© Nina HOLLER
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Das Passivhaus etabliert sich als Standard

Europäisches Parlament fordert generell Passivhäuser ab 2011

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© www.energybase.at
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© Oekonews
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© Ing. Hannes Resch / EUROSOLAR AUSTRIA
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© Biohof Achleitner / EUROSOLAR AUSTRIA
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Die Umsetzung des Aktionsplans Energieeffizienz vom Oktober 2006 ist alles andere als erfolgreich, die Durchführung der für 2007 geplanten Maßnahmen verläuft äußerst schleppend. Der eindringliche Initiativbericht des Europäischen Parlaments vom 31.1.2008 zum ‘Aktionsplan für Energieeffizienz’ erfolgte in der Erwägung, ‘dass es zu chaotischen Klimaänderungen kommen wird, wenn die weltweite Temperatur um mehr als 2° C über dem vorindustriellen Niveau steigt.

Es sind einschneidende Verringerungen der CO2-Emissionen bis 2015 erforderlich, wenn der weltweite Temperaturanstieg auf nur 2° C begrenzt bleiben soll, und dabei ist effizienterer Energieeinsatz die am unmittelbarsten wirkende und kostengünstigste Art der Senkung der Kohlenstoffemissionen’, so der Wortlaut der Entschließung des Europäischen Parlaments. Und weiter, ‘Außerdem trägt Energieeffizienz wesentlich zur Verringerung der Abhängigkeit der Europäischen Union von Energieeinfuhren bei, indem sie der künftigen Energieknappheit begegnet, und so zur Begrenzung der Auswirkungen von Energiepreisschocks beiträgt’.

Dabei, so das Europäische Parlament, ist das im Aktionsplan festgelegte Ziel von 20 Prozent Energieeinsparungen bis 2020 "technisch und wirtschaftlich voll und ganz erreichbar". Das Europäische Parlament fordert daher die Kommission auf, u.a. bei Energieeffizienzanforderungen an Gebäuden das Potenzial voll auszuschöpfen.

Als verbindliche Bestimmung wird vorgeschlagen, dass alle neuen Gebäude ab 2011 nach Normen für Passivhäuser oder gleichwertigen Normen für Nichtwohngebäude gebaut werden müssen.

Welche Maßnahmen setzen nun die einzelnen Länder und Regionen, um die dringend notwendigen Klimaschutzziele im Gebäudesektor zu erreichen?

Was sind die Erfolgsfaktoren, dass der Passivhausstandard in einigen Regionen beinahe schon Standard ist, während in anderen Regionen er gerade Mal bei 1% Marktanteil liegt, obwohl alle Regionen die gleichen Grundvoraussetzungen haben?

Österreich - mit unterschiedlichem Tempo zum Standard

Mit Beginn dieses Jahres sind nach langwierigen Verhandlungen zur Harmonisierung die Mindeststandards in den Bautechnikverordnungen der Bundesländer auf nicht mehr zeitgemäße 78 kWh/m²a (bei A/V-Verhältnis 1,0), also dem 8-fachen Wert eines Passivhauses, festgelegt worden. Nur zwei Bundesländer, Vorarlberg und Burgenland, haben hingegen vorbildlich agiert, und den Mindeststandard mit max. 55 kWh/m²a niedergeschrieben. Zum Wohle der Bevölkerung und gegen den Widerstand einiger Wirtschaftsverbände.

Häufig leiden gerade die offiziellen Wirtschaftsvertretungen unter dem ‘Georg Bush Symptom’ im Irrglauben der Wirtschaft nur dann helfen zu können, wenn klimarelevante Regelungen und Beschränkungen verhindert werden. Dabei ist gerade Innovation der Erfolgsfaktor schlechthin für kurz- UND langfristig gut florierende Wirtschaftsunternehmen. Somit bremsen klimarelevante Beschränkungen auch in keiner Weise die Wirtschaftsentwicklung, sondern sind vielmehr der Motor für innovative Neuerungen in Produktionsverfahren, Gebäudetechnologien und Intensivierung nachhaltiger Baustandards.

Dies beweisen auch immer mehr Unternehmensbeispiele, die durch ihren konsequenten 100%-igen Umstieg auf Passivhausstandard gravierend Aufträge dazu gewinnen, und oft schon weit über ein Jahr Auslastung aufweisen.

Der Passivhausstandard ist eine Erfolgsgeschichte, die unaufhaltsam seinen Siegeszug geht, auch wenn die Hürden manchmal sehr hoch erscheinen.

Rasante Entwicklung des Passivhauses in Österreich

Seit 13 Jahren gibt es das Passivhaus in Österreich. Waren die ersten 11 Jahre von der erfolgreichen Forschungs- und Pilotphase wie dem EU-Projekt CEPHEUS und der Programmlinie ‘Haus der Zukunft’ des BMVIT mit rund 1000 Passivhäusern bis 2005 geprägt, hat sich in den beiden Folgejahren die Anzahl der Objekte mehr als verdoppelt.

Für 2008 geht die IG Passivhaus Österreich jedoch von einem richtigen Boom zum Passivhaus aus. Dies vor allem auch im großvolumigen Wohnbau und bei öffentlichen Bauten. Bei näherer Betrachtung der einzelnen Segmente erkennt man jedoch noch sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten der Entwicklung und Rahmenbedingungen in den einzelnen Bundesländern.

Lenkungsinstrument Wohnbauförderung im kleinvolumigen Wohnbau

Aus energetischer Sicht haben Eigenheime eine fast doppelt so große Nutzheizfläche als Wohnungen im großvolumigen Bau, und verursachen durch die Zersiedelung auch ein Vielfaches an Verkehrsemissionen. Trotzdem werden in Österreich nach wie vor 47% aller Wohneinheiten in Eigenheimen errichtet, was sogar 76% aller Wohngebäude entspricht. Verschärft wird das Missverhältnis an Verursachung von CO2-Emissionen/Wohneinheit noch durch die Einführung des A/V-Verhältnisses, wonach Eigenheime einen wesentlich höheren Heizwärmebedarf aufweisen dürfen als kompakte großvolumige Bauten.

Daraus ergibt sich, dass 68% des Energieverbrauchs der neu errichteten Wohnbauten durch Eigenheime verursacht wird, ohne Berücksichtigung des erhöhten Verkehrsaufkommens. Daher ist es unabdingbar, dass die Förderregulierungen für Eigenheime ihrer Verantwortung als Lenkungsinstrument zur Reduzierung von CO2-Emissionen nachkommen, und dringend verschärft werden.

Eine aktuelle Erhebung der Förderdarlehen Abstufung nach Energieeffizienzkriterien für den Neubau von Eigenheimen in Österreich macht jedoch gravierende Unterschiede deutlich. In etlichen Bundesländern ist die Basisförderung unverhältnismäßig hoch und hat keinen zeitgemäßen Mindestheizwärmebedarf. Das Burgenland zeigt mit seiner Novelle 2008 richtungweisend auf, wie Förderung als Lenkungsinstrument für mehr Energieeffizienz aussieht, und setzt 40 kWh/m²a max. Heizwärmebedarf von für den Erhalt einer Basisförderung bei Eigenheimen voraus.

Betrachtet man nur die Abstufung der Förderdarlehen nach Energieeffizienzkriterien ohne die Basisförderungen wird der tatsächliche Lenkungseffekt bis hin zur Passivhausförderstufe mit 10 kWh/m²a deutlich. Hier bietet das Burgenland mit seiner WBF- Novelle 2008 durch die mit verbesserter Energieeffizienz progressiv steigende Förderhöhe den attraktivsten Anreiz für das Passivhaus, gefolgt von Vorarlberg. Oberösterreich bietet hingegen den geringsten Anreiz für mehr Energieeffizienz. In Tirol und Wien sind die dargestellten Förderbeträge nicht rückzahlbare Zuschüsse, womit deren Lenkungseffekt ebenfalls wesentlich besser ist als vergleichsweise in OÖ, wo die gleiche Förderdifferenz nur ein zinsvergünstigtes Darlehen ist.

Niederösterreich konnte bereits 2006 mit der 30% erhöhten Förderung bei einem HWB <15 kWh/m²aBGF den Anteil dieser EFH bereits auf rund 12% im geförderten Wohnbau anheben.

Lenkungsmaßnahmen bei großvolumigem Wohnbau und Siedlungen

War in Österreich bis 2007 immer von kleineren oder größeren Einzelprojekten die Rede, findet nun 2008 die große Wende zu ganzen Siedlungen in Passivhaus Standard statt.

Vorarlberg ist seit 1.1.2007 Vorreiter im gemeinnützigen großvolumigen Wohnbau. Aus sozial verträglichen Gründen dürfen Vorarlbergs Gemeinnützige Bauträger gem. Vereinbarung mit Wohnbau- LR Rein Neubauten nur noch in Passivhaus Standard bauen. Außerdem müssen Sanierungen auf unter 30 kWh/m²a verbessert werden.


Wien hat mit dem Bauträgerwettbewerb ‘EUROGATE’ neue Maßstäbe gesetzt, indem ein ganzes Stadtviertel in Wien 3 mit insgesamt 1.700 Wohnungen in rund 20 Wohnhäusern mit rund 140.000m² WNF entstehen werden. Dabei wurde bei der Ausschreibung des Bauträgerwettbewerbes von der Stadt Wien der Passivhaus Standard vorgegeben. Der erste Bauabschnitt mit rund 800 WE startet im Sommer 2008 und soll 2010 fertig gestellt sein.

In Wien lag der Passivhausanteil im Wohnungsneubau 2006 bei 3%. Durch ‘Eurogate’ und einiger weiterer Projekte wird mit in Summe rund 1.300 WE der Passivhausanteil 2008 bei 20% liegen!

Mit dem Stadtentwicklungsprojekt ‘Flugfeld Aspern’ in Wien 22 auf einer Fläche von insgesamt 240 Hektar und rund 2,5 Mio. m² Bruttogeschoßfläche soll das nächste Großprojekt starten, bei dem das Passivhaus zumindest die dominierte Stellung einnehmen wird.

Der erste Bauabschnitt mit 1.500 WE soll Ende 2009 starten.

Die Stadt Wien sorgt gemeinsam mit den Grundbesitzern für die visionäre Entwicklung des neuen Stadtteils.

Bei konsequenter Umsetzung des Passivhausstandards entspricht das Einsparungspotential von 210,0 GWh/a des Gesamtprojektes Flugfeld:

- 28 Mio. m³ Erdgas bzw. 28 Mio. kg CO2
- Mittlerem Flusskraftwerk oder Oberstufen Speicherkraftwerk Kaprun
- 52 Windrädern (á 4 Mio. kWh/a) bei Errichtungskosten von € 90 Mio.

In Innsbruck ist derzeit am Lodenareal eine Wohnsiedlung der Neuen Heimat Tirol mit insgesamt 354 WE in Bau, welche auch vom Passivhaus Institut zertifiziert wird.

Die Stadt Salzburg plant die Passivhaussiedlung Unipark Nonntal mit 300 WE als Neubau, sowie 300 WE zu sanieren, samt Büro- und öffentliche Bauten umzusetzen.

In Linz werden 2009 vier Wohnhochhäuser in Passivhausstandard errichtet.

Ländliche Siedlungen haben ebenfalls große Möglichkeiten Passivhäuser zu forcieren. In Mellau / Vorarlberg ist der klima:aktiv Hausstandard für den Grundstückserwerb vorausgesetzt. Bei Verpflichtung zum klima:aktiv Passivhaus Standard wird das Grundstück um € 10.-/m² vergünstigt erworben. Wenig verwunderlich, dass sich alle für ein Passivhaus entschlossen haben, schließlich gibt es zusätzlich zur Landes-förderung auch noch das Grundstück im Schnitt um € 4.000.- günstiger.

Ein echter Anreiz, der mittlerweile auch von anderen Gemeinden übernommen wurde, wie z.B. Mäder / Vorarlberg, Arnoldstein / Kärnten, Gablitz / NÖ. In Niederösterreich sind auch ganze Wohnsiedlungen im Entstehen, wie in Auersthal, Lassee oder St. Valentin.

Weitere Information: IG Passivhaus Österreich

GastautorIn: Ing. Günter Lang für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /