© Gerd Maier
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Erwin Pröll und das Loch im Acker

Warum auch Prölls dritter Spatenstich scheitern könnte. (Marchfeldautobahn-Kommentar Teil 2)

Die ASFINAG will bei Marchegg keinen Tunnel, sondern eine Brücke. Sie ist der Meinung, dass eine vierspurige Autobahnbrücke durch die idyllische Aulandschaft der March genehmigungsfähig sei.

Man kann gespannt sein, ob die zuständigen Beamten beim Umweltverträglichkeitsverfahren tatsächlich beschließen, dass der durch die Flussschlingen hallende Lärm der LKW-Kolonnen und Pendler naturverträglich sei, und dass die Störung des Landschaftsbildes durch eine hunderte Meter lange Betonkonstruktion auf Stelzen vernachlässigbar sei.

Ein besonders unwirtschaftliches Projekt

Im Gegensatz zu den Brückenvisionen österreichischer Planer denkt die slowakische Seite unverbindlich über einen langen, vierspurigen Autobahntunnel unter der March nach. Es liegt auf der Hand, dass dieser sehr teuer wäre, und die regelmäßigen Überflutungen den Bau und den Betrieb möglicherweise verkomplizieren würden.

Das Projekt ‘Marchfeldautobahn’ wird oft als eines der unwirtschaftlichsten Autobahnprojekte Österreichs bezeichnet, nicht zuletzt wegen der Parallelführung mit einer existierenden Autobahn (A6) und wegen der dünn besiedelten Gegend zwischen Strasshof und Stupava. Falls die teure Marchquerung von slowakischer Seite auf die lange Bank geschoben wird, könnte die seltsame Autobahn tatsächlich irgendwo bei Marchegg in einem Acker enden.

Erwin Pröll und das Loch in der Erde

Die kühnen Wünsche der Raumplaner, auf der grünen Wiese statt sanftem Tourismus lieber Gewerbe- und Industriegebiete zu erschaffen, sind in dieser Region schon öfters gescheitert. Am 3. Juli 2002 vollführten Landeshauptmann Erwin Pröll, Landesrat Gabmann und der damalige Bürgermeister Peter Schmidt, medienbewusst in Fernsehkameras lächelnd, einen Spatenstich für den 44 Hektar großen ‘Wirtschaftspark Eco Plus Marchegg’. Die Autozulieferindustrie hatte jedoch kein Interesse, es blieb bis heute sozusagen nur ein Loch im Acker. Die Wirkung der Medieninszenierung war gleich Null.

Gefreut haben sich nur die Bauern. Man hatte ihnen den Grund sehr teuer abgekauft, und sie dürfen seither trotzdem säen und ernten.

Der zweite Spatenstich: Betoninjektionen in den Sumpfboden

Am 20. November 2003 gab es dann einen Spatenstich für eine kleine Autobrücke über die March, die Pfeiler dazu wurden schon 1917 von italienischen Kriegsgefangenen errichtet. Auch dieses Projekt versank sozusagen in den Flussschlingen der March: Betoninjektionen wurden in den folgenden Wochen in den sumpfigen Schlickboden rund um die Pfeilerfundamente versenkt und verschlangen eine halbe Million Euro. Anschließend scheiterte der Bau an einer fehlenden rechtlichen Grundlage.

Nun soll es nach den Vorstellungen von Erwin Pröll mit Hilfe einer Autobahn gelingen, die Landschaft in ein Gewerbegebiet umzuwandeln. Niederösterreich pumpt viel Geld in das Projekt (als Vorfinanzierung), jenes Geld, das an anderer Stelle fehlt, etwa beim Ausbau der eingleisigen Bahnstrecke von Wien nach Bratislava.

Verlagerung von der Schiene auf die Strasse

Die niederösterreichische Verkehrspolitik von Land und Bund wirkt zuweilen steinzeitlich. Sie zeigt deutlich die Handschrift von NÖ-Verkehrsplaner Friedrich Zibuschka, der in dieser Hinsicht von Erwin Pröll und Kanzler Faymann unterstützt wird: Der Autobahnbau erhält gewaltige Förderungen, während die Finanzierung der Bahn unter einem ständigen Kräftemessen mit den ÖBB leidet, auf Kosten der Fahrgäste. Derzeit arbeitet die ÖVP-Niederösterreich gerade an der Stilllegung von Bahnstrecken, etwa der Ybbstal-Bahn.
(oekonews berichtete)

Erst wenn Leute wie der anachronistisch denkende Zibuschka durch moderne Verkehrsplaner ersetzt werden, wird man beginnen können, dessen Fehler mühsam zu reparieren.



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Weitere Infos: Linktipp: Gerd Maiers Homepage - www.gerdmaier.com
GastautorIn: Gerd Maier für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /