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Umweltmusterland? Auf Wiedersehen!

Es ist nicht zu fassen: Unser Wirtschaftsminister wünscht sich Gratis-C02-Zertifikate für die Industrie!

Immer wieder versuchen wir, uns als Umweltmusterland in den Mittelpunkt zu stellen. Wir haben Vorzeigeprojekte, soviel ist fix.

Aber Vizekanzler und Wirtschaftsminister Mitterlehner, den wir eigentlich für klug genug halten, um eine eigene Meinung zu haben und zu verstehen, welch immense Chancen Österreich damit hätte, wenn wir uns auf eine rasche Energiewende besinnen würden, lässt sich vor den Karren der Industrie spannen.

Es sieht so aus, dass ihm die Nähe zu so manchen Konzernchefs volkswirtschaftliche Vorteile einer Energiewende nicht sehen lässt. Der klare Weg in die falsche Richtung ist damit offensichtlich bereits fix. Österreichs Wünsche sind sehr entfernt von jeglicher Ambition und an vorderster Stelle steht das Ziel, Gratis-CO2-Zertifikate für die Industrie zu erreichen und die "Wettbewerbsfähigkeit" bei den Klima- und Energiezielen der EU zu berücksichtigen.

Mitterlehner bezeichnet das von der EU-Kommission vorgeschlagene Effizienzziel von 30 Prozent umgelegt auf Österreich sehr ambitioniert. "Wir haben gerade ein neues Energieeffizienz-Gesetz zur Erfüllung des 2020-Ziels angenommen. Schon die Diskussion darüber hat gezeigt, dass Unternehmen, die bereits sehr energieeffizient agieren, wie viele österreichische Leitbetriebe, auch an Grenzen stoßen. Daher müssen künftige EU-Ziele die nationalen Voraussetzungen und Potenziale besser berücksichtigen. Auch Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum der Wirtschaft müssen bedacht werden", betont der Wirtschaftsminister. Dies gelte nicht nur für das Energieeffizienz-, sondern auch für das CO2-Ziel. "Gerade die CO2-Debatte zeigt, dass Klima- und Energiepolitik auch Standortpolitik ist", erläutert Mitterlehner weiter. Als Argument werden die USA und China genannt, die über 40 Prozent der weltweiten Emissionen verursachen. Europa ist nur noch für zehn Prozent verantwortlich - Tendenz sinkend. Klimaziele scheinen mit dieser Argumentation nicht mehr sehr wichtig.

Das wir jedoch vom Klimawandel besonders betroffen sind, wird leider unter den Tisch gekehrt.
Und eines wird vollkommen vergessen, wie es der Dachverband Erneuerbare Energie in einem offenen Brief an die Bundesregierung sehr direkt formulierte: "Sollten diese Woche keine bindenden ambitionierten Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien beschlossen werden, wird es einen großen Gewinner geben: die Atomkraft. Je geringer das Ziel für erneuerbare Energien ausfällt, desto mehr Spielraum wird dem Ausbau der Atomkraft in Europa gegeben. Wenn Österreich sich für ein Erneuerbaren-Ziel von 27% ausspricht, dass noch dazu nicht bindend für die Mitgliedstaaten der europäischen Union sein soll, dann unterstützt man damit den neuerlichen Atomkraftausbau in Europa."

Rein volkswirtschaftlich gesehen würde sich der rasche Ausbau erneuerbarer Energien äußerst positiv auswirken: Er reduziert die Abhängigkeit von Importen von fossiler Energie, was sich vehement positiv auf die Handelsbilanz auswirkt und Öl- und -Gaspreisprobleme unwichtig werden lässt. Das wäre genauso ein vehement positiver Standortfaktor für die Ansiedelung und den Verbleib von Betrieben.

Wenn wir in Österreich wirklich Umweltmusterland bleiben wollen, dann wäre einiges zu tun. Wir warten aber anscheinend lieber darauf, dass alle anderen auf den jetzigen Stand nachziehen, statt unsere Vorreiterrolle auszubauen. Das ist jammerschade, denn genau das sind Arbeitsplätze, die wirklich Zukunft haben.


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /