„Kein Anhaltspunkt, dass Formvorschriften verletzt wurden“

Ein Versuch eines Interviews zur Tierschutz-Razzia mit der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, das nur magere Ergebnisse brachte

Gerd Maier (oekonews) versuchte weitgehend vergeblich, mit Johann Fuchs, dem stv. Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, über konkrete Vorwürfe gegen die inhaftierten Tierschützer, über die Amtshandlung der Spezialeinheit WEGA, über Ermittlungsp

GM: Am 21. Mai hat die WEGA etliche Wohnungen von Tierschützern gestürmt, zehn Personen wurden in Untersuchungshaft genommen. Ich hätte dazu einige Fragen

Fuchs: Bitte schön.

GM: Warum wurden fünf Vereinen die Spenderdateien weggenommen? Warum durften die Organisationen nicht zumindest eine Kopie behalten? Werden die Spenderdateien ausnahmslos vollständig wieder zurückgegeben? Es hieß doch, man wolle gegen Einzelpersonen vorg

Fuchs: Ich gebe keinen Kommentar zu Ermittlungsergebnissen ab. Ich halte mich da an Paragraph 12, Abs 1 StPO.

GM: Aber es geht dabei doch nicht um Ermittlungsergebnisse, sondern um die Frage, wie man mit Leuten umgeht, bei denen angeblich ein Tatverdacht besteht?

Fuchs: Auch über die Frage, wonach genau bei den Personen gesucht wird, will und darf ich keine Auskunft geben. Ich darf also nicht sagen, ob nach Spenderlisten, nach Computern oder was immer gesucht wurde.

„Ich habe nicht gesagt, wer das beschlossen hat“

GM: Wer hat entschieden, dass keine gewöhnliche Hausdurchsuchung durch normale Polizeikräfte stattfindet, sondern ein Einsatz der Spezialeinheit WEGA, wie beim Vorgehen gegen Terroristen?

Fuchs: Die Staatsanwaltschaft hat keinen Einfluss darauf, welche Einheit in welcher Form Amtshandlungen vornimmt.

GM: Das heisst, nicht die Staatsanwaltschaft, sondern der Leiter der SOKO Pelztier hat verfügt, dass die WEGA die Türen aufbricht und vermummt mit gezückter Waffe in die Wohnungen eindringt?

Fuchs: Das war nicht meine Antwort. Ich habe nur gesagt, die Staatsanwaltschaft hatte keinen Einfluss darauf und hat es nicht entschieden. Ich habe nicht gesagt, wer das beschlossen hat.

GM: Nun gibt es Berichte, dass sich eine Frau bei der WEGA-Aktion nackt auf den Boden legen musste, ein Mann in Unterhose von WEGA-Leuten bewacht im Stiegenhaus stehen musste, was ja, falls sich dieser Mann als unschuldig herausstellt, eine schwere Rufsc

Fuchs: Die gesamte Amtshandlung wurde durch Video dokumentiert. Wir haben keinen Anhaltspunkt, dass Formvorschriften verletzt wurden.

„Die DNA-Proben-Entnahme hat mit Hausdurchsuchung und Inhaftierung überhaupt nichts zu tun.“

GM: Ist es beim Verdacht auf § 278a zulässig, DNA-Proben zu entnehmen?

Fuchs: (zögert und sucht einen Gesetzesparagraphen)

GM: Zumindest der Anwalt von einigen der Inhaftierten ist der Meinung, dass die Entnahme von DNA-Proben in dieser Situation nicht zulässig sei

Fuchs: Ich weiss nicht, auf welche Gesetzesstelle er sich bezieht. Moment, ich such die Bestimmung.

GM: Darf man denn bei jeder beliebigen Hausdurchsuchung und jeder Inhaftierung automatisch gleich DNA-Proben entnehmen?

Fuchs: Das hat mit der Hausdurchsuchung und Inhaftierung überhaupt nichts zu tun.

GM: Womit hat es denn sonst etwas zu tun?

Fuchs: Die Mundhöhlenabstriche betreffen die Ermittlungen.

GM: Dass heisst, Sie wollen vergleichen, ob die DNA der Inhaftierten mit DNA-Spuren an Tatorten übereinstimmt? Aber dann ist die Suppe ja doch sehr dünn, wenn man sich so unsicher ist und bisher keine geeigneten Beweise hat, dass es irgendeinen Zusammenh

Fuchs: Ich gebe zu solchen Details keine Auskunft ab.

„Es geht nicht um eine terroristische Vereinigung, sondern um eine kriminelle Organisation!“

GM: Warum wurden die Inhaftierten auf verschiedene Standorte verteilt, auf Eisenstadt, Wiener Neustadt und Wien? Das erschwert doch die anwaltliche Tätigkeit und verlangsamt sämtliche Schritte der Justiz!

Fuchs: Der Haftort ist geregelt im... - Moment, ich such nur die massgebliche Bestimmung (blättert). Die Staatsanwaltschaft hat ja überhaupt keinen Einfluss drauf, in welche Justizanstalt jemand kommt. Die Untersuchungshaft ist Sache des Bundesministeriums für Justiz, das hat mit uns nichts zu tun.

GM: Gibt es im Akt konkrete Anhaltspunkte, schriftlich belegte und bestätigte Zeugenaussagen, dass die Inhaftierten tatsächlich Mitglied einer – wie behauptet – terroristischen Vereinigung sind?

Fuchs: Es geht nicht um eine terroristische Vereinigung, sondern um eine kriminelle Organisation. Das ist ein Unterschied.

GM: Gibt es also irgendwelche konkreten Anhaltspunkte?

Fuchs: Dazu kann ich keine Auskunft geben.

„Aussagen der Verteidiger kommentieren wir nicht.“

GM: Aber schadet es nicht dem Ansehen der Polizei und dem Ansehen der Justiz, wenn hier Tierschützer wie Schwerverbrecher behandelt werden, und es zumindest den Anschein hat, zumindest laut den Aussagen eines Verteidigers, dass im Akt überhaupt keine kon

Fuchs: Wertungen der Beschuldigten und Wertungen der Verteidiger werden von uns grundsätzlich nicht kommentiert. Es gab richterliche Beschlüsse, dass die Untersuchungshaft verhängt werden musste.

GM: Bekommen die Anwälte sämtliches Material, den gesamten Akt, um die Beschuldigungen nachvollziehen zu können?

Fuchs: Ja, jeder Anwalt bekommt das gesamte Material.

GM: Aber einer der Anwälte hat erklärt, er habe nur einen Teil bekommen, wesentliche Teile des Aktes wurden ihm verweigert!

Fuchs: Aussagen der Verteidiger kommentieren wir nicht.

„Es gibt eine dringende Verdachtslage.“

GM: Es mag verständlich sein, dass Sie manche Details nicht nennen wollen. Aber ein gewisses Maß an Information über die Qualität Ihrer angeblichen Hinweise über die Schuld der Inhaftierten wäre doch sinnvoll, damit die Öffentlichkeit nicht ein schiefes

Fuchs: Wir sind bemüht, den Prozess nicht über die Medien auszutragen. Die Staatsanwaltschaft hat auch nie Namen der Inhaftierten veröffentlicht.

GM: Gibt es nun konkrete Sachbeweise für einen dringenden Tatverdacht? Gibt es Zeugen, die schriftlich protokolliert ausgesagt haben?

Fuchs: Es gibt eine dringende Verdachtslage, die für den Richter ausgereicht hat, um eine U-Haft zu verhängen. Mehr will ich nicht sagen.

„Wir sind nämlich um den Ruf der Personen und Organisationen bemüht.“

GM: Falls das stimmt, was Sie mir da sagen, dann hätte ja der Anwalt einiger Inhaftierter bei der Pressekonferenz die Unwahrheit gesagt, wenn er behauptet, im Akt seien keine konkreten Sachbeweise oder belegte Zeugenaussagen erwähnt. Behaupten Sie also,

Fuchs: Ich war bei der Pressekonferenz nicht dabei.

GM: Gut, Sie wollen mir also offensichtlich überhaupt nichts zu Ihren Vorwürfen gegen die Inhaftierten sagen. Aber vielleicht können Sie mir sagen, was Sie unter dem Begriff „kriminelle Organisation“ verstehen? Da kursiert ja in den Medien der Begriff de

Fuchs: Zu Namen geben wir grundsätzlich keine Stellungnahmen ab. Ich werde nichts bestätigen, auch keine Mitgliedschaft von irgendwem bei irgendeiner Gruppe. Wir sind nämlich um den Ruf der Personen und Organisationen bemüht.

„Die Staatsanwaltschaft kann nicht bestimmen, welche Gruppierung innerhalb der Polizei die Aktionen ausführt.“

GM: Es gibt Berichte, dass Beschuldigungen teilweise auf der Aussage einer Polizistin beruhen, die Anfang des Jahres mit einem Zeugen sprach, sich Monate später daran erinnert hat und darüber aus dem Gedächtnis erzählt hat, ohne dass von der Einvernahme

Fuchs: Das ist eine Sache, zu der ich keinen Kommentar abgebe.

GM: Gut, ich sehe schon, ich erfahre von Ihnen nicht wirklich viel. Und wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie, also die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, für die Art und Weise der Erstürmung der Wohnungen ja auch nicht verantwortlich, dafür sei vielm

Fuchs: Ja, ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass die Staatsanwaltschaft nur die Ermittlungen leitet, aber nicht bestimmen kann, WER die Polizeiaktionen ausführt, welche Gruppierung innerhalb der Polizei. Ob also die WEGA eingesetzt wird oder nicht. Und zweitens, das ist ganz wichtig, möchte ich betonen, dass es einen umfassenden Rechtsschutz gegen Zwangsgewalt gibt. Jeder kann später Einspruch erheben, eine Beschwerde einreichen.

GM: Eine Beschwerde gegen die Exekutive, die dann von der Justiz untersucht wird?

Fuchs: Ja, genau.

GM: Vielen Dank für das Gespräch!

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Weitere Infos: Linktipp: Gerd Maiers Homepage - www.gerdmaier.com
GastautorIn: Gerd Maier für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Lukas Pawek /