© Waldviertler Schuhwerkstatt
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Wer gibt`s billiger?

Aufklärung eines Missverstänisses zur Waldvierteler Regionalwährung. Ein Leserbrief an oekonews von Heini Staudinger

Warum haben wir die Waldvierteler Regionalwährung im Mai 2005 gegründet?

Dass WaldviertlerInnen mit Waldviertler Geld billiger einkaufen können? ...dass ich nicht lache. Nein und noch einmal Nein. Billiger? Das war nie das Ziel. Der Beweggrund zur Gründung einer Regionalwährung war und ist die Suche nach Gerechtigkeit. Der Versuch, dass wir uns nicht mehr in die irre führen lassen durch die heilsversprechen des ‘billiger’.

Auch im Waldviertel kaufen wir Textilien zu einem ungeheuer billigen Preis

Sind diese Preise gerecht, wo Frauen in China und Bangladesh für rund 20.- Euro im Monat, 70 Stunden die Woche, ‘unsere’ Textilien nähen? Allein in den zwei Bezirken Gmünd und Waihofen an der Thaya (70.000 Einwohner) haben mehr als 10.000 Menschen ihren Job in der Textilindustrie verloren. Nicht, weil sie schlecht waren oder, weil sie faul waren. nein, sie gehörten zu den besten der Welt. Sie haben ihren Job verloren, weil irgendwo in der Welt irgendwer diesen Job billiger macht. Egal zu welchen Bedingungen.

Da schweigt die Arbeiterkammer, die 800.000.- Euro Förderungen für die Waldviertler Regionalwährung aufgestellt hat, aber nur ihr eigenes Süppchen kochen wollte.

Im oekonews voting wird gefragt? ‘Sollen alle Betriebe und Geschäfte im Waldviertel den Waldviertler als Zahlungsmittel nehmen?’ Natürlich ‘Nein’. Was hat das für einen Sinn, wenn wir chinesische Textilien, spanisches Gemüse, Butter aus Dänemark, Äpfel aus Chile... mit Waldviertlern bezahlen?

Wir wollen regionale Kreisläufe schaffen

Wo der Bauer das Getreide in die Dyk Mühle nach Raabs bringt, der Döller Bäcker in Gmünd damit das Brot bäckt, der Müller bei uns die Waldviertler Schuhe kauft und wir im Bauernmarkt das Buffet für unsere Seminargäste besorgen. Und so weiter und so fort. Bei diesen Kreisläufen hat das keinen Sinn, wenn wir die Preise drücken, bis die Produzenten nicht mehr können. Das hat mit solidarischer Wirtschaft nichts zu tun.

oekonews aber frägt: ‘Soll die Waldvierteler Regionalwährung einen direkten und unmittelbaren Nutzen für den, der damit zahlt bringen? 100 Waldviertler um 95.- Euro, beispielsweise?’. Die Frage ist schon so demagogisch gestellt, dass ich einen Zorn kriege. Der direkte Nutzen ist NICHT die Ersparnis von 5.- Euro. Der direkte Nutzen ist, dass wir leben können, dass wir einander brauchen, dass wir hervorragende und gesunde Lebensmittel essen, die Eier von meinem Freund und Biobauern Joe geniessen, das Bier von unserem Nachbar Karl Trojan trinken und von Schneiderinnen toll gemachte Hosen tragen. Die müssen dann nicht abwandern. Die können da leben, wo sie gerne sind. Ausserdem bin ich zum Liebling der Schneiderinnnen geworden. Und das macht Freude.

Das haben die Leute von der Arbeiterkammer nie verstanden. sie haben von Zusammenarbeit mit uns, den GründerInnen geredet, aber nicht praktiziert. Drum gab es da gar keine Zusammenarbeit zum Auflösen. Wo nichts ist, da kann man auch nichts auflösen.

‘Nach der Anfangseuphorie hat sich nun eine Antriebslosikeit breitgemacht...’ so oekonews. Das Gegenteil ist der Fall. Erlöst von den Sitzungen mit den Funktionären, sind wir alle wieder voll motiviert. Die Funktionäre taten nur, was SIE wollten. Sie suhlten in ‘ihren’ 800.000.- Euro Förderung und machten sich wichtig ohne das Projekt und die Lebenssituation im Waldviertel ernst zu nehmen.
Ich will nicht jammern. so ist das leben auch.

Heinrich Heine hat das folgende Gedicht vor 150 Jahren geschrieben. Es gilt auch heute. Er meinte damals Deutschland. Es gilt auch bei uns. Nicht nur im Waldviertel.



Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.
Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.
Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.

Ich wünsche euch dennoch alles Gute.

Also, alles Gute

Heini Staudinger
Gründungsmitglied der Waldvierteler Regionalwährung


Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /