünen


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /