© seagul-pixabay.com/   Erneuerbare Energien
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Stillstand oder Wachstum: Ökostromnovelle- ein zahnloser Entwurf?

Die Erneuerbare-Energie-Verbände fordern geschlossen signifikante Änderungen an dem Gesetzesentwurf

Wien- "An sich gut, dass endlich etwas in Richtung der "kleinen Ökostromnovelle" passiert, aber der Ökostrom wird damit nicht mehr!" so das wesentliche Resümee der Erneuerbare-Energien-Verbände. Nach rund dreijähriger Diskussion ist nun die kleine Ökostromnovelle in Begutachtung gegangen. Bedauerlich ist jedoch, dass der jetzige Entwurf die Ökostrommengen nicht steigern würde. "Schon die kleine Novelle muss ein deutliches Mehr an sauberegem Strom bringen", fordert Peter Püspök, Präsident des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) und ergänzt: "Dies wäre eine Win-Win-Win-Situation für Österreich."

"Bei einer kleinen Ökostromnovelle mit einem wirklichen Abbau der Ausbaubarrieren gewinnt der Klimaschutz durch mehr erneuerbare Energien, die Wirtschaft durch hohe Investitionen und der Finanzminister durch höhere Steuereinnahmen. Dies ist möglich ganz ohne Mehrbelastung der Stromabnehmer", ist sich Püspök sicher. "Mit Bedauern hat die Branche aber festgestellt, dass die vorgeschlagenen Änderungen insgesamt nicht mehr Ökostrommengen hervorbringen. Das kann nicht das letzte Wort sein. In Zeiten der Energiewende muss jede Ökostromnovelle auch ein deutliches Mehr an Ökostrom bringen." Nicht zuletzt steht auch im neuen Regierungsübereinkommen, dass eine Ökostromnovelle eine signifikante Steigerung der Investitionen in erneuerbare Energien auslösen soll.

Ökostromausbau darf nicht verschoben werden

Das Verschieben des Ökostromausbaus birgt mehrere Gefahren. Zum einen bringt sie eine große Unsicherheit für die gesamte Branche der erneuerbaren Energien. Schon jetzt droht ein mehrjähriger Ausbaueinbruch mit schweren Folgen für den ganzen Wirtschaftszweig. Österreich ist bereits in hohem Maße von Atom- und Kohlestromlieferungen aus unseren Nachbarländern abhängig. Ein Verschieben des Ausbaus verringert somit die Versorgungssicherheit. Dies lässt auch die Treibhausgasemissionen weiter steigen und die Klimaziele werden immer unerreichbarer. "Die Diskussionen über eine große Ökostromnovelle sind zwar wichtig, dürfen aber nicht als Ausrede dienen, die kleine Ökostromnovelle als Impuls für die erneuerbaren Energien, die Wirtschaft und den Klimaschutz ungenutzt zu lassen. Wir müssen die derzeitige Phase der niedrigen Zinsen für den günstigen Ausbau der Erneuerbaren nutzen."

Ökostromnovelle ohne Mehrbelastung

Die Förderkosten des Ökostroms sind um rund 20 % gesunken. Nicht zuletzt, da derzeit deutlich weniger ausgebaut wird als in der Vergangenheit und daher mehr Kleinwasserkraft-, Biomasse- und Windkraftanlagen die Förderung verlassen als neu errichtet werden. Eine ambitionierte Ökostromnovelle könnte nicht nur bedeutend mehr heimischen Ökostrom für Österreich bringen, sondern würde die Ökostromkosten auch nicht über jene vom letzten Jahr steigen lassen. In den nächsten Jahren verlassen viele Ökostromanlagen ihren Förderzeitraum und entlasten so das Ökostromförderregime. So könnten wieder neue Anlagen gefördert werden, ohne dass in Summe die Kosten steigen.

"Ein Abbau der Ausbaubarrieren für saubere Energie ist eine Vernunftentscheidung zugunsten des Klimas und der Wirtschaft", bemerkt Püspök und weist zum Abschluss auf die Worte von Bundeskanzler Kern hin: "Wir alle kennen die Probleme, es ist Zeit, sie endlich zu lösen. Es gibt keinen Grund, länger zu warten."

Klare Statements der Erneuerbare-Energie-Verbände

Paul Ablinger, Geschäftsführer Kleinwasserkraft Österreich: "Aus Sicht der Kleinwasserkraft ist der vorliegende Entwurf zur "kleinen Novelle" der erste Schritt in die richtige Richtung! Notwendige Verbesserungen, vor allem der Abbau der Warteschlange und Rahmenbedingungen für einen langfristig gesicherten Ausbau und Bestand der Kleinwasserkraft müssen unbedingt noch erfolgen. Aktuell warten mehr als 200 bewilligte Anlagen mit einer ungefähren Jahresproduktion von 500 GWh auf ihren Vertrag. Gleichzeitig sind aufgrund der aktuellen Dumpingpreise auch bestehende Anlagen massiv gefährdet!


Franz Kirchmeyr von der Arge Kompost und Biogas: "Gerade in der momentanen Wetterlage erkennt man die Bedeutung der Biogastechnologie für die künftige Stromversorgung in Österreich. Mit Biogas bekommt man die Möglichkeit der erneuerbaren Stromversorgung zu jeder Tages- und Nachtzeit und kann damit notwendige Spitzen auch über längere Zeiträume abdecken. Die geplante Novelle ist daher für die Weiterentwicklung der Technik von großer Bedeutung sowohl für bestehende als auch kommende Anlangen. Es sollte daher das Kontingent für bestehende Anlagen erhöht werden und Neuanlagen wiederum ermöglicht werden."

Hans Kronberger, Präsident Photovoltaic Austria: "Mit einigem guten Willen und einer vernünftigen Novelle des Ökostromgesetzes wäre das PVAusbauvolumen mindestens verdoppelbar ohne einem zusätzlichen Cent an Mehrkosten. Denn für die Photovoltaik sind die Parameter des Ökostromgesetzes von 2012 inzwischen völlig ungeeignet. Durch sinkende Anlagenpreise ist der Fördersatz konsequent gesenkt worden und eine eigenständige PV-Stromnutzung ist wirtschaftlich effizienter. Doch dieses Faktum wird im Gesetz nicht beachtet und durch die falsche Kontingentierung im Förderbudget verliert die PV-Branche jährlich rund 2 Millionen Euro Fördergelder. Ebenso ergibt sich bei der Aufteilung des Resttopfs (für Photovoltaik-, Wind- und Wasserkraftanlagen) Chancenungleichheit durch die unterschiedliche Gültigkeit der Förderanträge. Um diese Ungleichheit zu bereinigen, ist eine fixe Budgetzuteilung für Bürgeranlagen notwendig."


Stefan Moidl, Geschäftsführer IG Windkraft: Es muss der vorhandene rechtliche und politische Spielraum für die Beseitigung der Ausbauhürden bei der kleinen Novelle genutzt werden. So könnten die baureifen Windkraftprojekte rasch errichtet werden. Die kleine Ökostromnovelle muss einen Abbau der Warteschlange der genehmigten Projekte mit sich bringen. Es sind bereits 260 baureife Windräder mit einer Leistung von 850 MW, die 2,5 % der österreichischen Stromversorgung sauber liefern können. Ihre Errichtung kann ein Investitionsvolumen von 1,4 Milliarden Euro auslösen und 5.100 Arbeitsplätze schaffen. Weitere 460 Dauerarbeitsplätze würden über die gesamte Lebensdauer der Windräder durch den Betrieb und das Service geschaffen werden. Derzeit könnten jedoch nur 60 Windräder gebaut werden, während es vor 2 Jahren noch 140 waren.

Time to act- Rasches Handeln ein Muss

Die Begutachtungsfrist für das kleine Ökostromgesetz läuft noch bis Mitte nächster Woche, danach soll sie im Ministerrat beschlossen werden. Eines scheint fix: Rasches und ambitionierteres Handeln ist ein Muss, das was derzeit vorgeschlagen wurde, ist zuwenig, um einen weiteren Ausbau erneuerbarer Energien zu gewährleisten. Es stellt sich die Frage, warum sich die Regierung derzeit offensichtlich Zeit lässt, mit mehr Mut in Richtung 100% erneuerbare Energie zu gehen. Für die Volkswirtschaft Österreich bringt dies viel: Österreich ist derzeit zu fast zwei Dritteln von fossilen Energieimporten abhängig. Allein im Jahr 2014 betrugen die Netto-Import fossiler Energieträger nach Österreich 10 Milliarden Euro! Es ist jährlich immens viel Geld, das in andere Länder abfließt und das in Österreich besser investiert wäre und gleichzeitig zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen beitragen würde.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /