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Kritik: Rupprechter-Sager zur Sprit-Besteuerung

Billiger Sprit würde die gerade gestartete E-Mobilitätsoffensive von Umwelt- und Verkehrsministerium untergraben.

"In der ORF-Pressestunde am Sonntag war Umweltminister Rupprechter so zu verstehen, dass er – richtigerweise – das Dieselprivileg durch eine Angleichung an die höhere Benzinbesteuerung abschaffen möchte - schließlich betont er das seit Monaten. Kurz darauf folgt der umweltpolitische Rückzieher in der Tiroler Tageszeitung: Dort möchte er nämlich darauf verweisen, 'dass man die Anpassung der Spreizung zwischen Diesel- und Benzinbesteuerung auch andersrum vollziehen kann: Indem man die höhere Benzinsteuer auf das Niveau von Diesel anpasst.' Damit macht sich Minister Rupprechter völlig lächerlich’, kritisiert der Verkehrssprecher der Grünen, Georg Willi, die Umkehrung des Dieselprivilegs in eine Benzinpreissenkung scharf. ‘Wie kann ein Umweltminister zuerst den Klimavertrag von Paris abfeiern und dann fossile Energie billiger machen? Es ist nicht zu fassen.’

Diesel hat einen Marktanteil von 75 Prozent aller in Verkehr gesetzter Treibstoffe in Österreich. 57 Prozent der PKW-Flotte sind Dieselautos, dazu kommen dieselbetriebene LKWs, Kleintransporter und hunderttausende zusätzliche Dieselfahrzeuge. Haupttreiber und Ursache hinter dem Dieselboom ist die starke steuerliche Begünstigung von Diesel im Vergleich zu Benzin. Das 'Dieselprivileg' beträgt 8,5 Cent pro Liter - unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer sogar 10,2 Cent. ’Minister Rupprechter weiß um den Tanktourismus mit allen Folgen. Er weiß um die Schädlichkeit des Diesels, sowohl bezüglich Stickoxiden als auch Feinstaub. Und dann dieser Unsinn”, hält Willi fest.

Als ‘völlig inakzeptabel’ bezeichnet auch die Umweltorganisation WWF die jüngsten Aussagen von Umweltminister Rupprechter. ‘Der Umweltminister sollte aus voller Überzeug als Lokomotive für eine ökologische Verkehrswende agieren, stattdessen  kokettiert er mit der populistischen Billigsprit-Szene. Das verführt die Konsumenten dazu, absolut falsche Investitionen zu tätigen – die am Ende sehr teuer kommen werden’, so Karl Schellmann, Klimaschutzsprecher beim WWF.

Es brauche nun eine massive Investitionswelle in den Öffentlichen Verkehr sowie die schrittweise Elektrifizierung des Individualverkehrs in den nächsten zehn bis 20 Jahren, so der WWF. ‘Der Umweltminister hat beim Klimaschutz ganz offensichtlich kein Konzept, oder schlichtweg kein veritables Interesse’, kritisiert Schellmann.

Die Spritpreise in Österreich liegen laut Wirtschaftsministerium weit unter dem EU-Durchschnitt. In den Nachbarländern Ungarn, Italien, Slowenien und Deutschland sind die Preise teils deutlich höher als in Österreich. ‘Österreich ist eine Art Spritpreis-Oase, was eine massive Subvention der Mineralölwirtschaft darstellt. Etwa für Pendler, die auf das Auto angewiesen sind, muss die Politik andere Unterstützungen anbieten als generell einen niedrigen Spritpreis, der eine Subvention für Alle mit der Gießkanne ist. Am meisten profitieren die großen Sprit-fressenden SUVs davon, das hat keinerlei soziale Wirksamkeit’, sagt Schellmann.

Der WWF zeigt sich tief enttäuscht. ‘Wir nehmen auch viel Interesse am Klimaschutz von anderen Akteuren wahr. Erst zu Beginn des Jahres haben 190 Unternehmen ihre Unterstützung für eine wirksame Klimapolitik öffentlich bekundet und die Politik aufgefordert, zuverlässige und langfristige Klimaziele zu verankern.’, so der WWF-Klima- und Energiesprecher.

Das Mitte März von WWF, GLOBAL 2000 und Greenpeace vorgestellte Szenario ‘Energie- und Klimazukunft Österreich’ zeigt einen gangbaren Klimaschutzweg ‘und könnte Umweltminister Rupprechter als Blaupause für eine wirksame Klimapolitik in Österreich dienen’, so Schellmann.


Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 kritisiert die in der Tiroler Tageszeitung getätigten Äußerungen des Umweltministers zum Thema Sprit-Besteuerung ebenfalls: "Mit billigem Sprit lösen wir keine Probleme, schaffen aber andere. Umweltminister Andrä Rupprechter würde damit seine eigene E-Mobilitäts-Offensive untergraben und besonders spritfressende SUVs unterstützen. Das kann ein verantwortungsbewusster Umweltminister nicht wollen. Umweltschädliche Vorschläge zu übernehmen, die nur der Mineralölwirtschaft dienen, ist völlig untragbar", meint Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von GLOBAL 2000.

Erst am 1. März hat die Förderung der Bundesregierung für E-Mobilität gestartet. Die jetzt getätigten Aussagen lassen den Eindruck entstehen, dass in der österreichischen Klima- und Energiepolitik kein ernsthafter koordinierter Plan verfolgt wird. Gegenüber 1990 sind die Treibhausgasemissionen im Verkehr um 60 Prozent gestiegen. Ein verantwortungsbewusster Umweltminister müsste sich diesem Problem nun stellen. "Anstatt populistischer Ansagen in Richtung billigem Sprit, sollte sich Umweltminister Rupprechter für eine echte Mobilitätswende hin zu mehr öffentlichem Verkehr und E-Mobilität einsetzen. Bisher ist der Umweltminister eine klare Strategie für Klimaschutz in Österreich schuldig geblieben", sagt Wahlmüller. "Die vor Sommer angekündigte integrierte Energie- und Klimastrategie wird der Lackmustest, ob die Bundesregierung zu einer ernsthaften Arbeit an der Energiewende fähig ist."

Nun braucht es entschlossene Schritte in Richtung einer zukunftsorientieren Mobilitätspolitik, Verbesserungen beim Ökostromgesetz eine Strategie mit klaren Zielen und Instrumenten und eine Bundesregierung, die das Thema beherzt umsetzt. "Umweltminister Andrä Rupprechter sollte die Speerspitze der Energiewende in Österreich sein und nicht ihr Totengräber. Wir brauchen dafür entschlossene Taten und einen klaren Plan, wie wir den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas in Österreich schaffen. Undurchdachte populistische Querschüsse sind dabei nicht hilfreich", so Wahlmüller.



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