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Die Mehrkosten für Kyoto sind verkraftbar

WirtschaftsBlatt Kommentar - von Herbert Geyer Nicht alles was grauslich klingt, ist auch schon ein Argument

Jammern gehört zum Geschäft. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass Voestalpine und Konsorten angesichts der bevorstehenden Kürzung ihrer CO2-Emissionskontingente in öffentliches Wehklagen ausbrechen. Schliesslich waren sie mit dieser Methode bereits einmal erfolgreich und haben bisher stets ausreichend Zertifikate erhalten. Freilich ist nicht alles, was grauslich klingt, auch schon ein Argument: Die Voest etwa beklagt mögliche Mehrkosten von 60 Millionen, errechnet nach der Milchmädchenformel: Zertifikate-Mehrbedarf mal Kosten je Zertifikat. Freilich wird nicht das ­Voest-Kontingent um zwei Millionen Zertifikate gekürzt, sondern jenes für die gesamte österreichische Industrie. Und 30 je Zertifikat wurden in den vergangenen Jahren tatsächlich einmal erreicht, das war aber der absolute Höchstpreis während einer spekulativen Blase und der ist genauso wenig repräsentativ wie die 80 Cent, die derzeit verrechnet werden. Im Moment sind nämlich nur noch überschüssige Zertifikate am Markt, deren Gültigkeit heuer auslaufen und nach denen ist die Nachfrage natürlich gering. Realistisch ist eine Bandbreite zwischen sieben und 15 je Zertifikat und damit betragen die Gesamtmehrkosten für die Industrie schon nur mehr 14 bis 30 Millionen. Freilich zwingt niemand die ­betroffenen Unternehmen, ihren Zertifikate-Bedarf auf dem EU-Markt zu befriedigen. Verschmut­zungsrechte kann man auch in Drittstaaten erwerben, indem man dort CO2-sparende Investitionen tätigt. Und gerade der ­Voest, die selbst im Anlagenbau tätig ist, sollte es nicht schwer fallen, ihren mittelfristig abschätzbaren Bedarf durch Investitionen in Wasserkraftwerke oder Biogasanlagen abzudecken. Auf diesem Markt muss derzeit realistisch mit Kosten von vier bis sieben je Tonne CO2 gerechnet werden. Womit sich die gesamten Mehrkosten durch die jetzt von der EU-Kommission gekürzte Zertifikatszuteilung für die gesamteösterreichische Industrie auf eine Grössenordnung von zehn Millionen reduzieren, davon entfällt jedenfalls weniger als ein Drittel auf die Voest. Zum Vergleich: Allein die Voest meldete für ihr vergangenes Geschäftsjahr einen Reingewinn von 526 Millionen. Der würde sich durch die Zertifikate-Mehrkosten auf ungefähr 524 Millionen reduzieren. Es ist zu hoffen, dass das Unternehmen damit auch mit Aufrechterhaltung der Produktion in Österreich überleben kann.

Quelle: WirtschaftsBlatt


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /