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Ken Livingstone in Wien: Londoner City-Maut verringerte nachhaltig Verkehr und Staus

VCÖ: Ohne verkehrslenkende Maßnahmen droht auch manchen österreichischen Städten ein Verkehrsinfarkt

Wien - Auf Einladung des VCÖ informierte gestern Abend der frühere Londoner Bürgermeister Ken Livingstone über die Wirkungen der City-Maut. Durch die City-Maut gibt es 70.000 Autofahrten weniger pro Tag, die Staus sind um ein Drittel zurückgegangen, die Luftqualität hat sich massiv verbessert, die Umsätze des Einzelhandels sind viermal stärker gestiegen als im Landesschnitt. Der VCÖ hält eine City-Maut auch für Österreich geeignet. Erwin Topolak von Kapsch Traffic Com weist auf die technische Machbarkeit und ein gutes Kosten-Nutzen Verhältnis hin. Vizebürgermeisterin Vassilakou lobte die Wienerinnen und Wiener für ihr immer umweltfreundlicheres Mobilitätsverhalten.

Die City-Maut in London feiert im Februar ihr 10-jähriges Jubiläum. Der VCÖ hat deshalb Ken Livingstone, der als Bürgermeister im Jahr 2003 die City-Maut in London einführte, nach Wien eingeladen. "Als ich im Jahr 2000 zum Bürgermeister von London gewählt wurde, hatte der Verkehr in der Innenstadt ein Durchschnittstempo von 9,5 Meilen pro Stunde. Die Unternehmen überlegten, aus der Innenstadt wegen der massiven Staus abzuwandern. Zwei Jahre lang trommelten etliche Medien gegen die Einführung der Staugebühr und beschworen den Untergang. Dieser ist ausgeblieben, stattdessen sind die Staus um ein Drittel zurückgegangen, die Busse wurden pünktlicher, haben massiv an Fahrgästen zugelegt und die Luftqualität hat sich verbessert. Die Umsätze des Einzelhandels sind in der Mautzone seit Einführung der City-Maut vier Mal stärker gestiegen als im landesweiten Schnitt", berichtet Ken Livingstone. Die Zahl der privaten Autofahrten ging in der Mautzone sogar um 40 Prozent zurück, der Ausweichverkehr blieb aus. Der Großteil stieg auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad um. "Red Ken" verriet auch, wer ihn auf die Idee brachte, eine City-Maut einzuführen. Überraschende Antwort: "The Business Council."

Auch in Österreichs Ballungsräumen sind in Zukunft zusätzliche verkehrslenkende Maßnahmen notwendig. Denn bis zum Jahr 2020 werden in den Landeshauptstädten und deren Umland laut Statistik Austria um 300.000 Menschen mehr wohnen als heute. "Es braucht einen viel stärkeren Ausbau des öffentlichen Verkehrs, als derzeit geplant ist. Und es braucht lenkende Maßnahmen, um einen Verkehrsinfarkt zu vermeiden. Die City-Maut hat nicht nur in London, sondern auch in Stockholm, Mailand, Bergen oder Durham den Elchtest bestanden. Auch für die großen Städte in Österreich ist die City-Maut eine geeignete Maßnahme, um Staus zu verringern, die Luftqualität zu verbessern und den Öffentlichen Verkehr zu beschleunigen", stellt VCÖ-Experte Markus Gansterer fest.

Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou weist auf die aktuellen Mobilitätsdaten hin. Die Wienerinnen und Wiener legen bereits 73 Prozent der Alltagswege mit Öffis, zu Fuß und mit dem Fahrrad zurück, nur 27 Prozent mit dem Auto. "Eine City-Maut steht derzeit in Wien nicht auf der politischen Agenda. Verkehrssteuerung ist vor dem Hintergrund einer stetig wachsenden Stadt von zentraler Bedeutung. Der Wiener Weg geht über die Parkraumbewirtschaftung, über den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, über die stark verbilligte Jahreskarte und über den Ausbau des Radverkehrs. Ich freue mich sehr, dass die Wienerinnen und Wiener sich immer mehr für umweltfreundliche Verkehrsmittel entscheiden."

Erwin Toplak von Kapsch Traffic Com weist darauf hin, dass in vielen Städten Europas Mautsysteme aus Österreich zum Einsatz kommen. "Mit dem Stand der heutigen Technik ist es problemlos möglich, ein effizientes City-Maut-System zu errichten. Abhängig von der Problemstellung stehen verschiedenste Varianten zur Verfügung, die eine sinnvolle Lösung für die Bewohnerinnen und Bewohner garantieren. Zur Realisierung dieser zukunftweisenden Ansätze ist in erster Linie - wie Erfahrungswerte aus dem europäischen Raum zeigen - der politische Wille erforderlich."

Ken Livingstone unterstrich, dass in London dank der Einnahmen aus der City-Maut die Busflotte um fast 50 Prozent von 5.500 auf 8.000 Fahrzeuge vergrößert werden konnte. Ein Indikator für das Funktionieren der City-Maut ist auch die Zustimmung der Bevölkerung, betont der VCÖ. In Stockholm ist die Zustimmung zur City-Maut von 36 Prozent vor der Einführung auf 74 Prozent im Jahr 2011 gestiegen. In London sagten bereits ein Jahr nach Einführung 75 Prozent der Unternehmen: Die City-Maut ist ein Erfolg.

"Der Verkehr steht angesichts der steigenden Ölpreise, der Klimaschutzziele und des Bevölkerungswachstums in den Städten vor massiven Herausforderungen. Diese Probleme sind nur dann zu bewältigen, wenn Österreich offener wird für verkehrslenkende Maßnahmen, die sich in anderen Städten Europas erfolgreich bewährt haben", stellt VCÖ-Experte Gansterer abschließend fest.

Die Veranstaltung wurde vom VCÖ im Rahmen des Projektes "Clean Air - Saubere Luft für Europas Städte" durchgeführt, das im Rahmen des Programms Life+ von der EU-Kommission gefördert wird.



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Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /