BEDNAR-PARK Teil 2: Mangelhafte Ausschreibung der Stadt Wien

Schweizer Landschaftsarchitekten, die den Park planten, wissen überhaupt nichts von den seltenen Pflanzenarten

Es ist schon seltsam: Das Schweizer Siegerprojekt zur Gestaltung des Bednar-Parks erwähnt die wertvollen Trockenbiotope am Parkgelände überhaupt nicht. Man fragt sich da natürlich, ob die Schweizer Landschaftsarchitekten (was für ein merkwürdiges Wort eigentlich...) denn auf deren Erhaltung keinen Wert gelegt haben. Tatsächlich aber wissen sie überhaupt nichts von deren Existenz! Das Versagen liegt nicht bei den Züricher Parkplanern, sondern im Bereich der Stadt Wien, die den Wettbewerb ausgeschrieben hat. In der Ausschreibung werden die seltenen Arten überhaupt nicht erwähnt, in den 46-seitigen Ausschreibungsbedingungen gibt es auf Seite 34 kurze acht Zeilen zum Thema ‘Vegetationsausstattung’, wobei dort lapidar steht: ‘Im Bereich des geplanten Parks finden sich jedoch keine zu erhaltenden Wertstrukturen aus naturräumlicher Sicht.’

Aha. Igelsame, Steinfingerkraut, Grauer Schöterich, lauter seltene Pflanzenarten, stark gefährdet, die hier, mitten in der Stadt, noch ein Refugium haben. Und dann schreibt die Stadt Wien, die Magistratsabteilung 21A, es gäbe auf dem Areal ‘keine zu erhaltenden Wertstrukturen aus naturräumlicher Sicht’!? Abgesehen von den Wortkünstlern, die solche Sätze bauen. Sie könnten ja gleich schreiben: ‘Da wachst nix, was irgendwie einen Wert hat.’ Dann würde man gleich sehen, wie wenig sie von dem Gelände wissen.

Der Park wird vom Schweizer Büro ‘Hager Landschaftsarchitektur AG’ aus Zürich geplant, das im Mai 2006 von einer Jury unter Vorsitz des Schweizer Landschaftsarchitekten Günther Vogt zum Sieger erklärt worden war. Bei telefonischer Nachfrage wurde mir gesagt, das Parkkonzept werde derzeit vom Sachbearbeiter Gregor Fürniss bearbeitet. Als ich mit diesem verbunden wurde, schien er von eventuell erhaltenswerten Biotopen überhaupt nichts zu wissen. Freundlich erklärte er mir, er werde sich erkundigen, ob diese beim Wettbewerb eine Rolle gespielt hätten. Einige Stunden später bekam ich per mail die Wettbewerbsbedingungen (‘keine zu erhaltenden Wertstrukturen’), mit der Bitte, mich in Detailfragen nicht an die Schweizer, sondern an den Pressesprecher vom Wiener Stadtgartenamt zu wenden. Das an mich gerichtete Schweizer e-mail ging als Kopie an Frau Margit Grassinger von der Planungsabteilung des Stadtgartenamts und drei weitere Mitarbeiter der MA 42. Viel Mailverkehr angesichts der traurigen Tatsache, dass die Schweizer Planer über das Areal nur unzureichend Bescheid wissen.

Formulierungsarchitekten

Meine Recherche hatte ja schon früher begonnen. Neugierig hatte ich im Internet der Stadt Wien gestöbert, was aus den Trockenbiotopen des Areals werden würde. Auf den Internetseiten des Stadtgartenamts liest man von einem transparenten Kubus, den der Schweizer Landschaftsarchitekt Guido Hager in den Park stellen wird, und in dem man Kaffee trinken kann, weiters von formbeschnittenen Blütensträuchern, die in der Rasenfläche eingelagert sind, und von einer mittels wassergebundener Decke befestigten Zone, was auch immer das genau sein wird. Von einem Trockenbiotop steht nichts dort.

Auf den Internetseiten der Stadt Wien, Bezirk Leopoldstadt, ist mehr zu lesen: Unter ‘eindrucksvolle Gestaltungsmerkmale’ erfährt der staunende Leser: ‘Wesentliches Charaktermerkmal des Konzepts ist der zusammenhängende Baumschleier. Dieser verankert den Park als räumlich eigenständigen Ort im künftigen Stadtquartier. Die Ausrichtung des Baumschleiers orientiert sich an übergeordneten räumlichen Bezügen - Donau und Nordbahnhofareal - und gewährleistet somit eine Kontinuität im städtischen Muster.’

Aha, ein räumlich eigenständiger Ort. Damit man bemerkt, dass es ein Park ist, oder? Außer Kubus und wassergebundener Decke werden noch orange angemalte Kinderspielgeräte genannt. Kein Wort von Trockenbiotopen.

Auf den Seiten der ‘Stadtentwicklung’ wird sogar drauf hingewiesen, dass ‘bei der Planung des Parks die Prinzipien des Gender Mainstreaming berücksichtigt werden - differenziert nach Lebensphasen, kulturellem und sozialem Hintergrund.’ Also ein Park für Junge und Alte, Frauen und Männer. Gut so. Auch sollen ‘verhaltensschwächere Gruppen wie Mädchen und jüngere Burschen’ besonders berücksichtigt werden. Ist ja auch gut. Außerdem weiß ich jetzt endlich, was verhaltensschwächere Gruppen sind. Und der Sprachkünstler aus dem Rathaus hat sich noch weiter ausgetobt: ‘Bewegungsräume: Es sollen vielfältige Bewegungsräume für weibliche und männliche Jugendliche geschaffen werden. Auch für Kinder ist dieser Aspekt mit zu bedenken.’ Aha!?

Weiters steht da noch: ‘Die Gestaltung des Parkes soll auf die stadträumliche Lage, die angrenzenden Quartiere, die Geschichte des Ortes und das soziokulturelle Umfeld reagieren.’ Angrenzend ist übrigens das Stuwerviertel, berühmt durch den Hausfrauenstrich und die darüber erbosten Anrainer. In der Parkbeschreibung steht anschließend unter der Überschrift ‘Sinnliche Erlebnisqualitäten’: Der zukünftige Rudolf-Bednar Park solle sich auch durch "sinnliche Erlebnisqualitäten" auszeichnen. Mit dem Stuwerviertel hat das aber wahrscheinlich nichts zu tun.

Nein, hier soll die bemühte Planungsarbeit der Stadt Wien und der Schweizer Architekten nicht lächerlich gemacht werden. Gemeint ist mit dem Text ja wirklich ein Park, der die Menschen glücklich machen soll. Nur fehlt es den Planern an Verständnis für naturnahe Biotope - auch wenn die ruderalen ‘Gstetten’ im Grunde ebenso durch einstigen menschlichen Einfluss geprägt sind wie die aufgelassenen Weingärten der Wachau oder die Heidelandschaft bei Perchtoldsdorf.

Morgen im Teil 3: Soll eine alte Kirche abgerissen werden, wenn in der Nähe eine zweite Kirche steht?

Zum Nachlesen der erste Teil der BEDNAR-PARK- Geschichte:
Gänseblümchenrasen statt Pflanzenparadies



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GastautorIn: Gerd Maier für oekonews.
Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /