© falco/ pixabay.com
© falco/ pixabay.com

Riesenskandal in Brüssel: Wettbewerbskommission bricht Grundpfeiler der EU - Steuergelder an Atomlobby

Die EU-Wettbewewerbskommission genehmigt Preisgarantien für Strom aus unwirtschaftlichem, englischem AKW Hinkley Point C / Über 30 Milliarden Euro an Steuergeldern für Atomkonzern

Nach einem Beschluss, der gestern Nacht klammheimlich von der fast nicht mehr existenten EU-Wettbewerbskommission gefällt wurde, sollen für den Bau des geplanten englischen AKWs Hinkley Point C von den englischen Steuerzahlern in Summe über 30 Milliarden Euro an den französischen Atomkonzern EDF fließen.

"Grund dafür sind skandalöse Preisgarantien für völlig unwirtschaftlichen Strom aus neuen AKWs. Wäre es nicht Realität, man würde nicht glauben, was sich die Wettbewerbskommission da geleistet hat", so Manfred Doppler vom Anti Atom Komitee in einer ersten Reaktion.

Während Strom an der Leipziger Börse ca. 38 Euro pro MWh kostet, kann Strom aus dem geplanten AKW Hinkley Point C nicht unter 110 !!! Euro/MWh produziert werden.

"Dieses Defizitgeschäft soll nun durch sog. "contracts for difference" für die Atomlobby in ein 35 Milliarden Euro schweres Supergeschäft umgewandelt werden, denn dem Betreiber sollen nun sollen für die Abdeckung der Differenz von über 70 Euro/MWh 35 Jahre lang wertgesicherte Preisgarantien gewährt werden. Freier Wettbewerb ist einer der Grundpfeiler der EU und wird mit dieser Entscheidung in den Boden stampft, und noch dazu ohne Einbindung des EU-Parlaments", so Manfred Doppler weiter.

Der österreichische Kommissar Johannes Hahn darf dieser Entscheidung der Wettbewerbskommission auf keinem Fall zustimmen, denn das ist keine Sache österreichischer Anti Atom Politik, sondern hier geht es um elementare Regeln der Union. Aber auch bei Bundeskanzler Faymann , Wirtschaftsminister Mitterlehner und Umweltminister Rupprechter müssen die Alarmglocken schrillen, denn wenn diese Entscheidung durchgeht, ist das ein Freibrief für den Ausbau des AKW Temelin, Dukovany, Mochovce usw.

"Die Bundesregierung muss daher in Brüssel klar deponieren: Von Österreich dazu ein klares NEIN. Wenn notwendig, muss die Bundesregierung eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof einbringen, der dann auf sachlicher Basis entscheidet und nicht auf Grund irgend eines politischen deals ", fordert Manfred Doppler.

Unterstützung aus der österreichischen Politik

Entsetzt zeigt sich auch Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima über das Grüne Licht der EU-Kommission für staatliche Beihilfen für ein neues Atomkraftwerk in Großbritannien: "Das Projekt Hinkley Point C wäre der erste Neubau eines Atomkraftwerks seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima - das ist völlig inakzeptabel und es müssen nun alle Möglichkeiten ergriffen werden, um diesen Wahnsinn zu stoppen", richtet Sima ihre klare Forderung an die neue EU-Kommission.

Großbritannien sichert sich als erstes europäisches Land den Bau eines neuen Atomkraftwerkes mit Staatsgarantien in Südwestengland ab. "Das Grüne Licht der nun aus dem Amt scheidenenden Kommission ist ein Affront - es ist dies eine wegweisende Entscheidung mit dramatischen Auswirkungen auf die nächsten Generationen. Die neue EU-Kommission darf sich das nicht gefallen lassen", stellt Sima klar.

Die Stadt Wien kämpft seit langem gegen Atomkraftwerke und Sima hat im Jahr 2012 ein europaweites Städte-Netzwerk gegründet, in dem man auf allen Ebenen auch gegen Subventionen für Atomkraftwerke mobil macht. Im Rahmen dessen hat sich Wien auch entschieden gegen das geplante AKW-Projekt Großbritanniens zu engagieren. Als Vorsitzende dieses Netzwerkes CNFE (Cities for a Nuclear Free Europe) hat Sima - unterstützt von Netzwerken in Großbritannien und Irland - der EU-Kommission im März ein Schreiben übermittelt und klar die Abweisung des Ansuchens Großbritanniens nach staatlicher Unterstützung gefordert: "Die Nuklearindustrie hatte ihre Chance - seit den 1950er versucht sie zu beweisen, dass sie technisch und ökonomisch überlebensfähig ist. Die Wahrheit ist, dass kein anderer Industriezweig in der Geschichte so viele finanzielle Unterstützung erhalten hat - trotz desaströser Unfälle, dem kompletten Fehlen einer Strategie zur Endlagerung des atomaren Mülls und ständig steigernder Preise. Neue AKW sind keine Lösung für die Energiebedürfnisse der Zukunft noch für die Lösung des Klimawandels. Subventionen für eine solch alte, reife Technologie widersprechen den Strategien für Erneuerbare und der Reduktion von Treibhausgasen in der EU. Wir fordern die Kommission auf, die vorgeschlagen Subvention für Hinkley Point C als illegale Form der staatlichen Unterstützung zurückzuweisen", so Sima in ihrem Schreiben an die EU-Kommission.

Mit der nun bekannt gewordenen Entscheidung schlägt die abgewählte EU- Kommission für Sima sämtliche Bedenken in den Wind und ignoriert die Tatsache, dass Atomkraft nicht nur gefährlich, sondern völlig unwirtschaftlich ist. "Die gewährte Staatshilfe für einen AKW-Neubau öffnet Tür und Tor für weitere Atomkraftwerke in Europa und das dürfen wir nicht zulassen", so Sima. Sie will mit Verbündeten alle rechtlichen Schritte ausloten, um dies zu stoppen. Sie will u.a umgehend das Städtenetzwerk aktivieren, dem mittlerweilen rund 20 große Städte europaweit angehören - darunter München, Manchester, Dublin oder Stuttgart.

Reimon: "Keine Dauer-Subventionierung für Atomenergie"

Michel Reimon, Wettbewerbssprecher der Grüne/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, befragte Kommissar Almunia im Wirtschafts- und Währungsausschuss zur Frage der Staatshilfen für Hinkley Point C. Nach der Debatte erklärte Michel Reimon: "Almunia macht einen Kniefall vor der Atomlobby. Es ist unglaublich, dass EU-Kommissar Almunia ausgerecht für die Atomwirtschaft eine Ausnahme machen und diese illegalen Beihilfen einfach durchwinken will. Die Finanzierung dieser schmutzigen Hochrisikotechnologie ist inakzeptabel. Ein Präzedenzfall droht. Andere Mitgliedsaaten werden solche Subventionen nun auch verteilen wollen. Die EU-Kommission sollte sich dafür stark machen, dass die Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen im Bereich Energie-Effizienz und erneuerbare Energien intensivieren.

Der Österreichische Kommissar Hahn muss sich im Kollegium der 28 Kommissare künftig gegen die Atomlobby stark machen. Österreich hat in einer Stellungnahme klar zum Ausdruck gebracht, dass es gegen Subventionen für Atomreaktoren ist. Das Aus von Hinkley Point C, wäre das Aus für eine Renaissance der Atomenergie in der EU."

1) Laut des Vertrags für den Bau des Reaktors Hinkley Point C würde Electricite de France (EDF) eine feste Vergütung von 92,50 britische Pfund (rund 117 Euro) pro Megawattstunde für einen Zeitraum von 35 Jahren erhalten, inklusive Inflationsausgleich und eine Kreditgarantie in der Höhe von 10 Milliarden Pfund (12,7 Milliarden Euro) von der britischen Regierung.



Verwandte Artikel:


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /