Skandal in Marchegg: Naturschützer wie Verbrecher behandelt

Anläßlich des Spatenstiches für die Brücke in Marchegg Einreiseverbot für slowakische Naturschützer

Marchegg. Unglaublich aber wahr: Anläßlich des gestrigen Spatenstiches durch Landeshauptmann Pröll wollten auch slowakische Umweltschützer nach Marchegg kommen. Wollten - konnten aber nicht. Bei der Zollkontrolle am Bahnhof fragten sie die Grenzbeamten nach dem Weg. Wie der Grenzbeamte gegenüber Mag. Barbara Grabner vom Naturschutzbund NÖ in einem Telefongespräch bestätigte (die zurückgewiesenen Slowaken hatten sie um Intervention gebeten), war von der BH Gänserndorf die Weisung erlassen worden, heute Donnerstag keine slowakischen Naturschützern über die Grenze zu lassen.

Pressesprecherin Grabner: "Das ist ein noch nie dagewesener Skandal! Damit werden Naturschützern mit Verbrechern gleichgesetzt!"

Lubica Trubiniová, einer der bekanntesten Umweltschützer der Slowakei und führendes Mitglied von BROZ (Bratislava Regionaler Naturschutzbund):"Ich habe dem österreichischen Grenzbeamten erklärt, dass wir uns an keinen ungesetzlichen Aktivitäten beteiligen und auch nicht demonstrieren wollen, sondern nur als Beobachter gekommen sind." Die Slowaken erhielten einen Stempel mit dem Vermerk "Zurückgewiesen" in ihren Reisepaß. Sie dürfen ein Jahr lang nicht nach Österreich einreisen.

Die slowakischen Naturschützer hatten gehört, dass die Bürgerinitiative Marchegg-Marchfeld (BIMM) gegen den Spatenstich demonstrieren will. Da unlängst 11 slowakische Naturschutzorganisationen gegen den Autbahnbau auf slowakischer Seite Stellung genommen haben, wollten sie heute dabei sein. Trubiniová hatte die Podiumsdiskussion am 7. 11. in Marchegg besucht. Jetzt ist dem Informationsaustausch durch Weisung von oben vor Ort einmal ein Riegel vorgeschoben!

Dieser Vorfall ist doppelt peinlich. Nächste Woche, am Dienstag, wird des Herrn Landeshauptmanns Neffe, Bundesminister Josef Pröll und sein slowakischer Amtskollege Lászlo Miklós bei einer Podiumsdiskussion in Wien über "Erweiterte Umwelt" und grenzüberschreitende Aktivitäten im Bereich Umwelt referieren. War der Vorfall in Marchegg ein Omen für das Kommende?

Die Vorgeschichte:

In einer Presseaussendung und einem Offenen Brief an Landeshauptmann Roman und alle Abgeordenten der Selbstverwaltung von Bratislava Land erhoben am Donnerstag, 6. November 2003 elf slowakische Natur- und Umweltschutzvereine Einspruch gegen die geplante Autobahn und Brücke bei Marchegg.
Daphne, BROZ, die Slowakische Gesellschaft für Vogelschutz, Slowakischer Naturschutzbund Bratislava (MV SZOPK) und ZO SZOPK Echo, Greenpeace, Friends of the Earth, die Waldschutzgruppe Vlk, die Gesellschaft für Nachhaltigkeit, SOSNA und OZ Tatry weisen darauf hin, daß der gegenwärtige Entwurf für eine Brücke im Widerspruch zu der Entscheidung des Amtes für Umweltschutz Bratislava Land stehe und fordern, daß vorher eine Strategische Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse. Die slowakischen Naturschützer empfehlen, daß man überhaupt einmal die Inbetriebnahme der A4 über Kittsee abwarten sollte. Eine weitere Straßenanbindung vom Typ einer Autobahn zwischen der Slowakei und Österreich sollte man erst nach sorgfältiger Prüfung der Auslastung der Kapazitäten dieser südlichen Verbindung erwägen.

Die slowakischen Marchauen sind auch für Natura 2000 nominiert. "Auf jeden Fall wird die Entscheidung über das weitere Schicksal der Brücke zwischen Devínská Nová Ves und Marchegg ein Testfall dafür sein, wie sehr die österreichischen und slowakischen Behörden die Umweltgesetzgebung in der EU ernst nehmen", sagt Milan Janák (Daphne).

Die slowakische Stellungnahme war gezielt am Vortag der Podiumsdiskussion In jeder Hinsicht überfahren?in Marchegg (7.11.) im Gasthof March-Eck als Unterstützung der österreichischen Bemühungen veröffentlicht worden.

Quelle: Naturschutzbund NÖ.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /