© Biomasseverband
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Die Energiewende ist machbar

Alternativ-Nobelpreisträger Hermann Scheer zeigt neue Wege der europäischen Energiepolitik auf

"Angesichts der Größe der Herausforderung ist das kleinmütige Verhalten der Politik gegenüber erneuerbaren Energien geradezu erschütternd", beklagt der deutsche Wirtschafts- und Sozialwissenschafter sowie Alternativ-Nobelpreisträger Dr. Hermann Scheer, Abgeordneter zum Deutschen Bundestag, in seinem neuesten Buch "Energieautonomie - eine neue Politik für erneuerbare Energien", in dem er nicht nur einen Energiewechsel, sondern auch eine grundlegendeÄnderung der Energiepolitik fordert.

Der "deutsche Solarpapst" Hermann Scheer liefert bei der Vortragsveranstaltung des Österreichischen Biomasseverbandes am 6. Juli 2005 im Technischen Museum Wien geballte und spannende Information zur europäischen und globalen Energiepolitik, zu den aktuellen Schwachstellen sowie zur Zukunft unserer Energieversorgung.

In seinem aufrüttelnden Werk behandelt Hermann Scheer die sich immer weiter zuspitzende weltweite Energiekrise aufgrund des Festklammerns an fossilen Energieträgern und des gefährlichen Versuchs einer "Renaissance" der Atomenergie. Er geht der Frage nach, welche Denk- und Handlungsblockaden dem längst überfälligen Wechsel zu Erneuerbaren Energien entgegenstehen. Der Alternativ-Nobelpreisträger skizziert ein unabhängiges, politisch dezentralisiertes und an Vielfalt orientiertes Energiemodell, das sich an ökologischen Gesichtspunkten ausrichtet und auf freien Investitionen basiert. Ziel dieser Strategie ist eine selbst- statt fremdbestimmte Energieversorgung - die Energieautonomie - die einen Umstieg von Kohle, Gas und Atomenergie auf alternative Energieformen wie Wasserkraft, Windenergie, Sonnenenergie und Bioenergie ermöglicht.

Das Buch ist ein ideeller und praktischer Leitfaden für die vollständige Ablösung atomarer und fossiler Energienutzung - eine Politik- und eine Wirtschaftsstrategie zur Bewältigung der größten und alle Menschen unmittelbar betreffenden Herausforderung des 21. Jahrhunderts.

Scheer sieht den Grundkonflikt des 21. Jahrhunderts im "Duell" zwischen Sonnenenergie und Atomenergie. Wer an den atomar-fossilen Brennstoffen festhalte, so belegt seine detaillierte Analyse des weltweiten Energiesystems, der riskiere Wirtschaftskrisen und Kriege um Energierohstoffe. Zu offensichtlich zeigen sich die Engpässe und Grenzen dieses alten Energiesystems, das im Gegensatz zu Erneuerbaren Energien neben einem enormen Ressourcenverbrauch Großkraftwerke, Riesentanker, aufwendige Raffinerien sowie große Überlandstromtrassen brauche.

Seine scharfen und nüchternen Analysen von Konflikten und Blockaden münden am Ende des Buches in zehn Maximen des politischen Handelns, die den Erneuerbaren Energien zum Durchbruch binnen weniger Jahrzehnte verhelfen könnten. Dazu gehöre der Marktvorrang heimischer Ressourcen ebenso wie die reale Entflechtung der Energiewirtschaft, politische Rahmenbedingungen oder die Überwindung des Wissensdefizits sowie die Wiedergewinnung der geistigen Autonomie. Scheer schlussfolgert überzeugend, dass die Realisierung des Energiewechsels machbar sei und der Umstieg vor allem an mentalen Hürden scheitere. Die Mindestvoraussetzung für einen Wechsel wäre die Chancengleichheit für atomar-fossile und erneuerbare Energie. Doch anstatt die autonome Stromproduktion durch politische Preisregulierungen zu mobilisieren, versuche man heute, den Alternativenergien nicht nur das Potenzial abzustreiten, sondern auch ihren Umweltvorteil. Scheer beobachtet eine Reaktion der Politik durch Ablenkungsmanöver - etwa der Liberalisierung der Energiemärkte, Kyoto-Protokoll oder unzureichenden globalen Konsenslösungen - um der politischen Verantwortung zu entkommen. "Eine breit informierte und motivierteÖffentlichkeit ist der wichtigste Verbündete für ambitionierte Durchbruchsstrategien", betont Scheer, der auf das Entstehen einer "kritischen Masse" und eine dynamischere Entwicklung hofft.


Artikel Online geschaltet von: / litschauer /